Egal, ob in den fünf „Das Lied von Eis und Feuer“-Romanen oder den bislang sieben Staffeln „Game Of Thrones“: Immer wieder ist dort von Azor Ahai oder dem Prinzen, der verheißen wurde, die Rede. Eine Prophezeiung wird darin erwähnt und einzelne Schnipsel daraus vorgetragen, doch wer damit gemeint ist, ist bislang weder in der Serie noch in der Buchvorlage eindeutig sicher. In der finalen achten Staffel von „Game Of Thrones“ wird sich nun aber mit großer Wahrscheinlichkeit zeigen, welche Figur in der Serie der (oder die) Auserwählte ist und die Bewohner von Westeros vor der neuen Invasion der Weißen Wanderer zu beschützen versucht.
Wer ist Azor Ahai?
Azor Ahai ist eigentlich der Name einer historischen beziehungsweise legendären Figur aus der sagenumwobenen Stadt Asshai im fernen Osten, die auch unter anderen Namen bekannt ist und die Welt von „Game Of Thrones“ wohl vor dem ersten Angriff der Weißen Wanderer während der Langen Nacht bewahrte. Streng genommen ist in der Legende jedoch nur davon die Rede, dass Azor Ahai dreimal versuchte, eine Waffe zu schmieden, um die Dunkelheit, die über der Welt lag, zu vertreiben, und es ihm schließlich gelang, indem er das frisch geschmiedete Schwert Lichtbringer durch das Herz seiner geliebten Frau Nissa Nissa stieß.
Was besagt die Prophezeiung?
Doch in Asshai und unter den Anhängern von R’hllor, dem Herrn des Lichts, gibt es eine Prophezeiung, die besagt, dass Azor Ahai eines Tages wiedergeboren werden wird – und zwar als der Prinz, der verheißen wurde. In den Büchern verwendet Melisandre beide Namen gleichbedeutend und im Wechsel, manche Fans sind allerdings der Überzeugung, dass es sich dabei um zwei verschiedene Prophezeiungen handelt.
Die Prophezeiung von der Wiedergeburt Azor Ahais spricht von einer Zeit nach einem langen Sommer, in der ein roter Stern blutet und Dunkelheit und Kälte zunehmen. Das trifft auf die Handlungsgegenwart von „Game Of Thrones“ zu: Ein etwa zehnjähriger Sommer geht mit Einsetzen der Handlung zu Ende, der Winter naht und in der gesamten zweiten Staffel steht ein roter Komet am Himmel.
Der Prinz, der verheißen wurde, soll zwischen Rauch und Salz geboren werden, heißt es in der Prophezeiung weiter, Drachen aus Stein erwecken und ein Schwert namens Lichtbringer aus den Flammen ziehen. Außerdem soll er der Linie von Aerys II. (dem Mad King / Irren König) und seiner Frau und Schwester Rhaella Targaryen entstammen. Wichtig ist zudem noch eine Information: Der Prinz kann auch eine Prinzessin sein, denn die Prophezeiung ist in Valyrisch und dort ist das entsprechende Wort geschlechtsneutral.
Welche Kandidaten kommen in Frage?
In den Büchern von George R.R. Martin ist die rote Priesterin Melisandre aktuell noch der Überzeugung, dass Stannis Baratheon der Prinz ist, der verheißen wurde. Auch in der Serie war das lange der Fall, doch dort ist Stannis mittlerweile tot. Welche Kandidaten gibt es also sonst noch?
- Ser Pounce: Immerhin einen Kandidaten, über den im Internet nur halb im Spaß diskutiert wurde, können wir mittlerweile streichen: Denn wie David Benioff und D.B. Weiss bestätigten, ist die niedliche Katze von König Tommen (Dean-Charles Chapman) mittlerweile mausetot.
- Drogon (oder Rhaegal): Ein anderer tierischer Bewohner von Westeros hätte allerdings durchaus das Potential, die Wiedergeburt von Azor Ahai zu sein: Drache Drogon bzw. womöglich auch sein in der Serie aber wesentlich weniger prominenter Bruder Rhaegal. Beide wurden auf Khal Drogos Scheiterhaufen (Rauch) zu Daenerys‘ Tränen (Salz) geboren und beide Drachen erwachen dabei aus versteinerten Eiern. Und selbst über ein feuriges Schwert verfügen Drogon und Rhaegal im Gegensatz zu vielen anderen Kandidaten auf der Liste: Das Drachenfeuer schießt in einem langen geraden Strahl aus ihren Mündern, der durchaus an eine Schwertklinge erinnert. Und selbst der Linie von Aerys II. und Rhaella entstammen die beiden Drachen in gewisser Weise, schließlich bezeichnet Aerys‘ Tochter Daenerys sie immer wieder als ihre Kinder.
- Beric: Beric Dondarrion (Richard Dormer) schwingt ein flammendes Schwert und wurde von Thoros (Paul Kaye) bereits sechsmal wiederbelebt (eine Art Wiedergeburt), wobei auch Salz (vergossene Tränen) und Rauch (mindestens eine Wiedergeburt erfolgt in einer verrauchten Höhle) eine Rolle gespielt haben. Ansonsten spricht aber nicht viel für Beric, der in den Büchern bereits tot ist und sich in der achten Staffel wohl im Kampf gegen den Nachtkönig aufopfern dürfte.
- Jaime: Auch Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) scheint eigentlich kein besonders wahrscheinlicher Kandidat für den Prinzen, der verheißen wurde, zu sein. Doch tatsächlich lässt sich die Prophezeiung mit etwas Spekulation so hinbiegen, dass es passt: Sollte Cersei (Lena Headey) King’s Landing (= Königsmund) in Brand setzen, wie einige Fans glauben, und Jaime sie deswegen töten (ein Echo von Azor Ahai und Nissa Nissa), gäbe es Salz (Meer / Tränen) und Rauch (Feuer). Und selbst der Linie des Mad King entstammt Jaime in gewisser Weise, hat er doch seinen bekannten Spitznamen Kingslayer bzw. Königsmörder nur dank des Mordes an Aerys II. Die komplette Theorie erläutern wir hier. Und dann existiert da ja noch die Theorie, dass es in der ganzen Prophezeiungssache einen Übersetzungsfehler gibt: Denn die Worte für Herr und Gold und Licht und Hand klingen auf Valyrisch verdammt ähnlich. Ist also am Ende ein Krieger mit einer goldenen Hand der Retter von Westeros?
- Davos: Wer sich „Game Of Thrones”-Theorien zu Azor Ahai anschaut, erkennt schnell ein Muster: Den Teil mit Salz und Rauch kriegt man immer irgendwie hingebogen, schwieriger wird es beim ganzen Rest. Auch Davos Seaworth (Liam Cunningham) hat nämlich eine Art Wiedergeburt hinter sich, bei der Feuer und Rauch (das Wildfire / Seefeuer beim Angriff auf King’s Landing) und Salz (das Meer) eine Rolle spielten. Doch auch der Rest passt erstaunlich gut auf Davos: Denn nachdem Melisandre (Carice Van Houten) scheinbar erfolglos versucht hat, Jon wiederzubeleben, bleibt Davos als einziger zurück und betrachtet den Toten. War es also sein unbedingter Wille, Jon zurückzuholen, der den Drachen (Jon ist ein Targaryen) aus Stein erweckt (= wiederbelebt) hat? Und selbst wenn nicht: Davos hat Melisandre überhaupt erst überzeugt, es zu versuchen. So oder so ist er also für Jons Auferstehung verantwortlich. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Martin höchstpersönlich Cunningham laut eigener Aussage ein Geheimnis verraten hat. Vielleicht, dass er Azor Ahai ist?
- Tyrion: In gewisser Weise wurde auch Tyrion Lannister (Peter Dinklage) zwischen Salz und Rauch wiedergeboren, denn so kann man seinen Beinahe-Tod zwischen Meer und Wildfire bei der Schlacht um King’s Landing durchaus verstehen. Doch das überzeugendste Argument für Tyrion findet sich in dem Teil der Prophezeiung, der von Drachen und Stein und der Targaryen-Linie spricht. Denn unter Fans kursiert schon lange die Vermutung, dass Tyrion in Wahrheit gar kein Lannister ist, sondern ein Targaryen: der Sohn von Aerys II. und Joanna Lannister. So ließe sich nicht nur die Abneigung seines „Vaters“ Tywin (Charles Dance) erklären, sondern vor allem auch, warum Daenerys‘ Drachen nichts gegen ihn zu haben scheinen. Und nicht zu vergessen: Tyrion befreit zwei der feuerspeienden Echsen aus ihrem steinernen Gefängnis und erweckt damit gewissermaßen Drachen aus Stein.
- Daenerys: Keine Frage: Auf den ersten Blick passt die Prophezeiung von Azor Ahais Wiedergeburt am allerbesten auf Daenerys Targaryen (Emilia Clarke). In den Büchern hat lange Zeit nur deswegen niemand an sie gedacht, weil sie eine Frau ist und die von Männern dominierte Welt von Westeros gar nicht auf die Idee kommt, der Retter könnte in Wahrheit eine Retterin sein. Sie entstammt fraglos der Linie ihrer Eltern Aerys II. und Rhaella, kam auf der vulkanischen Insel Dragonstone zwischen Rauch und Salz auf die Welt und wurde zur Zeit des roten Kometen auf Drogos Scheiterhaufen wiedergeboren, wo sie auch tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes Drachen aus Stein erweckte. Einzig ein Schwert hat sie noch nicht aus den Flammen gezogen, doch ansonsten spricht eigentlich nur eins gegen sie: Das ist einfach alles viel zu offensichtlich. Denn Martin hat bereits öffentlich geäußert, dass er ein Faible für Prophezeiungen hat, die sich eben nicht auf offensichtliche, sondern auf unvorhersehbare oder ungewöhnliche Art erfüllen.
- Jon: Wie genau die Prophezeiung auf Jon Snow alias Aegon Targaryen (Kit Harington) passt, haben wir bereits an anderer Stelle ausgeführt, hier nur so viel: Fast alle Elemente lassen sich in seiner Vergangenheit finden. Doch was wohl am wichtigsten ist: Sollte Jon tatsächlich der Prinz, der verheißen wurde, sein, würde das zwar niemanden überraschen. Aber die Art und Weise, wie die Prophezeiung auf ihn passen könnte, wäre eben doch eher ungewöhnlich: Der blutige Stern bei seiner Geburt ist etwa ein blutbeflecktes Schwert, das aus einem gefallenen Stern geschmiedet wurde. In der Rückblende in der sechsten Staffel sehen wir nämlich, dass der junge Ned Stark das Schwert Dämmerung des gefallenen Arthur Dayne in der Hand hat, als er seine im Sterben liegende Schwester Lyanna im Turm der Freude findet. Und könnte mit Drachen aus Stein erwecken vielleicht gemeint sein, dass er das seit Drogos Tod verschlossene Herz von Daenerys erobert?
Wer ist am wahrscheinlichsten?
Wie aus der obigen Auflistung einiger (wenn auch längst nicht aller) Kandidaten hervorgeht, sind Jon und Daenerys die wahrscheinlichsten Auserwählten. Doch auch für Tyrion, Davos und Jaime lässt sich einigermaßen schlüssig argumentieren. Aber wenn Martin und die Serienmacher bislang eines bewiesen haben, dann, dass man mit allzu selbstsicheren Prognosen vorsichtig sein sollte.
Außerdem wäre denkbar, dass hier noch eine Art Mischlösung ins Spiel kommt. Immer mal wieder geistert ja auch das Buchzitat „der Drache hat drei Köpfe“ durchs Internet. Wer sagt denn, dass der Prinz, der verheißen wurde, nicht ein dreiköpfiges Drachenreitergespann bestehend aus Jon, Daenerys und Tyrion sein kann?
Wer genau der wiedergeborene Azor Ahai ist, erfahren wir also erst im Verlauf der achten Staffel „Game Of Thrones“. Los geht’s in der Nacht vom 14. auf den 15. April 2019.