Robert Zemeckis muss niemanden mehr etwas beweisen. Mit seiner „Zurück in die Zukunft“-Trilogie schuf er Ende der 80er-Jahre drei der beliebtesten Kultfilme aller Zeiten. Wenig später, im Jahr 1994, gewann er für seine Regiearbeit bei „Forrest Gump“ einen Oscar. In den 2000ern übernahm der in Chicago geborene Filmemacher anschließend mehrere Ausflüge in Märchenwelten. Auch wenn die Filme teilweise enttäuschten, konnte er dort wertvolle Erfahrungen sammeln, die ihm jetzt weiterhelfen. Denn bei den Arbeiten zu „Der Polarexpress“, „Die Legende von Beowulf“ und „Disneys Eine Weihnachtsgeschichte“ arbeitete der Regisseur mit Motion-Capturing, welches es ermöglicht Bewegungen und Gesichtsausdrücke echter Schauspieler auf virtuelle Modelle zu übertragen. Genau mit diesem Verfahren erwecken auch unter anderem Steve Carrell und Diane Kruger die animierten Puppen im neuen Film des Regisseurs zum Leben erwecken. Wir haben Robert Zemeckis getroffen und mit ihm über die Inspiration und die Absicht hinter dem einzigartigen Stil von „Willkommen in Marwen“ gesprochen.
FILMSTARTS: Dein Film basiert auf einer wahren Geschichte, doch das Erste, mit dem das Publikum konfrontiert wird, ist die Welt von Marwen, an deren Aussehen man sich erst gewöhnen muss. Hast du Angst davor, dass deren Look manche Zuschauer abschrecken könnte?
Robert Zemeckis: Nein. Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, die Zuschauer daran zu erinnern, dass es sich um Puppen handelt. Aber wir wollten eben auch, dass sie die Puppen als etwas sehen, das Steve Carrell in seinen Gedanken zum Leben erweckt. Wir haben nicht einfach nur Stop-Motion-Animation verwendet, weil uns dann diese starken Emotionen gefehlt hätten, die wir brauchten.
Eine Dokumentation als Inspiration
FILMSTARTS: Du hast erst spät in deiner Karriere damit begonnen, wahre Geschichten zu adaptieren. Mit „The Walk“ hat es angefangen, jetzt kommt „Willkommen in Marwen“, später dann „The King“. Hat das einen bestimmten Grund oder hast du mit „The Walk“ einfach Lust auf mehr solcher Geschichten bekommen?
Robert Zemeckis: Schwer zu sagen. Bei „Willkommen in Marwen“ hat mich jedenfalls eine Dokumentation (gemeint ist „Marwencol“) inspiriert. Ich habe die im Fernsehen gesehen und dachte, dass sie die perfekte Keimzelle für einen neuen Film sein könnte.
FILMSTARTS: Was genau hat dich inspiriert? Die Figuren oder die Möglichkeit, einen einzigartigen visuellen Stil zu kreieren?
Robert Zemeckis: Am Anfang waren es die Figuren. Doch dann habe ich mir überlegt, dass ich die Geschichten, die sich in Mark Hogencamps Kopf abspielen, auf sehr spezielle Art visualisieren könnte. Also ging das beides Hand in Hand.
FILMSTARTS: Was war der nächste Schritt, nachdem du die Dokumentation gesehen hast? Hast du dich mit Mark Hogencamp getroffen?
Robert Zemeckis: Ja, ich habe sehr ausführlich mit ihm gesprochen und wir saßen lange daran, die Rechte zu seinem Leben und seiner Arbeit zu bekommen. Es war ein langer Weg, aber das war es definitiv wert.
Willkommen in MarwenFILMSTARTS: Ich mochte, wie du mit den Figuren umgegangen bist. Insgesamt ist es ja eher ein Feel-Good-Film, aber du hast die Charaktere nicht glattgebügelt, sondern ihre Makel beibehalten. Die Hauptfigur zum Beispiel ist im ersten Moment nicht unbedingt sympathisch. Wie weit glaubst du, kann man damit gehen?
Robert Zemeckis: Wenn man Filme macht, trifft man immer Entscheidungen, die einem Drahtseilakt gleichen. Man verlagert die Balance mal in die eine, mal in die andere Richtung, aber am Ende des Tages musst du eine Entscheidung treffen. Ich denke, meistens gelang mir das ganz gut. Vielleicht gibt es hier und da ein paar Momente, in denen man das Gleichgewicht etwas verliert, aber dann muss man eben versuchen, es wieder herzustellen, damit die Zuschauer von der Figur nicht abgeschreckt werden, sondern verstehen, dass sie menschlich ist und auch Fehler macht.
FILMSTARTS: Neben den Puppen, die mit Motion-Capturing zum Leben erweckt werden, ist natürlich auch das Set beeindruckend. Habt ihr das komplett neugebaut oder auch Teile vom Original verwendet?
Robert Zemeckis: Nein. Mark Hogencamp hat uns zwar gefragt, ob wir seine Gebäude nutzen wollen, und ich dachte mir zuerst: „Oh, das wäre cool!“. Allerdings hat sich das als zu kompliziert herausgestellt, da wir jedes Teil in dreifacher Ausfertigung brauchten. Also war es einfacher, sie einfach alle selbst zu bauen.
FILMSTARTS: Für was habt ihr die Kopien gebraucht?
Robert Zemeckis: Wir hatten die Sets an verschiedenen Orten. Da gab es eines im Innenbereich und eines im Freien. Das dritte brauchten wir für digitale Scans. Also haben wir insgesamt drei komplette Marwen-Dörfer gebaut.
FILMSTARTS: Wie originalgetreu sind die Nachbildungen?
Robert Zemeckis: Unseres ist ein bisschen üppiger als seines und sieht mehr nach Hollywood aus. Er hatte keinen Springbrunnen und solche Sachen. Außerdem ist unseres speziell für eine bestimmte Actionsequenz ausgelegt.
„Willkommen in Marwen“ läuft seit dem 28. März 2019 in den deutschen Kinos.