Der britische Comedian Jack Whitehall spielt in Disneys „Jungle Cruise“ nicht nur einen Teil der noch aus Dwayne Johnson und Emily Blunt bestehenden Abenteurer-Crew, die sich auf die Suche nach einem magischen Baum macht, sondern laut einem Bericht der Sun auch den ersten offen homosexuellen Charakter in einem Disney-Film. Die Figur sei dabei „sehr effeminiert, sehr affektiert und sehr lustig“ (oder im Original: „very effete, very camp, and very funny“). Vor allem diese Beschreibung sorgt gemeinsam mit der verpassten Chance aufgrund der Besetzung eines heterosexuellen Komikers nun für Aufruhr in den Sozialen Medien.
Denn auch wenn der im Jahr 2018 längst überfällige Schritt, dass eine Nebenfigur in einem Disney-Film auch mal homosexuell sein kann, begrüßt wird, wundert sich zum Beispiel der ägyptische Schauspieler Omar Sharif Jr., warum die „erste signifikante homosexuelle Rolle“ des Studios „von einem „heterosexuellen weißen Mann, der Stereotypen aufrecht erhält,“ verkörpert wird.
In einem folgenden Tweet führte er weiter aus, dass er glaube, dass Whitehall „einen großartigen Job“ machen wird. Er beklage sich nur darüber, dass Disney es verpasst habe, den vielen „queer Kids“ da draußen, eine authentische Verkörperung ihrer selbst zu geben.
Auch andere Twitter-Nutzer schlagen in eine ähnliche Kerbe. Reporter Eli Sanza erklärt so, dass natürlich auch heterosexuelle Schauspieler homosexuelle Figuren spielen sollen, es sei nur eine „vergebene Möglichkeit, etwas wirklich Historisches“ zu schaffen.
Auch Whitehalls Stand-Up-Komiker-Kollege James Barr, der offen homosexuell ist und dessen Comedy-Programme sich hauptsächlich darum drehen, erklärte, dass die Nachricht selbst „fantastisch“ sei, doch es sei auch ein wenig „frustrierend“, dass es zu diesem Casting komme, wenn gleichzeitig immer noch so viele homosexuelle Schauspieler für heterosexuelle Rollen abgelehnt werden.
Der zweite große Diskussionspunkt ist – wie bereits gesagt – die kurze Beschreibung der Rolle, die auch schon Sharif Jr. mit seinem Verweis auf Stereotype aufgriff. So erklärt ein weiterer Twitter-Nutzer, dass ihm die Sexualität des Schauspielers eigentlich egal sei. Es gehe ihm mehr um die Beschreibung. Wenn die Figur nämlich wirklich sehr effeminiert und sehr affektiert ist, würde sie so ziemlich dem Schwulen-Klischee Nr. 1 entsprechen:
Und so macht die Befürchtung die Runde, dass die Homosexualität der Figur am Ende einfach nur als Witz im finalen Film funktioniert.
Natürlich gibt es auf Twitter wie meist ein vielfältiges Meinungsspektrum. Es gibt auch vereinzelte Stimmen, die ernsthaft auch im Jahr 2018 noch sagen, dass Disney als Familienunternehmen gar keine homosexuellen Figuren in seinen Filmen haben sollte und es gibt auch die Nutzer, die (im Gegensatz zu den hier zitierten, reflektierten Stimmen) fordern, dass nur homosexuelle Schauspieler homosexuelle Figuren spielen sollten – sowie die berechtigte Gegenrede dazu, dass es schließlich um Schauspielerei geht.
Nach unserem Eindruck scheinen aber in der Überzahl – auch wenn man Retweets und Likes berücksichtigt – die Stimmen zu sein, die sich über den Fortschritt bei Disney freuen, es aber als verpasste Chance ansehen und sich vor allem Sorgen machen, dass die Figur in „Jungle Cruise“ nur ein wandelndes Klischee ist. Ob das wirklich so ist, kann allerdings momentan nur spekuliert werden. Final erfahren wir dies wohl erst mit dem Kinostart von „Jungle Cruise“ von Regisseur Jaume Collet-Serra („Unknown Identity“, „Non-Stop“, „The Commuter“) am 7. November 2019.
Abschließend noch ein weiterer Tweet des bereits eingangs zitierten Omar Sharif Jr. Der LGBT-Aktivist und Enkel des berühmten „Doktor Schiwago“- und „Lawrence von Arabien“-Stars Omar Sharif erklärte im Rahmen der aktuellen Debatte in einem offenen Brief unter anderem, dass es vor allem um Chancengleichheit und eben das Vermeiden von Stereotypen für den bloßen Witz gehe.