2018 war ein durchwachsenes Kinojahr, das mir vor allem durch seine missratenen Blockbuster in Erinnerung bleiben wird: „Black Panther“, „Ready Player One“, „Verschwörung“, „Jurassic World 2“, „Phantastische Tierwesen 2“, „Tomb Raider“, „Pacific Rim 2“, „Meg“ – keiner dieser horrend teuren, künstlerischen Entgleisungen wusste mir zu gefallen und so ist der Film, der aus meiner Liste am ehesten die Bezeichnung „Blockbuster“ verdient, auch Damien Chazelles Neil-Armstrong-Biopic „Aufbruch zum Mond“ (Budget: 59 Millionen Dollar).
Doch anstatt mich darüber zu ärgern, was für lieblose Stangenprodukte Hollywood zuletzt in die Welt geblasen hat, möchte ich an dieser Stelle lieber mein absolutes Highlight des Filmjahres 2018 ins stroboskopartig pulsierende Rampenlicht stellen: Nicolas Cage, der seine debilsten Grimassen aus „Face/Off“, „Con Air“ und „Wicker Man“ noch einmal aufgesetzt und für das Psychedelic-Splatter-Meistwerk „Mandy“ zusätzlich noch mit einer Extraprise Wahnsinn gewürzt hat. Von der Leistung des Ex-Megastars, der in den vergangenen Jahren hauptsächlich durch hastig heruntergekurbelte C-Film-Reißer schlurfte, kann sich selbst „Tanz der Teufel“-Aushängeschild Bruce Campbell, seines Zeichens Großmeister des blutverschmierten Psycho-Grinsens, noch eine dicke, fleischige Scheibe absägen.
Darüber hinaus möchte ich euch noch zwei Filme ans Herz legen, die es leider nicht auf das Siegertreppchen geschafft haben, bei denen ich aber nicht umherkomme, ihnen ein paar warme Worte zu widmen:
Zum einen „A Prayer Before Dawn“, in seiner ersten Hälfte ein wahnsinnig brutaler und bitterer Gefängnisfilm, danach packendes Boxer-Drama und wohl das Kinoerlebnis, das mir 2018 am meisten an die Nieren ging. Zum anderen die nicht viel weniger nierenstrapazierende, am Ende des Zweiten Weltkriegs angesiedelte Machtmissbrauchs-Studie „Der Hauptmann“ von Robert Schwentke („R.E.D.“). Dieses oft ins bitterbös Groteske abgleitende Drama protzt mit grandiosen Schwarz-Weiß-Bildern, ist herausragend gespielt (Hi, Frederick Lau) und stellt die Hässlichkeit und Sinnlosigkeit des Krieges gnadenlos ins Schaufenster, wodurch er ebenso verstört wie er auf grausame Weise unterhält.
Platz 1: "Mandy"
Nach meiner Lobeshymne auf Nic Cages Leistung ist es wohl keine Überraschung mehr, dass Panos Cosmatos‘ „Mandy“ auch auf dem Goldmedaillenplatz meiner Liste landet. Schließlich haben mich auch erst wenige Filme im Kino so überwältigt – aus den vergangenen Jahren fallen mir da nur „Mad Max: Fury Road“ und „Blade Runner 2049“ ein. Und das liegt weniger an Handlung oder Figuren als an dem audiovisuellen Wahnsinn den der Kanadier griechischer Abstammung da auf die Leinwand gebannt hat: Psychedelisch flimmernde, grobkörnige Bilder treffen auf den dröhnenden, jauchzenden, im positivsten Sinne ohrenbetäubenden, letzten Score des Anfang des Jahres leider verstorbenen Jóhann Jóhannsson, dazu Cage und ein paar schmackhafte Gewaltexzesse. Mehr will ich doch gar nicht.
Platz 2: "Aufbruch zum Mond"
Auf Platz zwei landet quasi der exakte Gegenentwurf zu „Mandy“. Die Neil-Armstrong-Biographie „Aufbruch zum Mond“ von Regie-Wunderkind Damien Chazelle ist zwar auch ein audiovisuelles Meisterwerk, jedoch auf einer unglaublich majestätischen statt abgründig verstörenden Ebene. Der Soundtrack von Chazelles Stamm-Komponist Justin Hurwitz (bekam gleich zwei Oscars für „La La Land“) ist ein Sammelsurium verschiedenster Stilrichtungen – und untermalt dennoch jede Szene in absoluter Perfektion. Dazu kommen die beeindruckendsten und mitreißendsten Weltraum-Sequenzen überhaupt. Ich bin und bleibe Fan des Regisseurs, den ich übrigens zum Film interviewen durfte. Schade, dass auch er als nächstes eine Serie macht…
Der Trailer zu "Aufbruch zum Mond" ist da: Wir haben Oscargewinner Damien Chazelle über sein Mondlandungs-Abenteuer ausgefragt!Platz 3: "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Der Konsens-Film des Jahres. Unter uns FILMSTARTS-Mitarbeitern gab es höchstens ein oder zwei, bei denen „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ nicht auf einem der vorderen Plätze ihrer Liste landete. Und auch wenn es mittlerweile langweilig wird, muss auch ich mich anschließen. Denn Regisseur und Autor Martin McDonagh gelingt es tatsächlich, sein meisterhaftes Spielfilm-Debüt „Brügge sehen… und sterben?“ noch um ein My zu übertreffen und das Zusammenspiel von wahnsinnig tragischen und zum Brüllen komischen Momenten, das niemand so sehr in Einklang zu bringen vermag wie er, auf die absolute Spitze zu treiben. Und muss ich jetzt noch irgendwas über die Leistung von Sam Rockwell sagen? Ich denke nicht.
Die weiteren Platzierungen
- Platz 4: „Wind River“
- Platz 5: „I, Tonya“
- Platz 6: „A Prayer Before Dawn“
- Platz 7: „Der Hauptmann“
- Platz 8: „Climax“
- Platz 9: „The Florida Project“
- Platz 10: „Cold War“
Die besten Filme ohne deutschen Kinostart
- „Revenge“ (Coralie Fargeat, Frankreich 2017, Heimkino)
- „Die Abenteuer von Brigsby Bär“ (Dave McCary, USA 2017, Heimkino)
- „Auslöschung“ (Alex Garland, USA 2018, Netflix)
- „Outlaw King“ (David Mackenzie, USA 2018, Netflix)