In Corin Hardys „The Nun“ stehen der oscarnominierte mexikanische Charakterdarsteller Demián Bichir („The Hateful Eight“) und die aus „American Horror Story“ bekannte Taissa Farmiga erstmals gemeinsam vor der Kamera. Er verkörpert den erfahrenen Priester Burke, der in den 1950er Jahren vom Vatikan nach Rumänien geschickt wird, um den Selbstmord einer Nonne in einem entlegenen Kloster zu untersuchen. Als seine Begleitung wird die von Farmiga gespielte Novizin Irene ausgewählt…
Die beiden Schauspieler nehmen sich in den kurzen Umbaupausen jeweils ein paar Minuten Zeit, um unsere Fragen zu beantworten. Zuerst schaut der relaxte Bichir vorbei, der in seiner Priesterkluft aussieht, als hätte er nie etwas anderes getragen. Taissa Farmiga dagegen, die zu ihrer blütenweißen Schwesterntracht in der Pause Turnschuhe angezogen hat, sind die Anstrengungen der inzwischen mehr als 30 Drehtage schon eher anzusehen. Sie erzählt uns dann auch freimütig, dass die Arbeit an „The Nun“ bei aller Freude auch eine Menge Stress mit sich bringt - und wie ihre Schwester Vera Farmiga („The Conjuring“) ihr dann hilft.
FILMSTARTS: Die inhaltlichen Informationen zum Film sind ja noch sehr dürftig. Was kannst du uns über deine Rolle erzählen?
Taissa Farmiga: Vater Burke wird vom Vatikan beauftragt, diesen Selbstmord einer Nonne in Rumänien zu untersuchen und meine Figur, Schwester Irene, wird dazu bestimmt, ihn auf seiner Reise zu begleiten, weil er den Ort des Geschehens als Mann nicht betreten darf. Sie plagen schon seit ihrer schwierigen Kindheit Träume und Visionen und ihr Vater wollte sie sogar in eine Irrenanstalt abschieben. Nach diesen Erfahrungen ist sie auch Burke gegenüber zunächst sehr verschlossen, lernt dann aber sehr viel von ihm und schließlich entwickelt sich zwischen ihnen eine echte Kameradschaft.
Demián Bichir: Vater Burke kämpft mit persönlichen Dämonen aus seiner Vergangenheit. Wenn man als Dämonenjäger und Wunderprüfer arbeitet, hinterlässt das Spuren. Die Begegnung mit dem Teuflischen würde jeden Menschen zeichnen. Das ist einer der Aspekte, die ich an der Story besonders mag – dass jeder sich einfach in sie hineinversetzen kann. Denn jeder schleppt irgendwelche Dämonen mit sich rum. Manche stellen sich dem und andere stecken sie in eine Schublade im Herzen oder im Kopf und riskieren, dass sie später noch stärker geplagt warden. Father Burke hat diese Last akzeptiert und ist sich darüber im Klaren, dass er wahrscheinlich bis zu seinem Tod gegen Dämonen kämpfen wird.
Er ist ein Soldat Christi und ein Soldat egal welcher Art muss verstehen, dass sein Leben nicht mehr ihm gehört und er jederzeit bei seiner Arbeit sterben kann. Wer das versteht, ist mutiger und effektiver, denn er hat sich mit seiner Sterblichkeit abgefunden. Burke hat das getan, aber seine Waffen sind keine Granaten und Gewehre, sondern Weihwasser und sein Kruzifix. Wie jeder Soldat oder Cowboy hat er seine Lieblingswaffen und mehr braucht er nicht, um die Welt vor einem Dämonen nach dem anderen zu retten.
FILMSTARTS: Was für eine Szene dreht ihr heute?
Demián Bichir: Wir kommen gerade wieder im Kloster an. Wir haben die Oberin kontaktiert und ihr gesagt, was wir brauchen und warum wir da sind. Sie hat uns daraufhin gebeten, am nächsten Morgen wiederzukommen, wenn wir mit den anderen Schwestern reden und den kürzlichen Tod einer der Nonnen untersuchen wollen. Nun ist also der nächste Morgen, aber wir haben zuvor eine echt verrückte Nacht verbracht - was wir da Seltsames erlebt haben, damit hätten wir nie gerechnet. Ich war auf einiges gefasst, aber nicht auf die Erfahrung der letzten Nacht... Der Weg ins Innere des Klosters steht nur einer Frau offen, daher haben wir Schwester Irene angeheuert. Sie geht also hinein - und es ist, als würde man sich von seinem Kind am ersten Schultag verabschieden.
FILMSTARTS: Du hast ihr auch einen Schlüssel gegeben?
Demián Bichir: Ja, den haben wir gefunden, wissen aber nicht, was sich damit öffnen lässt. Es ist wie ein Puzzle in diesem frühen Stadium der Handlung.
FILMSTARTS: Welche Nonne ist mit dem Titel „The Nun“ eigentlich gemeint, es gibt da ja theoretisch mehrere Optionen?
Taissa Farmiga: (lacht) Ja, es gibt viele Nonnen, wer weiß, wer DIE Nonne ist? Ich weiß es nicht, das liegt im Auge des Betrachters. Es könnte meine Rolle Irene sein oder natürlich Bonnies Dämonen-Nonne, vielleicht auch die Schwester, die zu Beginn Selbstmord begeht…
FILMSTARTS:Taissa, wie hast du dich auf die Rolle als angehende Nonne vorbereitet?
Taissa Farmiga: Als Teil meiner Recherche habe ich mir unter anderem „Geschichte einer Nonne“ mit Audrey Hepburn angesehen und bin dabei gar nicht vorwärts gekommen, denn ich habe den Film immer wieder anhalten müssen, um mir Notizen zu machen. Es gibt so viele Regeln und Rituale, die man kennen und lernen und verinnerlichen muss, bis sie Teil von einem selbst werden. Ich habe auch noch vieles im Internet gelesen und angeschaut, außerdem hat mir Corin einige seiner Skizzen gezeigt. All das habe ich mir dann physisch und emotional anzueignen versucht.
FILMSTARTS: Du hast vorhin erwähnt, dass Irene regelmäßig Visionen hat. Was sind das für welche?
Taissa Farmiga: Ganz unterschiedliche, aber ich habe mir das nicht konkret ausgemalt. Ich glaube jedoch nicht, dass sie alle positiv sind und die Frage, was dahintersteckt, ist sicher eine der großen Fragen in Irenes Leben. Seit sie ein Mädchen ist, fragte sie sich, ob sie verrückt ist, während ihr Vater dachte, sie lügt. Als die Kirche von ihren Visionen gehört hat, wurde sie dort aufgenommen, aber sie sucht weiter nach Antworten. Daher geht sie letztlich auch gern mit auf Vater Burkes Reise. Weil sie auf Antworten hofft.
FILMSTARTS: Demián, du spielst einen Priester. Wie ist deine eigene Beziehung zu Religion und Glauben?
Demián Bichir: Alles was ich über Religion weiß, habe ich von meiner Großmutter. Mit ihr bin ich als Kind in die Kirche gegangen und habe viel gelernt. Ich liebte die Atmosphäre und die Stille, aber ich praktiziere heute keine Religion und so war die Rolle eine nette Art, in Verbindung zu meiner Großmutter und zu meiner Mutter zu treten, die einen so starken Glauben hatten und haben. Auch die Gebete und Rituale, die im Film vorkommen, haben mir geholfen, die Figur in mir zu finden.
Taissa Farmigas Schutzmauer ist eingestürzt
FILMSTARTS:Taissa, was war der Dreh für eine Erfahrung für dich?
Taissa Farmiga: Wir drehen jetzt seit fast acht Wochen und vor vier Nächten ist es mir erstmals nicht mehr gelungen, den ganzen Horror und die Anstrengung wegzuschieben. Ich habe fürchterlich schlecht geschlafen und habe keine Entspannung finden können. Das war unmittelbar nachdem wir in der Kulisse hinter uns gedreht haben (sie deutet auf das noch stehende Showdown-Set, über das wir leider nicht mehr verraten dürfen). Alles war mit Wasser gefüllt, es war eine Stuntszene, eine emotionale und dämonische Szene.
FILMSTARTS: … Horror ist also eine aufreibende Sache…
Taissa Farmiga: Ich mag Horror nicht besonders, ich schaue ihn mir nicht sehr gern an und ich kann auch nicht gut damit umgehen. Aber selber einen Horrorfilm zu drehen, ist etwas anderes, das macht meist Spaß, man kann die Angst einfach spielen, ohne sie notwendigerweise fühlen zu müssen. Seit Beginn der Dreharbeiten, versuche ich zu meditieren, was für mich persönlich den Gebeten Irenes ähnelt, um den Schrecken, der um die Ecke lauert, nicht an mich heranzulassen. Ich bin ein echtes Klischee, wenn es ums Angsthaben geht. Ich mag es nicht, allein im Dunkeln zu sein… Zum Glück konnte ich Bonnies Dämonengesicht bisher immer bei der Arbeit zurücklassen, aber neulich ist meine Schutzmauer eingestürzt… Jetzt sind es nur noch ein paar Tage und ich hoffe, dass ich sie gut überstehe und dann auf Reset stellen kann.
FILMSTARTS:Demián, wie stehst du zu dem Genre Horrorfilm?
Demián Bichir: Das klingt vielleicht komisch, aber ich denke nicht groß über Genres nach. Es geht immer ums Drehbuch und um die Story, es ist wichtig, wie es geschrieben ist und welche Leute involviert sind, egal ob bei einer Komödie, einem Musical oder eben bei einem Horrorfilm. Ich halte Ausschau nach bemerkenswerten Filmen und Figuren, das Genre ist mir egal. Ich will so wahrhaftig und organisch wie möglich auftreten und da kommt es darauf an, von jemandem wie Corin angeleitet zu werden. Ein Glücksfall für mich.
FILMSTARTS: Was sind denn Corins besonderen Qualitäten?
Demián Bichir: Obwohl er erst drei Credits hat, darunter den wirklich fantastischen animierten Kurzfilm „Butterfly“, den er ganz alleine gedreht hat, ist er einer dieser Regisseure, die einem vorkommen als seien sie schon seit Jahrzehnten dabei. Er erinnert mich an Guillermo del Toro oder Ridley Scott, die sind auch tolle Zeichner und Maler. Del Toros Arbeiten sind neulich sogar im Museum gelandet und das erwarte ich für Corin früher oder später auch. Er nimmt seine Vorstellungskraft ernst und wir werden noch große Dinge von ihm hören.
Taissa Farmiga: Corin Hardy und ich sind uns erst persönlich begegnet, nachdem ich die Rolle schon bekommen hatte. Er hat mein Band gesehen und ich war zu Dreharbeiten in Chicago, also haben wir zuerst über Skype kommuniziert und die Internetverbindung war wirklich Müll… Ich war dabei total nervös, aber Corin ist eine gute Seele. Er wirkt so rein und doch bringt sein Hirn wirklich irre aussehende Schöpfungen hervor und er liebt Horror und Monster so sehr. Seine Begeisterung ist ansteckend.
„Ich bin nicht sicher, ob ich mir ‚The Nun‘ ansehen will…“
FILMSTARTS: Gibt es eine Verbindung eurer Figuren zu den anderen Filmen aus James Wans „Conjuring“-Universum?
Taissa Farmiga: Ich weiß selbst noch gar nicht, wie „The Nun“ mit den anderen Filmen zusammenhängt, aber wenn die Leute gern darüber spekulieren und es die Filme ins Gespräch bringt, ist das in meinen Augen eine gute Sache.
Demián Bichir: Ich weiß von keiner konkreten Verbindung, aber ich bin sicher, es gibt da etwas, das nur die Filmemacher wissen. Ich bin kein großer Fan von Horrorfilmen, habe davon also nichts gesehen und bin mir nicht einmal sicher, ob ich mir „The Nun“ anschauen will. Ich mag es einfach nicht, wenn man mir Angst einjagt.
FILMSTARTS: Hattest du denn beim Drehen Angst?
Demián Bichir: Ja, ein bisschen schon. Das Produktionsdesign und auch die echten Plätze wie das Schloss in Hunedoara waren schon für sich genommen sehr intensiv und unheimlich. Und dann gibt es da eine Szene, in der ich bete und die böse Nonne ist hinter mir. Ich sehe sie zwar nicht, aber alleine der Gedanke, dass sie da ist, war schon sehr unbehaglich.
Engels-Emojis gegen den Horror-Stress
FILMSTARTS:Taissa, hat dir deine Schwester Vera, die ja selbst reichlich „Conjuring“-Erfahrung hat, Tipps mit auf den Weg gegeben?
Taissa Farmiga: Sie hat mich ermutigt. Ich war gerade mit ihr beim Essen, als mein Manager mir das Drehbuch und den Vorsprechtermin geschickt hat. Ich zeigte es ihr und sie fand das urkomisch, dass ich in einem „Conjuring“-Spin-off mitspielen könnte. Ich kann mich noch daran erinnern, wie Vera mir Jahre vorher begeistert von „Conjuring“ und der Arbeit an den Filmen erzählt hat.
Aber ich weiß auch, dass es zwischendurch nicht einfach für sie war, etwa wenn sie nach dem „Conjuring“-Dreh allein nach Hause gekommen ist. Ihr Tipp war, all den Stress, das Schwere und den Horror bei der Arbeit zu lassen, es von mir selbst zu trennen und es nicht an mich heranzulassen. Manchmal habe ich ihr eine SMS geschrieben, wenn ich abends nach der Arbeit zu Hause war und das Licht ausgeschaltet hatte und dann hat sie mir einen Engels-Emoji geschickt.
FILMSTARTS: Hast du eine Lieblingsszene oder -einstellung?
Taissa Farmiga: Meine Antwort könnte in einer oder zwei Wochen ganz anders ausfallen, aber eine meiner liebsten Szenen beim Dreh war der Anfang des Films, als wir über einen Friedhof voller Kreuze hinauf zum Schloss ziehen. Alles wirkt so schön, fast unschuldig. Die Ruhe vor dem Sturm.
„The Nun“ startet am 6. September in den deutschen Kinos! Unseren ausführlichen Bericht von unserem Besuch am Set in Rumänien könnt ihr euch hier ansehen.