Eigentlich schien alles gesagt – und das schon vor Jahren. 2014 lederte Alejandro G. Iñárritu im Rahmen der Promo-Tour zu „Birdman“ in einem Interview mit Deadline mächtig gegen Superheldenfilme. Diese seien nicht nur „sehr rechts“, sondern sogar „Gift“. Für größte Schlagzeilen sorgte aber seine Einstufung der Filme von Marvel und DC als „kultureller Völkermord“ („cultural genocide“). Er begründete dies damit, dass das Publikum nur mit „Story, Explosionen und anderem Scheiß, der nichts mit menschlicher Erfahrung zu tun habe, überfrachtet werde.
Darauf gab es natürlich viele Reaktionen, wobei eine für besonders viel Schlagzeilen sorgte – auch wenn sie mit reichlich Verspätung kam. Im Frühjahr 2015, fast sieben Monate später, antworte Robert Downey Jr. im Rahmen der Pressetour zu „Avengers: Age Of Ultron“ auf Nachfrage des Guardian – und zwar ziemlich spöttisch: „Dass ein Mann, dessen Muttersprache Spanisch ist, einen Ausdruck wie 'cultural genocide' zusammensetzen kann, zeigt doch, wie clever er ist“, giftete der „Iron Man“-Star.
"Für ihn sind wir Typen aus einem Bananenland"
Über sieben Jahre später machte nun Alejandro G. Iñárritu klar, wie sehr ihn dieser Kommentar getroffen hat. Der Filmemacher, der nach dem Doppel aus „Birdman“ und „The Revenant“ in den Jahren 2014 und 2015 eine mehrjährige Pause einlegte, meldet sich gerade mit dem Netflix-Film „Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten“ zurück, der aktuell auf Festivals gezeigt wird. Beim Telluride Film Festival sprach er dabei mit Indiewire und dabei ging es auch um die alte Aussage von Downey Jr. Dass der Schauspieler ihn aufgrund seiner Muttersprache rassistisch degradiert habe, machte der Regisseur bei seiner neuen Replik deutlich:
„Es war wie 'Oh, ihr Typen aus eurem Bananenland'“, bemerkt er so zum Kommentar von Downey Jr. und ist sich sicher, dass der eng mit seiner Herkunft verknüpft ist: „Wenn ich aus Dänemark oder Schweden wäre, wäre meine Antwort als philosophisch angesehen worden, aber wenn du ein Mexikaner bist und Dinge sagt, dann bist du gleich prätentiös.“
Netflix-Film "Bardo": Es geht auch um Mexiko vs. USA
Dass er „prätentiös“ sei, werfen viele Kritiker*innen auch Iñárritus neuestem Werk „Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten“ vor, das so auch bisher ein sehr geteiltes Echo hervorruft. Wurden die meisten seiner früheren Filme vom Gros der Kritik gefeiert, gibt es hier neben einigen Lobeshymnen auch viele negative und mittelmäßige Stimmen.
Ein Thema des Films ist übrigens ausgerechnet das Spannungsverhältnis zwischen Mexiko und den USA. Im Mittelpunkt steht nämlich ein Journalist und Filmemacher, der seit Jahren in Los Angeles lebt und arbeitet, aber nun mit seiner Familie wieder für eine kurze Zeit in der alten mexikanischen Heimat ist. Wir von FILMSTARTS waren von „Bardo“ sehr angetan, haben einen zwar überlangen, aber „zuerst skurril-komischen, dann immer tiefer berührende Bilderreigen“ gesehen.
Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten„Bardo“ kommt am 18. November 2022 zuerst ins Kino, bevor er dann ab dem 16. Dezember 2022 bei Netflix gestreamt werden kann. Robert Downey Jr. sehen wir übrigens als Nächstes in Christopher Nolans „Oppenheimer“ im Sommer 2023. Wir dürfen schon jetzt gespannt sein, ob er die Promo-Tour des Films nutzt, um seinerseits wieder auf Iñárritus wenig versteckten Rassismus-Vorwurf zu reagieren, und den Streit ins achte Jahr zu tragen...
Wie Verletzungen, Operationen und eine Laminektomie Brendan Frasers Karriere fast ruinierten - in "The Whale" feiert er sein Mega-Comeback