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    Bloß keine Werther's-Echte-Opas: Großes Interview mit "Max und die Wilde 7"-Regisseur Winfried Oelsner

    Erst hat er mit seiner Lebensgefährtin Lisa-Marie Dickreiter den Roman und das Drehbuch geschrieben – und dann den Kinofilm als Regisseur verantwortet: Wir sprechen mit Winfried Oelsner über den Kinder-Krimi „Max und die Wilde 7“.

    Leonine

    Max ist neun und wohnt im Altersheim. Erst gab es drei Romane über den Nachwuchsdetektiv, der gemeinsam mit einem pfiffigen Senioren-Trio namens Wilde 7 Kriminalfälle löst. In dieser Woche ist zudem mit „Max und die Wilde 7“ ein Kinofilm gestartet, in dem der Titelheld von dem Nachwuchsschauspieler Jona Eisenblätter verkörpert wird. Von vorne bis hinten eine echte Erfolgsgeschichte. Aber wie kam das eigentlich alles zustande?

    FILMSTARTS: Wie funktioniert das eigentlich, einen Roman zu zweit zu schreiben?

    Winfried Oelsner: Wir haben das immer als ein Ping-Pong-Spiel bezeichnet. Zuerst wurde eine Idee entwickelt, aus dem Filmbetrieb sind wir die Arbeitsschritte Exposee und Treatment bereits gewohnt. Und dann haben wir tatsächlich erst einmal ein Drehbuch für den Roman geschrieben – das aber gar nichts mit dem Film jetzt zu tun hat.

    Wir wollten nur herausfinden, wie die Figuren, wie die Szenen funktionieren. So haben wir den Plot festgezurrt – und erst im Anschluss mit dem eigentlichen Roman angefangen. Lisa hat die erste Textfassung geschrieben, weil sie aus der Prosa kommt. Wir haben das dann gemeinsam immer wieder überarbeitet, aber es wurde nicht jeder Satz von Anfang an ausdiskutiert.

    FILMSTARTS: Wart ihr euch denn beim Schreiben schon sicher, dass der Roman mal verfilmt wird?

    Winfried Oelsner: Nein, überhaupt nicht. Die Idee für den Roman entstand spontan, wir kommen ja auch gar nicht aus der Kinderfilmszene. Lisa hatte damals plötzlich diesen ersten Satz im Kopf: „Ich heiße Max, bin neun Jahre alt und wohne im Altersheim.“ Sie hat mich angerufen und wir haben gemerkt, da steckt was drin: Ein wenig Miss Marple, eine Abenteuergeschichte, eine Freundschaftsgeschichte zwischen den Generationen.

    Es gab die Überlegung, gleich einen Filmstoff daraus zu machen – aber wir haben uns dann doch für den Roman entschieden, durchaus mit dem Hintergedanken, dass es mit dem Film einfacher wird, wenn das Buch erfolgreich ist.

    Leonine

    FILMSTARTS: „Max und die Wilde 7“ kommt nun zu einem Zeitpunkt ins Kino, wo sich Großeltern und ihre Enkel teilweise über Monate nicht sehen konnten, weil ja etwa von den Besuchen im Altersheim abgeraten wurde…

    Winfried Oelsner: Das war natürlich alles so nicht geplant. Aber uns ging es immer darum, eine Generationengeschichte zu erzählen – und zwar nicht mit diesen gütigen Senioren, die wir scherzhaft Werthers-Echte-Opas genannt haben. Eben wie in der Bonbonwerbung, in der der Großvater den Gartenzaun streicht und alle edel und gut sind. Genau das wollten wir nicht. Wir erzählen von einer Bande, die auch mal einen rauen Umgang miteinander hat.

    Dass der Film jetzt rauskommt, war die Entscheidung des Verleihs. Ich find’s aber gut – klar ist es ein Risiko, aber er passt in die Zeit und die Leute haben wieder Lust auf Kino. Ich hoffe, dass wir vielen Kindern so ein wenig den Sommer versüßen können.

    Scheiße sagt man eben doch

    FILMSTARTS: Eine Sache, die ihr trotz Kritik etwa in Amazon-Userrezensionen beibehalten habt, ist die Sprache, die auch mal ein bisschen rauer ausfällt, wo auch mal „Scheiße“ gesagt wird. Ich muss ja zugeben: Ich find das super, da fühlt sich der ganze Film gleich viel „echter“ an …

    Winfried Oelsner: Du sagst es. Da hast du mir auch mit deiner Filmkritik wirklich aus dem Herzen gesprochen. Es gibt Widerspruch, gerade bei Amazon – und da fragt man sich im ersten Moment schon, wie man damit umgeht. Aber gerade im Kontext unserer Geschichte ist es wichtig, dass die Figuren authentisch sind – und wenn sie in Extremsituationen auch mal zu einem raueren Wort greifen, dann ist das lebensecht.

    Wenn wir die Schimpfworte nur als Mittel verwenden würden, damit die Figuren „cool“ und „hip“ wirken, dann fände ich die Kritik berechtigt. Ansonsten sehe ich es aber genau andersherum: Wenn man das jetzt alles glattpoliert, dann macht man da so eine keimfreie Sache draus. Die ist weniger spannend und macht auch den Kindern weniger Spaß.

    Ich habe mich viel mit Grundschullehrern unterhalten, zudem haben wir Testscreenings gemacht – auch genau zu diesem Thema. Die Reaktion war dabei immer: „Lasst das so!“ Es gibt stets Eltern, die sich darüber aufregen, das ist ihre Meinung und das ist auch okay. Aber man darf auch nicht aus vorauseilendem Gehorsam alles glattschleifen, das stört mich sowieso beim deutschen Film, das oft zu ängstlich vorgegangen wird, um bloß niemandem vor den Kopf zu stoßen.

    Leonine

    FILMSTARTS: Eine Sache, die im Film neu hinzugekommen ist, sind aber die zahlreichen selbstironischen Anspielungen auf die reale Karriere von Uschi Glas, die in „Max und die Wilde 7“ die gestandene Schauspielerin Vera verkörpert …

    Winfried Oelsner: Wir wollten für Vera jemanden mit der nötigen Starpower, der aber auch dazu bereit ist, sich der Sache mit einem gewissen Augenzwinkern zu nähern – und Uschi Glas war da zum Glück sofort Feuer und Flamme. Aus dieser Bereitschaft hat sich das dann entwickelt – die Starschnitte, die Bravo-Ottos, die Anspielungen auf ihre eigenen Filme. Es war wirklich so, dass wir am Set darüber diskutiert haben, dass es schon schön wäre, wenn wir für Vera noch ein paar Filmpreise hätten. Da meinte Uschi nur: „Ja, ich habe das alles zuhause, könnt ihr haben.“

    FILMSTARTS: Ist die Idee aus einer allgemeinen Bewunderung für die Schauspielikone Uschi Glas entstanden? Oder warst du damals selbst als Teenagerin in sie verknallt?

    Winfried Oelsner: Nee, das war ein bisschen vor meiner Zeit. Die Starschnitte sind in den Siebzigern entstanden – und ich bin Jahrgang 1972, habe die Bravo also erst in den Achtzigern gelesen. Uschi Glas ist also keine meiner Jugendlieben, da würde ich lügen.

    Hinter dem Geroldseck stecken in Wahrheit zwei Burgen

    FILMSTARTS: Das Altersheim in der fiktiven Burg Geroldseck ist der wichtigste Schauplatz der Geschichte. Hattet ihr da schon beim Schreiben des Romans ein Vorbild im Kopf? Oder habt ihr das Set jetzt erst speziell für den Film gesucht?

    Winfried Oelsner: Die Burg haben wir erst für den Film gesucht – und das war ein riesiges Glück. Denn es ist wichtig, dass man glaubt, dass dort auch ein Altersheim reinpasst. Viele Burgen sehen auf Fotos zwar groß aus, sind in Wahrheit aber ziemlich klein. Mit Schloss Braunfels haben wir dann unser Außenmotiv gefunden – das Gemäuer ist so wunderbar verschachtelt, es gibt viele Ecken und Winkel.

    Auf die passenden Innenräume sind wir in Büdingen nördlich vor Frankfurt gestoßen. Vor Jahren hat dort noch die fürstliche Familie persönlich gewohnt – und viele der Zimmer sind bis heute in einem bewohnbaren Zustand. Wir mussten also keine leeren Räume komplett einrichten oder erst mal ein Museum leerräumen. Es hat sich ein wenig angefühlt, als würden wir bei Leuten im Wohnzimmer drehen.

    Kommt eine Fortsetzung?

    FILMSTARTS: Wenn man bei Kinderfilmen einen zweiten Teil machen will, dann muss man sich ja in der Regel ziemlich beeilen – zum einen werden die jungen Schauspieler älter, zum anderen wächst auch das Zielpublikum aus dem passenden Alter heraus…

    Winfried Oelsner: Genau das ist das Problem. Wir würden gerne einen zweiten Teil machen, wir arbeiten auch schon am Drehbuch. Aber es hängt natürlich auch vom Erfolg des ersten Films ab. Der Vorteil ist aber: „Max und die Wilde 7“ startet ziemlich konkurrenzlos, er füllt eine Lücke und bekommt so mehr Zeit zum Atmen. Ich hoffe dann auf eine Entscheidung im Herbst. Dann könnten wir im Sommer 2021 drehen und den zweiten Teil möglichst bald darauf in die Kinos bringen. Ein nicht zu großer Abstand wäre toll.

    FILMSTARTS: Wenn ihr einen zweiten Teil dreht, dann wird das die Geschichte aus dem zweiten Band der Romanreihe?

    Winfried Oelsner: Ja. Mit „Die Geister-Oma“ haben wir die Geschichte gleich doppelt erweitert: Zum einen geht es ins Gruselgenre, denn auf der Burg spukt es – und zum anderen wird Fußball ein wichtiges Thema. Es geht um ein Match zwischen einer Schülermannschaft und einem Seniorenteam – da wünschen wir uns Cameo-Auftritte von alten Fußballlegenden, wir haben auch schon erste Kontakte geknüpft.

    „Max und die Wilde 7“ läuft seit dem 6. August 2020 in den deutschen Kinos.

    Max und die Wilde 7
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