Spike Lee („Inside Man“) erzählt mit „BlacKkKlansman“ eine unglaubliche, aber wahre Geschichte: In den 1970ern ist Ron Stallworth (John David Washington) nicht nur der erste schwarze Cop beim Polizeidepartment in Colorado Springs. Er ruft auch aus einer Laune einfach mal beim Ku-Klux-Klan an – und wird dort prompt aufgenommen, woraufhin eine ganze Undercover-Ermittlung gestartet wird…
BlacKkKlansmanDabei treffen Stallworth und seine Kollegen auch auf den (auch heute noch aktiven) KKK-Anführer David Duke, der den Rassismus des Klans mit fadenscheinigen intellektuellen Argumenten gesellschaftsfähig zu machen versucht. Gespielt wird der Ober-Rassist von Topher Grace, der damit seine Wandlung vom Sitcom-Superstar in „Die wilden Siebziger“ hin zum Schauspieler in Auteur-Filmen endgültig abschließt. Wir haben ihn am Tag nach der Weltpremiere von „BlacKkKlansman“ im Mai 2018 in Cannes in einem Café an der Croisette zum Gespräch getroffen.
FILMSTARTS: Die Reaktion auf eine Premiere in Cannes kann einen Film schlagartig bekannt machen – ihm aber genauso gut das Genick brechen…
Topher Grace: Ich hatte sowas zuvor noch nie erlebt, aber mir haben immer wieder Leute davon berichtet. Auf jeden Fall war das gestern Abend eine großartige Erfahrung.
FILMSTARTS: Wie war denn dein Tag bis zur Premiere? Wann wurde dir klar, dass ihr hier etwas habt, das die Leute so sehr begeistert?
Topher Grace: Das wurde mir ehrlich gesagt schon klar, als ich das Skript gelesen habe. Es ist eine wirklich fantastische Idee – und dann ist die Geschichte auch noch wahr und weist eine Menge Parallelen zur heutigen Zeit auf. Ich habe so sehr gehofft, dass ich die Rolle bekomme, weil ich wirklich daran geglaubt habe.
Nur noch Herzensprojekte
FILMSTARTS: Du bist dieses Jahr zum ersten Mal im Cannes – und hast mit „BlacKkKlansman“ und „Under The Silver Lake“ trotzdem direkt zwei Filme im Wettbewerb. Ist das Zufall oder hast du in Sachen Karriere bewusst einen neuen Weg eingeschlagen?
Topher Grace: Vor fünf oder sechs Jahren habe ich meinem Team in Hollywood gesagt, dass ich nur noch mit Auteur-Regisseuren zusammenarbeiten möchte. Das klingt natürlich nicht nach viel Geld, also kam es zunächst nicht so gut an. Aber ich habe in den Staaten in einer Fernsehserie mitgespielt und bin der Meinung, dass ich genug Geld verdient habe. Also war es mir wichtiger, bei Projekten mitzuwirken, die ich wirklich aufregend finde. Meinen ersten Film dieser Art habe ich mit Christopher Nolan [Anm. der Red.: er meint „Interstellar“] zusammen gemacht. Und sowas will ich jetzt möglichst nur noch machen, egal wie groß die Rolle ist und ob ich einen Guten oder einen Bösen spiele. Die zwei Filme in Cannes sind natürlich ein reiner Zufall – aber es ist auch ein Zeichen für mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
FILMSTARTS: Ich kann mir aber gar nicht vorstellen, dass das so einfach ist. Man entscheidet einfach, dass man nur noch mit großartigen Regisseuren zusammenarbeiten will und schon stehen sie Schlange bei einem?
Topher Grace: Nein, natürlich nicht. „BlacKkKlansman“ ist da ein perfektes Beispiel. Selbst als ich meinen Agenten angerufen habe, meint der zu mir: „Moment mal, welche Rolle willst du spielen?“ Sie dachten zunächst wohl, dass ich mich für die Rolle von Adam Driver interessieren würde. Aber ich hatte eben eine Idee für David Duke, auch wenn sonst niemand aus meinem Umfeld meiner Meinung war. Wenn man eine Rolle spielen will, die weit weg ist von dem, was man vorher gemacht hat, dann muss man sich als Schauspieler selbst darum bemühen und sagen: „Gerne komme ich zu einem Vorsprechen und zeige euch, was ich für den Part im Kopf habe.“
In Hollywood gibt es viele Egos, die das niemals zulassen würden. Wenn Schauspieler erst einmal über die Phase des Vorsprechens hinaus sind, dann wollen sie auch nicht mehr zurück, was ja auch verständlich ist, denn Vorsprechen sind schrecklich. Aber ich denke mir, dass man dem Regisseur irgendwann eh zeigen muss, was man vorhat – und dann kann man es genauso gut auch schon bei einem Casting tun. Denn wenn ihm das nicht gefällt, dann sollte man wohl sowieso besser gar nicht erst bei dem Film dabei sein. Nach meinem Vorsprechen mit Spike Lee ging dann allerdings alles sehr schnell. Selbst mein eigener Agent war ganz überrascht, dass ich die Rolle tatsächlich bekommen habe.
FILMSTARTS: Gibt es eigentlich noch Rollen, bei denen du dir nicht sicher bist, ob du sie überhaupt hinkriegen würdest?
Topher Grace: Ja, andauernd. Wenn man noch jünger ist und jemand einen fragt, ob man einen Piraten spielen könnte, dann sagt man schon deshalb ja, weil man so hungrig nach Arbeit ist. Aber nach 20 Jahren im Geschäft suche ich nach Geschichten, denen ich mit meinem Schauspiel helfen kann, und nicht nach Geschichten, die mir als Star dienen.
Ich mag David Duke nicht. Kein bisschen!
FILMSTARTS: Ich habe über die Jahre viele Schauspieler gefragt, wie es denn ist, einen Bösewicht zu spielen. Und die häufigste Antwort lautet: „Man muss die Figur mögen, als sei sie der eigentliche Held der Geschichte.“ Aber ist so etwas bei jemandem wie David Duke überhaupt möglich?
Topher Grace: Nein. Ich habe seine Biographie „My Awakening“ gelesen, das ist quasi seine Version von „Mein Kampf“. Dazu habe ich Talkshows aus den frühen 80ern gesehen, in denen Duke aufgetreten ist. Das war der schlimmste Monat meines Lebens. Ich verstehe schon, worauf die anderen hinauswollen, wenn sie das sagen, es geht eben darum, trotz allem einen Zugang zu finden. Allerdings sind auch viele dieser Figuren fiktional. Und was David Duke getan hat, nämlich den Rassismus gesellschaftsfähig zu machen, hat Auswirkungen bis heute. Also nein, ich mag ihn nicht, ich mag kein bisschen an ihm. Aber das macht es natürlich auch einfacher, ihn der Lächerlichkeit preiszugeben, was ja auch das Skript tut.
FILMSTARTS: Es gibt kaum einen Satz von David Duke im Film, der nicht absolut verachtungswürdig ist. Hast du dich da am ersten Tag am Set nicht gefühlt wie Bruce Willis in „Stirb langsam – Jetzt erst recht“, als er sich mit einem gewissen Schild um den Hals in Harlem auf die Straße stellen musste…
Topher Grace (lacht): Ich weiß genau, welche Szene du meinst. Aber das macht eben Spike Lee aus, dass ich mich nie so gefühlt habe. An jedem anderen Set wäre es mir wahrscheinlich tatsächlich so ergangen, aber Spike hat sich immer um mich gekümmert. Ich habe keine tiefe Schauspielmethode, weshalb ich eine Rolle nach Drehschluss eigentlich auch nicht mit nach Hause nehme. Aber an einigen Tagen war die Stimmung so hasserfüllt, gerade als wir die Szene gedreht haben, in der die KKK-Mitglieder sich „Die Geburt einer Nation“ anschauen und ständig jubilieren. Ich habe danach einfach nur in einer Ecke gehockt, bis Spike rübergekommen ist, um mir zu danken und mir zu erklären, dass ich ihm dabei geholfen habe, seine Geschichte zu erzählen und nicht die von David Duke.
„BlacKkKlansman“ läuft seit dem 23. August 2018 in den deutschen Kinos.