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    Rambo 5: Last Blood
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Rambo 5: Last Blood

    Der brutalste Hollywoodfilm aller Zeiten!

    Von Carsten Baumgardt

    Will man die Karriere von Actionstar Sylvester Stallone auf das Essentielle herunterbrechen, stehen dort am Ende des Tages zwei ikonische Kinofiguren: Rocky & Rambo! Nach acht Teilen der Boxer-Saga (zwischen 1976 und 2018) steht mit „Rambo: Last Blood“ jetzt der fünfte, relativ günstig in Bulgarien und auf den kanarischen Inseln gedrehte Actionfilm über den traumatisierten Kriegsveteranen John Rambo an. Der versucht nämlich auch 37 Jahre nach dem Original noch immer, in der Gesellschaft seinen Frieden zu finden. Auch wenn die Kampfszenen in den „Rocky“-Teilen mitunter abgehoben und actionlastiger als in der Realität sind, zeichnet die Reihe immer auch eine gewisse Erdung aus. Die ist bei „Rambo“ hingegen schon nach dem ersten Teil, der als herausragendes Action-Drama glänzt, flöten gegangen.

    Denn Stallone schuf mit der Titelfigur spätestens ab „Rambo II“ den Inbegriff einer Kampfmaschine, was sogar Eingang in unsere Sprachkultur fand („ein Rambo sein“). Das treibt „Get The Gringo“-Regisseur Adrian Grünberg mit „Rambo: Last Blood“ nun noch weiter. Obwohl Stallone bei den Nachdrehs im Juni 2019 kurz vor seinem 73. Geburtstag stand, berserkert er zumindest in den letzten 20 Minuten des Films wie noch nie zuvor. Im letzten Drittel wird „Rambo 5“ zu einem grotesk-ultrabrutalten B-Movie-Splatter-Actioner, der wohl nur noch eingefleischte Fans befriedigen wird. Hier ist John J. Rambo ein übermächtiger Senioren-Superheld, der die Schergen eines mexikanischen Drogenkartells wie Spielzeugsoldaten niedermetzelt. Das inszeniert Grünberg im ikonischen Gestus – wobei ihn jedoch die CGI-Lastigkeit der Tötungsorgien sowie die papierdünne Story, die vor allem zu Beginn wie eine lateinamerikanische Telenovela wirkt, merklich behindern.

    Schießt ausschließlich scharf: Sylvester Stallone als John Rambo auf Rachefeldzug.

    Der Kriegsveteran John Rambo (Sylvester Stallone) lebt inzwischen auf einer Pferdefarm in Arizona im Grenzland zu Mexiko. Allerdings nicht im Farmhaus selbst, dort leben seine Haushälterin Maria (Adriana Barraza) und ihre Enkelin Gabrielle (Yvette Monreal), während er selbst in einem selbstangelegten, kargen Höhlensystem unter der Erde haust. Rambo kümmert sich als eine Art Ziehvater rührend um Gabrielle, die vor dem Beginn ihres Studiums aber erst noch ihren leiblichen Vater in Mexiko ausfindig machen will. Doch der Trip über die Grenze endet in einem Albtraum. Gabrielle gerät in die Fänge des gefährlichen Kartells von Drogenbaron Hugo Martinez (Sergio Peris-Mencheta). Sie wird unter Drogen gesetzt und zur Prostitution gezwungen, während Rambo selbst nach Mexiko fährt, um sie da wieder rauszuholen…

    Fünf „Rambo“-Filme, fünf verschiedene Regisseure. Die einzige Konstante bleibt Sylvester Stallone als Hauptfigur und Co-Drehbuchautor. Das führt ganz zwangsläufig zu weniger erzählerischer und vor allem inszenatorischer Konsistenz – und auch Adrian Grünberg kocht nun sein eigenes Süppchen, das aber zumindest auf einem ähnlichen Rezept basiert wie „John Rambo“, der ebenfalls schon unerhört brutal unterwegs war. Der Versuch, den Vietnam-Veteranen auf einer abgelegenen Pferdefarm in sich ruhen zu lassen (was zumindest mild an den herausragenden ersten Teil gemahnt), gelingt vielleicht auf der visuellen Ebene, weil sich Rambo als relaxter, Pillen einschmeißender, altersweiser Pferdefarmer gut in die Umgebung einpasst.

    Aber inhaltlich ist dieser Auftakt-Part mit Dialogen und Handlungssträngen garniert, die man in dieser Qualität normalerweise in einer Daily Soap erwartet. Der absolute Tiefpunkt ist das kurze Türgespräch zwischen Gabrielle und ihrem nutzlosen Vater. Seine Abfuhr ist so überzogen herzlos, dass man glaubt, in einer Parodie zu sitzen. Aber auch die Unterhaltungen zwischen Rambo und seiner Haushälterin sowie dessen Enkelin kommen nicht über Glückskeksniveau hinaus. Kein Wunder: Die Geschichte zu „Rambo: Last Blood“ sollte eigentlich die Grundlage zu „John Rambo“ (2008) bilden, wurde dann aber als zu schwach verworfen. Zudem wurde sie anschließend sogar zum Teil schon in Stallones Skript zum Jason-Statham-Reißer „Homefront“ (2013) verwendet. Deswegen wirkt die Story nicht von ungefähr wie von der Resterampe.

    Rambo, komm in die Puschen!

    In der ohnehin schon knapp bemessenen Spielzeit von 101 Minuten legt Rambo selbst erst erstaunlich spät los. Stattdessen dreht sich erst einmal alles um Gabrielles Papa-Suche, die dann für den Film aber absolut überhaupt keine Rolle spielt. Sie hätte auch einfach direkt in der ersten Szene beim Spring Break in Mexiko entführt werden können, der Effekt wäre derselbe gewesen. Dann hätte es im Gegenzug nämlich auch mehr Platz für eine halbwegs differenzierte Zeichnung der Bösewichte gegeben, die hier einfach nur abgrundtief böse sind und lediglich eine Story-Funktion ausfüllen. Blickt man unbedarft auf die Situation, könnte ihre brutale, menschenverachtende Einstellung klischeehaft wirken, was sie in der Verkürzung sicherlich auch ist. Doch der Kern stimmt. Wer tief abtauchen möchte in diese Thematik, liest am besten Don Winslows hochkomplexe Roman-Meisterwerke „Tage der Toten“ und „Das Kartell“, die die Arbeit und Funktionsweise der mexikanischen Drogenkartelle sezieren und zeigen, mit welch bestialischen Methoden dort gearbeitet wird. Die Spitze dieses Eisbergs aus Brutalität, Menschenverachtung und Überlebenskampf zeigt „Rambo: Last Blood“ zwar, aber der unfassbare Schrecken und Schmerz kommt trotzdem nicht beim Zuschauer an, dafür ist das alles viel zu platt in Szene gesetzt.

    Der Story-Schlenker mit der Erzeuger-Suche ist zwar überflüssig, aber davon abgesehen reduziert Grünberg die Handlung auf der Allernötigste. Das Wichtigste: Man muss Rambo abnehmen, was er für Gabrielle empfindet, sonst steht sein beispielloser Rachefeldzug, den er schließlich vom Zaun bricht, komplett auf tönernen Füßen. Denn wenn John Rambo nach der systematischen Zerstörung seiner Nichte (sie nennt ihn Onkel John) den Hammer auspackt (in ähnlicher Mission und Pose wie Joaquin Phoenix in „A Beautiful Day“), ist das wörtlich zu nehmen und nur der „harmlose“ Anfang. Nachdem die erste Hälfe noch komplett ohne Blutvergießen auskommt, ist der finale Akt von solch grotesker Brutalität, dass Liam Neesons Bryan Mills in „96 Hours – Taken“ dagegen wie ein unschuldiger Chorknabe wirkt und man ernsthaft um eine Freigabe ab 18 Jahren bangen musste. Rambo will nicht nur Rache und Vergeltung, sondern seine verhassten Gegner köpfen, filetieren oder zumindest mit spitzen Gegenständen durchbohren. Das geschieht zudem in einer solch wahnsinnigen Geschwindigkeit, dass man die einzelnen kills (mit Ausnahme des allerletzten) gar nicht genießen kann und vielleicht auch gar nicht soll…

    Ein völlig neuer Grad an Gewalt

    … schließlich schmeißt einem „Rambo: Last Blood“ seine im Hollywood-Mainstreamkino so noch nicht erlebte Gewalt regelrecht lieblos vor die Füße. Das passt zu Rambo, der in diesem Moment längst völlig desillusioniert ist und bei dem grotesken Gemetzel ebenfalls kaum noch etwas zu empfinden scheint. Die Inferno-Szenerie selbst ist natürlich völlig realitätsfern, wenn ein 73-Jähriger eine kleine Armee gut ausgestatteter Drogengangster aufmischt. Doch Stallone sieht zwar im Gesicht tatsächlich altersgerecht aus, aber sein muskulöser Brustkorb scheint noch immer förmlich vor Kraft zu bersten, sodass die Illusion auf der Leinwand funktioniert und man nicht wie bei den Actionszenen von Liam Neeson in „96 Hours – Taken 3“ Angst haben muss, dass der Altstar bei den Verfolgungsjagden gleich zusammenbricht.

    Gabrielle (Yvette Monreal) gerät in die Hände eines mexikanischen Drogenkartells

    Dazu wählt Grünberg den Kniff, Rambo zuvor als eine Art MacGyver eifrig „A-Team“-Fallen (der FSK-18-Bauart) anfertigen zu lassen, um sein Rache-Kunstwerk nicht ausschließlich auf Muskelkraft basieren zu lassen. Diesen Guerilla-Feldzug inszeniert Grünberg dann derart splatterig over the top, dass einem minutenlang der Atem wegbleibt. Daran werden sich – wie schon bei dem ähnlich grotesk herausstechenden, aber sehr viel kürzeren Gewalt-Finale von „Once Upon A Time… In Hollywood“ – selbstverständlich die Geister scheiden. Hardcore-„Rambo“-Fans werden aber bestimmt ihren „Spaß“ daran haben – selbst wenn es Grünberg mit dem Einsatz von CGI übertreibt und gern mehr handgemachte Splattereffekte hätte einsetzen dürfen.

    Fazit: Sylvester Stallone untermauert in dem so simpel gestrickten wie ultrabrutalen Rache-Gemetzel „Rambo: Last Blood“ seine Stellung als unbestrittener Alterspräsident unter den Actionstars – allerdings auch nur im den Gewaltgrad der vorherigen „Rambo“-Filme wie Vorschulfernsehen anmuten lassenden Schlussdrittel. Die erste Stunde vor dem transgressiven Exzess des Finales ist hingegen überwiegend inakzeptabel.

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