Das Kinojahr 2018 hat bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Mit „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ fing es absolut überragend an (lange hatte ich einen Film bei meiner persönlichen Sternevergabe nicht mehr mit der Höchstwertung bedacht). Und auch die folgenden Monate hielten so einige Perlen bereit, die mich ähnlich emotional mitrissen (ganz vorne mit dabei: „Your Name.“ und „The Florida Project“). Dennoch gab es diesmal auch gleich eine ganze Reihe Projekte, die große Vorfreude geschürt hatten, mich letzten Endes jedoch erstaunlich kalt ließen. Filme wie „Predator - Upgrade“ (das kann Shane Black echt besser!), „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ (wo ist der Zauber des verspielten ersten Teils?) und „Halloween“ (überraschend 08/15) waren mittelschwere bis große Enttäuschungen, die aber auch deswegen immerhin für so manche angeregte Diskussion in der Redaktion sorgten.
Und sogar die für mich sonst so verlässlichen Marvel Studios legten dieses Jahr einen holprigen Start hin. Der abseits seines Titelhelden so dröge-formelhafte „Black Panther“ drohte die auch nach zehn Jahren noch immer in mir lodernde MCU-Fan-Flamme allmählich zum Erlöschen zu bringen. Zum Glück konnten die Avengers diese schon wenig später mit einer Wagenladung bombastischen Blockbuster-Benzins wieder kräftig zum Lodern bringen. Einfach nur eine verdammt gute Zeit hatte ich im Kino aber auch mit der virtuos inszenierten Over-The-Top-Action von „Mission: Impossible - Fallout“, dem atemberaubend in Szene gesetzten Irrsinn von „Spider-Man: A New Universe“ und „Deadpool 2“, der mir (okay, meinem pubertären Ich) vom grandiosen Bond-Vorspann bis hin zu den köstlichen Abspannszenen durchweg ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern konnte.
Platz 1: "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
„Brügge sehen… und sterben?“ gehört zweifellos zu meinen Lieblingsfilmen des „neuen“ Jahrtausends. Doch was Regisseur und Autor Martin McDonagh mit „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ abgeliefert hat, stellt selbst die herrliche tiefschwarze Gangster-Komödie noch einmal in den Schatten. Absurd-unterhaltsame Komik und rührende Tragik sind hier noch einmal besser ausbalanciert und gehen auf eine Weise Hand in Hand, wie ich sie nur selten gesehen habe. Bisweilen stellt McDonagh innerhalb einer Szene, ja sogar von einer Dialogzeile auf die nächste die Stimmung völlig auf den Kopf, ohne dass einer der Tonlagen Abbruch getan wird. Dazu legt er bei seinen fantastisch gespielten Figuren (McDormand, Rockwell und Harrelson nehmen sich hier nichts) und deren Entwicklung ein Feingefühl an den Tag, das seinesgleichen sucht. Hier greifen viele kleine Räder meisterlich ineinander – bis hin zum perfekt gesetzten Schlusspunkt.
Platz 2: "Avengers: Infinity War"
Nach dem langjährigen Aufbau und dem massiv angewachsenen Figurenensemble hatte ich die leise Befürchtung, dass „Avengers: Infinity War“ eigentlich nur in die Hose gehen (oder zumindest enttäuschen) kann. Doch haben mich die Russo-Brüder (wie zuvor schon bei „Captain America: Civil War“) eindrucksvoll eines Besseren belehrt. „Infinity War“ ist das, was man sich nach zehn Jahren MCU erhofft hat: die glorreiche Kulmination einer behutsam angetretenen Reise, der (vorläufige) Höhepunkt eines Mammutprojekts, das trotz gelegentlicher Ermüdungserscheinungen bis dato einfach beispiellos ist. Im Kampf gegen den wohl besten Marvel-Bösewicht, dem man stets abnimmt, dass er von seinem aberwitzigen Plan selbst völlig überzeugt ist, bekommt jeder der vielen Helden seine kleinen und großen Momente. Ihre Erlebnisse laufen die meiste Zeit zwar nebeneinander her, funktionieren aber dennoch bestens als Gesamtwerk ohne jeglichen Leerlauf, das in ein Finale mündet, bei dem auch ich meine Kinnlade erst wieder vom Boden des Kinosaals aufheben musste. Dabei war es mir in dem Moment völlig egal, ob man genau weiß, dass das Ganze so niemals stehengelassen wird, das Ende hat mich in seiner Wucht – wie tragischerweise auch viele der Helden – einfach nur weggeblasen.
Platz 3: "Wind River"
War es in „Hell Or High Water“ (2017 in meiner Bestenliste) noch das texanische Hinterland, das Taylor Sheridan in all seiner Unwirtlichkeit so greifbar werden ließ, gelingt dem Filmemacher in „Wind River“ (bei dem er diesmal auch selbst die Regie übernommen hat) das Gleiche nun mit der eisigen Einöde Wyomings. Mit einer stimmungsvoll bebilderten, unaufgeregten Erzählung erzeugt Sheridan ein intensives Gefühl für eine schrecklich-schöne Welt, die bedrohlich und trostlos ist, auf der anderen Seite aber auch ein verlockendes (wenn auch nicht einhaltbares) Versprechen von grenzenloser Freiheit andeutet. Die plötzliche Eskalation des Geschehens in all ihrer Schonungslosigkeit ist dank der so entschleunigt entwickelten Handlung dann erst recht ein heftiger Schlag in die Magengrube. Die anschließende Moral mag fragwürdig sein, ist als Teil des Gesamtkonzepts aber letztlich der einzig stimmige Ausgang für die verlorenen Figuren.
Die weiteren Platzierungen
- Platz 4: „Your Name.“
- Platz 5: „The Florida Project“
- Platz 6: „Mission: Impossible - Fallout“
- Platz 7: „BlacKkKlansman“
- Platz 8: „It Comes At Night“
- Platz 9: „Spider-Man: A New Universe“
- Platz 10: „Deadpool 2“
Die besten Filme ohne deutschen Kinostart
„Downrange“ (Ryûhei Kitamura, USA 2017, Fantasy Filmfest/Heimkino)
„The Night Comes For Us“ (Timo Tjahjanto, Indonesien 2018, Netflix)
„Brawl In Cell Block 99“ (S. Craig Zahler, USA 2017, Heimkino)