Disney+ veröffentlicht mittlerweile MCU-Serien in einer solch hohen Frequenz, dass sich selbst Fans durchaus die Frage stellen dürften, ob es sich noch lohnt, wirklich jede einzelne davon zu schauen. „She-Hulk: Die Anwältin“ wirft diese Frage erneut auf – und nach den ersten vier Folgen ist die Antwort für uns klar: „She-Hulk“ ist wirklich nur etwas für MCU-Komplettist*innen, die sich ohnehin alles von ihrem Lieblings-Franchise ansehen.
Zwar gibt es ein paar spannende Ansätze und Fans werden sich über den ein oder anderen Gastauftritt freuen, doch ausgerechnet der neue Comedy-Ansatz der Marvel-Serie wird für „She-Hulk“ zum Eigentor. Das Abenteuer rund um die als Anwältin tätige Cousine des Hulks startet am Donnerstag, 18. August 2022, auf Disney Plus.
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Darum geht es in "She-Hulk" auf Disney+
Jennifer Walters (Tatiana Maslany) ist Anwältin mit Leib und Seele. Doch das ändert sich, als die Mittdreißigerin in einen Autounfall mit ihrem Cousin Bruce Banner (Mark Ruffalo) verwickelt wird. Er ist schließlich der Hulk und als sich ihr Blut mit dem ihres berühmten Verwandten vermischt, verwandelt auch sie sich in ein grünes Superwesen. Zwar hat sie sich viel besser unter Kontrolle als Bruce bei seinen Hulk-Anfängen, doch die Verwandlung wird dennoch zum Problem – sowohl für ihre Karriere als auch für ihr Liebesleben.
Eine Serie nur für MCU-Insider
Es gibt durchaus MCU-Serien wie „Moon Knight“ und „Ms. Marvel“, die sich auch ohne Vorwissen über vorangegangene Marvel-Serien schauen lassen. Doch „She-Hulk“ gehört nicht dazu. Allein schon wegen Jennifers Verwandtschaft zum Hulk sollte man zumindest den MCU-Film „Der unglaubliche Hulk“ gesehen haben, um die Handlung und die Beziehungen zwischen den Charakteren voll zu verstehen.
Viele Anspielungen, Witze und Gastauftritte beziehen sich außerdem auf frühere Marvel-Abenteuer wie etwa „Avengers: Endgame“, „Captain America“, „Shang-Chi“ und „Doctor Strange“, sodass MCU-Neulinge sich hier etwas verloren fühlen dürften.
Wer sich im MCU auskennt, bekommt bei „She-Hulk“ dafür umso mehr geboten. So wird etwa auch die Beziehung zwischen Bruce Banner und Tony Stark vertieft, was dem tragischen Höhepunkt von „Avengers: Endgame“ nochmal zusätzliches Gewicht verleiht – und wenn ein Schauspieler 14 Jahre nach seinem MCU-Debüt plötzlich sein Comeback feiert (Tim Roth als Abomination), dann löst das in Fans der ersten Stunde natürlich nostalgische Gefühle aus.
Doch „She-Hulk“ ist leider nicht viel mehr als eine Aneinanderreihung von MCU-Referenzen, was auch an der doch sehr eindimensionalen Hauptfigur liegt.
Eine (blass-)grüne Hauptfigur
Jennifer Walters will unbedingt als Anwältin Karriere machen. Doch darüber hinaus hat sie nicht viel Persönlichkeit. Sie wirkt wie der Stereotyp einer Karrierefrau, nur dass auch sie den obligatorischen MCU-Humor in sich trägt. Über ihre Beweggründe erfahren wir (zumindest in den ersten vier Folgen) hingegen noch nichts, und so ist von Anfang an unklar, warum sie ihre neugewonnenen Superkräfte so vehement ablehnt.
Zwar bekommt der Comedy-Aspekt in „She-Hulk“ eine fürs MCU ungewohnte neue Dimension, indem Jennifer das Serienpublikum (ähnlich wie Deadpool) direkt anspricht, doch diesen Momenten fehlt jegliche Raffinesse.
Wenn die Protagonistin sich beim Online-Dating als She-Hulk ausgibt, um mehr Männer auf sich aufmerksam zu machen, dann kurz in die Kamera blickt und sinngemäß sagt: „Ich bin da nicht stolz drauf“, dann trägt das eben rein gar nichts zur Qualität der Serie bei. Im Gegenteil: Serienautorin Jessica Gao nutzt das Gimmick meist nur dazu, Offensichtliches zu wiederholen.
Zum Eigentor wird das vor allem dann, wenn She-Hulk die Schwächen ihrer eigenen Serie selbstironisch kommentiert. In Folge 3 behauptet sie etwa, dass „She-Hulk“ keine Serie sei, die auf ständige Gastauftritte bekannter Figuren angewiesen ist, nur um dann selbst zu merken, dass in jeder Folge ein neuer MCU-Cameo auf sie wartet, der die Aufmerksamkeit von ihr ablenkt. Das ist in der Tat ein Problem, doch Jessica Gao ist wohl dem Selbstironie-Trugschluss verfallen: Nur weil man sich über die eigenen Schwächen lustig macht, schafft man sie damit noch lange nicht aus der Welt.
Schöpft "She-Hulk" ihr Potenzial noch aus?
Was an der Hauptfigur „She-Hulk“ dafür sehr interessant gelöst ist, ist die Begründung, wieso sie ihre Superkräfte so gut unter Kontrolle hat. Als Frau habe sie schlichtweg einen ganz anderen Umgang mit ihren Emotionen gelernt, sagt Jennifer an einer Stelle. Sie habe schon immer ihre Wut zurückhalten müssen, um nicht als hysterisch abgestempelt zu werden, während man Männern Wutausbrüche viel eher zugestehe.
In der Thematik, wie unterschiedlich Männer und Frauen im Bezug auf den Umgang mit Emotionen sozialisiert werden, liegt durchaus eine Menge Potenzial und das Duo Hulk und She-Hulk böte eigentlich eine hervorragende Metapher, um sich anschaulich damit auseinanderzusetzen. Doch in den ersten vier Episoden bleibt es nur bei diesem kurzen Denkanstoß.
Eine weitere spannende Frage, die „She-Hulk“ aufwirft, befasst sich mit Strafvollzug und Resozialisation: Haben Schwerverbrecher wie Abomination eine zweite Chance verdient? Auch das wird zumindest kurz mal angeschnitten, eine Antwort haben die ersten vier Folgen aber noch nicht geliefert und ob die Disney+-Serie überhaupt tiefer in solche gesellschaftlich relevanten Probleme eintaucht, bleibt abzuwarten.
Fazit: „She-Hulk“ ist eine MCU-Serie, die von ihrer Franchise-Zugehörigkeit zehrt, aber kaum eigenständige Qualitäten bietet. Zwar gibt es ein, zwei nette Ideen, doch ob diese auch weiter verfolgt werden, müssen die kommenden Episoden erst noch zeigen. Hardcore-Marvel-Fans werden sich die Superhelden-Comedy ohnehin ansehen, doch wer sie auslässt, verpasst damit nur eine der schwächeren MCU-Serien.
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