Quentin Tarantinos „Once Upon A Time… In Hollywood“ erhielt bei der Weltpremiere in Cannes zwar minutenlange stehende Ovationen, so ganz fertig war der Film da aber noch nicht. Deswegen ging es für Tarantino im Anschluss doch noch einmal in den Schneideraum, um dem Sechziger-Hollywoodabenteuer für den Kinostart den letzten Feinschliff zu verpassen (wofür vor Festival-Premieren häufig die Zeit fehlt). Aber was ist in der Kinofassung nun anders als in der Version, die im Mai 2019 in Cannes lief?
Kinofassung vs. Cannes-Version: Die Unterschiede
Kurzum: Viel hat sich nicht getan. Das versicherte uns auch Quentin Tarantino, als wir ihn zum Interview in Berlin trafen. „Ich habe nur hier und da ein paar Kleinigkeiten ergänzt“, ließ uns der Filmemacher wissen. Und tatsächlich: Die Ergänzungen, die den Film im Kino letztlich um knapp zwei Minuten länger machen, sind derart minimal, dass sie einem kaum auffallen, selbst wenn man die Cannes-Fassung kennt.
Nachdem sich Tarantino bei der Pressekonferenz in Cannes nachsagen lassen musste, er würde Sharon Tate (gespielt von Margot Robbie) in seinem Film zu wenig Zeit einräumen, ihr zu wenig Dialoge geben, erweiterte er vor allem ihre Szenen. Tarantino selbst fand allerdings auch schon die Cannes-Fassung rund, da er den Film so noch etwas kompakter halten konnte. Im Kino bekam Sharon Tate nun nichtsdestotrotz mehr Screentime – so wurde etwa die Szene, in der die aufstrebende, unbekümmerte Schauspielerin eine Anhalterin mitnimmt, verlängert.
Nicht bloß erweitert, sondern komplett neu dazugekommen ist hingegen eine Dialogszene zwischen Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und James Stacy (Timothy Olyphant). Genau genommen handelt es sich dabei um jene Unterhaltung, die die beiden Schauspieler führen, als dem Zuschauer plötzlich vor Augen geführt wird, wie John Sturges' Kultfilm „Gesprengte Ketten“ wohl ausgesehen hätte, wenn nicht Steve McQueen, sondern eben Rick Dalton die Hauptrolle gespielt hätte.
Kommt noch eine längere Fassung?
Insgesamt kamen zum Cannes-Cut also knapp zwei zusätzliche Minuten dazu, die man im Kino zu sehen kriegt – das mag nach wenig klingen, kann an den richtigen Stellen aber einiges bewirken. Mit 161 Minuten hat der Film nun zwar Überlänge, liegt verglichen mit „The Hateful Eight“ (168 Minuten), „Django Unchained“ (164 Minuten) und „Inglourious Basterds“ (153 Minuten) allerdings im Tarantino-Mittel der letzten Jahre. Doch die Chancen stehen nicht schlecht, dass Tarantinos neunter Film schon bald sein mit Abstand längster wird...
Da die erste Schnittfassung ganze vier Stunden dauerte, so lange aber kaum jemand im Kino sitzen will, musste Tarantino zwangsläufig die Schere ansetzen – und entfernte dabei auch gleich einige Figuren. Trotzdem: Der Regisseur bestätigte uns, dass es sich bei jener Version, die ihr seit dem 15. August 2019 in den deutschen Kinos sehen könnt, auch um seine bevorzugte Fassung handelt. Und dennoch stehen die Chancen gut, dass wir den Vier-Stunden-Cut zu einem späteren Zeitpunkt noch zu sehen kriegen.
Quentin Tarantino hatte stets das Privileg, seine Filme auch so in die Kinos bringen zu können, wie er es beabsichtigte. Nichtsdestotrotz ist er ein Fan alternativer Fassungen, solange diese einen Mehrwert haben. So veröffentlichte er „Kill Bill Vol.1“ in Japan etwa in einer exklusiven Version, in der zum Beispiel die unglaublich brutale Schwarz-Weiß-Kampfszene im Finale in Farbe ist und schnitt „The Hateful Eight“ für US-Netflix zur Miniserie um. Das könnte nun auch mit „Once Upon A Time… In Hollywood“ passieren, wie Nicholas Hammond, der im Film als Regisseur Sam Wanamaker zu sehen ist, kürzlich in einem Podcast erwähnte.
Quentin Tarantino auf Netflix: Die 4-stündige Fassung von "Once Upon A Time... In Hollywood" soll Miniserie werden