+++ Meinung (mit Spoilern) +++
„John Rambo“, der vierte Teil, befand sich seinerzeit vor allem wegen seines beachtlichen Gewaltgrades in den Schlagzeilen, der den von Teil 1 bis 3 bei Weitem überflügelte. Damals waren es primär anonyme Dschungelkrieger aus Burma, die von Kugeln durchsiebt und durch Messerschnitte in ihre Einzelteile zerlegt wurden – so maßlos brachial, dass die Gewalt zumindest für Hollywoodfilme neue Maßstäbe setzte. Denn Feinde fielen nicht einfach unter Beschuss, sie wurden wortwörtlich in Fetzen gerissen. Und so manche Szene sorgte für fassungsloses Japsen unter den Zuschauern.
"Rambo 5: Last Blood": Neue Maßstäbe in Sachen Brutalität
„Rambo 5“ hebt das Gewalt-Niveau nun nicht nur stufen-, sondern gleich treppenweise an. Zwar krepieren hier nicht Hundertscharen, sondern „nur“ rund 50 Schergen, aber dafür passiert kein Tod einfach so nebenbei. Das Ableben von jedem noch so unbedeutendem Bauernopfer wird mit blutrünstiger Lust zelebriert.
Was „Rambo 5: Last Blood“ liefert, ist jenseits von dem, was unter harter Actionfilm-Brutalität firmiert – es ist blanker Gore. Wenn Rambo (Sylvester Stallone) mit bloßer Hand ein Schlüsselbein aus dem Körper eines brüllenden Schurken reißt und dann mit deftiger Sounduntermalung zweiteilt, wenn er wie in einem Horrorfilm Köpfe absäbelt und Herzen aus Brustkörben rupft, dann feiert der Film die pure Lust am Exzess, an der provokationslüsternen Grenzmissachtung, am herbeibeschworenen Skandal, der ihm massig Aufmerksamkeit garantieren wird. Denn das alles geschieht gewohnt grimmig und ohne einen Funken Humor.
Tabubruch zum Selbstzweck?
Klar, bei Rambo geht es schon lang nicht mehr darum, die Geschichte eines traumagebeutelten Vietnam-Veteranen zu erzählen – daraus haben bereits „Rambo II“ und „Rambo III“ schon keinen Hehl mehr gemacht. Wenn in „Rambo 5: Last Blood“ also mehrfach die Kriegsversehrtheit des Protagonisten thematisiert wird, ist das nur ein Lippenbekenntnis. Denn letztlich geht es vorrangig nicht um die Hauptfigur und auch nicht um die Geschichte. Diese Elemente sind nur Gewährsmänner, um die maximal scheußlichen Tode möglichst reißerisch in Szene setzen zu können.
Warum bitte dellt Rambo bei der Befreiung seiner Tochter die Schurkenschädel reihenweise mit einem Hammer ein? Das ist nichts, was bei der militärischen Ausbildung vermittelt wird, es hat nichts mit seinen soldatischen Fähigkeiten zu tun. Er hätte ebenso gut mit seinem Messer vorgehen können, wie er es die vier Filme zuvor getan hat. Doch das hätte eben nicht die drastischen Effekte ermöglicht, die im Film zu sehen sind. Das hätte dem Zuschauer nicht mehr den Atem genommen.
Im Finale wird das Problem am deutlichsten: Das Massensterben der zig Handlanger, die über Rambos Klinge springen, befindet sich erzählerisch vollkommen in der Schwebe. Minutenlang zeigt der Film nichts anderes als eindimensionale Mexikaner, die in Guerilla-Fallen chancenlos zugrunde gehen. Ohne Atempause, ohne richtige Einbettung in die Handlung, aber mit konstanter Härte. Es ist nur noch eine rauschhafte Albtraum-Collage aus den schonungslosen Gräueltaten in einer unterirdischen Tötungsfabrik.
Ist die Gewalt gerechtfertigt?
Keine Frage: Hier findet der Ablass des Drucks statt, der sich im Laufe der Handlung in der Figur aufgebaut hat. Und die orgiastische Heftigkeit sorgt zwangsläufig dafür, dass der letzte Akt auch einer der intensivsten Momente des Filmes ist.
Aber das wird sich in „Rambo 5: Last Blood“ eben mit selbstzweckhaftem, zügellosen Tabubruch am Fließband erkauft. Das muss man nicht verurteilen, zumal die Tötungsakte hinreichend kreativ sind und in ihrer schieren Masse keine Langeweile aufkommen lassen.
Wenn man sich aber vorstellt, wie „Rambo 5“ ohne seine Gewaltausbrüche aussähe, stellt man schnell fest, dass kaum etwas von Substanz übrig bliebe. Gerade ein Film von solch menschenverachtender Brutalität muss sich dann den Vorwurf gefallen lassen, im Grunde vielleicht nicht mehr als ein ungenierter Gewaltporno zu sein.
Rambo 5: Last Blood