+++ Meinung +++
Marvel verpasst dem MCU per Diversität eine Frischzellenkur. Das ist erfreulich. Denn schließlich tragen Helden ihren Titel nicht, weil sie nur weiße Männer vor außerirdischen Invasoren oder fingerschnipsenden lila Kahlköpfen retten. Aber wie in der Politik brauchen nicht-weiße Bevölkerungsgruppen auch im MCU eine eigene Repräsentationsfigur. Und deswegen ist es auch nur folgerichtig, dass mit Blade (Mahershala Ali) nun der dritte schwarze Superheld ins MCU kommt, mit Valkyrie (Tessa Thompson) die erste LGBT-Heldin angekündigt wurde und der Pool an weiblichen Heldinnen erweitert wird. Denn wenn diese Bevölkerungsgruppen nicht durch Helden aus ihrer Mitte mit den Attributen von Stärke und Eigenständigkeit ausgestattet werden, ist die ganze Diversität nur Gequatsche, weil in einer solchen Welt Schwarze, LGBT-Menschen und Frauen immer noch darauf warten müssen, von dem nächsten männlichen White Savior in Sicherheit gebracht zu werden.
Damit wir uns nicht missverstehen: Ich feiere Tony Stark (Robert Downey Jr.) und Steve Rogers (Chris Evans) sehr. Aber sie sind für mich ein Teil des MCUs und nicht dessen Essenz. Wenn wir Marvelfilme schauen, um Helden zu sehen, müssen auch die Filme heldenhaft sein – und uns eine heroische Vielfalt zeigen, die die ungleich gewichtete Realität übertrifft. Und um den in der Realität unterprivilegierten Bevölkerungsgruppen starke Champions zu vermitteln, ist es besser, eine bereits vorhandene Figur zu verändern, als eine neue hinzuzufügen. Deswegen ist Marvels Move, Jane Foster (Natalie Portman) zu Thor zu machen, für mich glaubhaft. Wenn weiblichen, schwarzen oder lesbischen Superhelden eine zentrale Rolle eingeräumt wird, laufen sie nicht so schnell Gefahr, auf ein Abstellgleis zu geraten und beim nächsten Crossover mit minimaler Einführung im Hintergrund ein bisschen CGI durch die Gegend schmeißen zu dürfen, um eine starre, mathematische Political-Correctnes-Quote zu erfüllen.
So cool könnte "Thor 4: Love And Thunder" werden
Wenn man sich die Reaktionen der Fans ansieht, gibt es neben den antiliberalen oder chauvinistischen Kommentaren aber natürlich auch berechtigte Bedenken. Viele wollen Chris Hemsworth nicht verlieren. Andere halten Jane Foster als Figur nicht für spannend genug, um einen eigenen Film zu bekommen. Vielleicht können ein paar Prognosen diese Bedenken zerstreuen.
Zunächst einmal steht fest, dass Hemsworth für „Thor 4: Love And Thunder“, für den auch „Thor 3“-Regisseur Taika Waititi wieder auf den Regiestuhl zurückkehren wird, auf jeden Fall am Start sein wird. Verzichten müssen wird im nächsten Teil also niemand auf ihn. Und dass er als Figur abgeschwächt wird, ist auch vorher schon passiert. Im ersten „Thor“ lernen sich er und Foster ja gerade kennen, weil Odin (Anthony Hopkins) ihm seine göttlichen Fähigkeiten nimmt und ihn auf die Erde verbannt.
In den Comics wird der ursprüngliche Thor diverse Male durch einen Nachfolger ersetzt, etwa durch seinen zeitweiligen Sidekick Eric Masterson. Häufig kehrt er später zu seiner alten Rolle zurück. Der „Mighty Thor“-Handlungsbogen, bei dem sich „Thor 4“ jetzt bedienen wird, sieht unter anderem vor, dass Thor Mjölnir nicht mehr führen kann, weil er ein bestimmtes Geheimnis erfährt.
Jane Foster versucht sich daraufhin als Träger – und es stellt sich heraus, dass sie das sogar noch besser kann als Thor selbst. In ihren Händen verwandelt sich der Götterhammer in eine Art eigenes Wesen, das Dinge beobachten und menschliche Gestalt annehmen kann. Derweil zieht sich Thor zurück, vollbringt aber weiterhin Heldentaten unter dem Namen Odinson, mit einer Streitaxt anstelle des Hammers.
Göttlichkeit als Todesurteil
Es ist also möglich, dass Fans gar nicht komplett auf Chris Hemsworth verzichten müssen. Und was die Kritik am Charakter Jane Fosters in „Thor“ und „Thor 2 -The Dark Kingdom“ angeht, schließe ich mich übrigens an. Die Figur war häufig etwas sperrig und ungelenk und ihre Abwesenheit in „Thor 3: Tag der Entscheidung“ hat niemanden wirklich gestört. Aber in der „Mighty Thor“-Storyline bekommt ihre Geschichte eine tragische Tiefe.
Sie ist an Krebs erkrankt und hat eine Chemotherapie begonnen. Als sie Thors Kräfte übernimmt, merkt sie, dass jede Transformation von Jane Foster zu Mighty Thor ihre Krankheit verschlimmert – die Reinheit ihrer göttlichen Form entfernt alle Gifte aus dem Körper, inklusive den Bestandteilen der Chemotherapie. Sobald sie ihre menschliche Form wiedererlangt, ist sie dem Tod näher. Am Ende opfert sich Jane/Mighty Thor für eine gerechte Sache, wird allerdings von Odin und Thor wiederbelebt, der seine alte Rolle wieder einnimmt.
„Thor 4: Love and Thunder“ verspricht daher sowohl für Fans von Natalie Portman wie auch Chris Hemsworth spannend zu werden, obgleich natürlich noch nicht bekannt ist, wie weit sich die Storyline an den Comics orientiert. Allzu fern dürfte der Film der Vorlage aber nicht sein, denn offensichtlich ist Portman schon fleißig am recherchieren. Ihre letzte Instagram-Story zeigte einen Haufen an Thor-Comics mit der Überschrift „Werk @marvel“:
"Thor 4": Darum war Natalie Portman als neuer Thor die beste Ankündigung der Comic-Con„Thor 4: Love And Thunder“ soll am 28. Oktober in den Kinos starten.