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    Warum Tom Cruise der letzte große Hollywoodstar ist

    In „Mission: Impossible - Fallout“ kehrt Tom Cruise in seiner Rolle des IMF-Agenten Ethan Hunt in Bestform auf die Leinwand zurück. Wir nehmen den Kinostart des Action-Thrillers am 2. August 2018 zum Anlass, den umstrittenen Superstar zu würdigen.

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    Er wurde bisher drei Mal für den Oscar nominiert und hat drei Golden Globes gewonnen (jeweils für „Geboren am 4. Juli“, „Jerry Maguire“ und „Magnolia“). Aber für Tom Cruise müssten eigentlich ganz andere Auszeichnungen erfunden werden. Denn obwohl seine schauspielerischen Fähigkeiten aller Ehren wert sind, hat der bekanntlich nur 1,70 Meter große, im Staate New York geborene US-Amerikaner Qualitäten, die ihn von allen anderen Stars abheben. Er ist einer der letzten klassischen Hollywoodstars und gehört zu den ganz wenigen Schauspielern, für die ihre Fans (fast) immer eine Kinokarte lösen. Das gilt natürlich auch für „Mission: Impossible – Fallout“, der gleich nach Brian De Palmas Reihenauftakt von 1996 der beste Teil des erfolgreichen Agentenfilm-Franchises ist – ein furios-hochtouriges Action-Inferno, das nicht nur mit spektakulären Schauwerten, sondern auch mit einer cleveren Handlung begeistert.

    Dabei ist Tom Cruise kein Schauspielchamäleon wie etwa Daniel Day-Lewis oder der junge Robert De Niro, die sich bis zur Nicht-Wiedererkennbarkeit in ihre unterschiedlichen Rollen versenken. Stattdessen hat er wie die größten Stars des klassischen Hollywoodkinos eine unverwechselbare Aura. So wie John Wayne immer John Wayne war (selbst wenn er Dschingis Khan gespielt hat), ist Tom Cruise immer Tom Cruise. Wenn er einmal eine reale Person spielt, wie 2017 in „Barry Seal – Only In America“, stellen wir uns wohl auch den realen Drogenschmuggler Barry Seal fortan immer als Tom Cruise vor.

    CRUISE HAT DAS GEWISSE ETWAS

    Dieses gewisse Etwas ist schon in den Auftritten des Schauspielneulings Anfang der 80er Jahre zu spüren, noch zaghaft in Francis Ford Coppolas „Die Outsiders“, aber dann in „Lockere Geschäfte“ (1983) bereits ganz deutlich. Die etwas unbedarfte Sorglosigkeit, die er dort als Teenager an den Tag legt und die er wenige Jahre später auch an der Seite von Größen wie Paul Newman („Die Farbe des Geldes“) und Dustin Hoffman („Rain Man“) erfolgreich zeigt, haben die meisten Tom-Cruise-Figuren bis heute gemeinsam – so vollführt er waghalsige Fallschirmsprünge und todesmutige Motorrad-Manöver, als wären es ein Fußsprung vom Dreier oder eine gemütliche Sonntagsspazierfahrt mit dem Fahrrad. Das Besondere ist, dass er damit durchkommt – und dass wir ihm nicht wirklich böse sein können, wenn er dabei Grenzen überschreitet. Diese bereitwillige Nachsicht des Publikums ist sicher zu einem beträchtlichen Teil auf das entwaffnend-unwiderstehliche Lächeln des Stars zurückzuführen, in dem oft auch ein Hauch Unverschämtheit liegt, das aber trotzdem völlig arglos und offen wirkt.

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    KLEINER KARRIEREKNICK VOM SOFA AUS

    Der Leinwand-Tom-Cruise hat etwas von einem ewigen Pfadfinder, ein All-American-Boy, dem man allzu gerne einiges durchgehen lässt. Bei der Privatperson und dem Scientology-Aushängeschild Tom Cruise sieht das ganz anders aus, aber das hat seiner Karriere nur vorübergehend geschadet. Als er 2005 auf Oprah Winfreys Talkshow-Sofa stieg, um die Öffentlichkeit wild hüpfend an blumigsten Liebesbekundungen für seine damals zukünftige (und jetzt Ex-)Frau Katie Holmes teilhaben zu lassen, ging diese Penetranz nicht wenigen schwer auf die Nerven, was dann gern mit seiner Zugehörigkeit zur Scientology-Kirche vermengt wurde. Hohn, Spott und ein Imageschaden waren die Folge, die kommerzielle Erfolgskurve bekam einen kleinen Knick. Sein nächster Film, „Mission: Impossible III“, spielte von allen Teilen der Reihe am wenigsten Geld ein. Die Deutschen waren offenbar besonders genervt, weshalb der dritte „Mission: Impossible“ bei uns nur noch 1,2 Millionen Besucher verzeichnete, während der Vorgänger noch 4,4 Millionen Menschen in die Kinos gelockt hatte. Sein darauffolgender Auftritt in Robert Redfords unkonventionellem Polit-Drama „Von Löwen und Lämmern“ ging an der Kinokasse völlig unter – ein absolute Seltenheit.

    Doch Cruise hat aus dem berühmt-berüchtigten Sofa-PR-Desaster gelernt. Was nicht alle wissen: Ähnlich wie der nimmermüde „PR-Gott“ Dwayne Johnson ist Tom Cruise einer der härtesten Arbeiter im Filmgeschäft. Nicht nur am Set gibt er bekanntlich alles, sondern auch abseits der Dreharbeiten. Bei Presseterminen ist der unermüdliche Cruise ein vorbildlich professioneller Gesprächspartner, der keine Allüren kennt. Bei öffentlichen Auftritten bekommt auch der allerletzte Fan sein Autogramm. Und Scientology, ein Thema, auf das insbesondere viele Europäer ausgesprochen allergisch reagieren, hält Cruise schon lange aus seinem öffentlichen Wirken heraus.

    LÄSSIGKEITE UND HÄRTE

    Doch was macht Cruise auf der Leinwand aus? Neben der patentverdächtigen Sonnenbrillen-Lässigkeit, die er schon bei seinem großen Durchbruch zum Superstar als Kampfpilot Maverick in „Top Gun“ gezeigt hat, vermittelt er auch mühelos die professionelle Härte eines Superagenten wie nun bei seinem schon sechsten Auftritt als Ethan Hunt in „Mission: Impossible – Fallout“. Nach einer epischen Verfolgungsjagd verschont er eine unbeteiligte Polizistin, aber seine Gegner nietet Hunt kaltblütig um, wenn es nötig ist. Und da ist die neueste „Mission Impossible“ noch aggressiver als die Filme zuvor.

    Cruise mag zwar inzwischen mit seinen 56 Jahren zu den Hollywood-Veteranen gehören, aber nostalgisch muss man als Zuschauer dabei nicht werden, weil der Superstar immer noch auf der Höhe seiner Kunst … und in Topform ist. Ihm sitzt weiterhin der jugendliche Schalk im Nacken und so wirkt er letztlich fast alterslos. Mit ihm könnte sogar die immer angekündigte „Top Gun“-Fortsetzung funktionieren, zumal er natürlich im Laufe seiner Karriere trotzdem auch an Reife gewonnen hat – und zu der gehört bei ihm auch eine gewisse Selbstironie.

    Spätestens seit seinem Auftritt als frauenfeindlicher Guru in Paul Thomas Andersons „Magnolia“ (1999) unterläuft Tom Cruise gerne hin und wieder das eigene Image. Dabei weiß er ganz genau, dass er ihm nie ganz entrinnen kann – eine Nummer wie sein bierbäuchiger und glatzköpfiger Auftritt in „Tropic Thunder“ wäre ohne das Wissen, dass wir da gerade Tom Cruise sehen, nicht einmal halb so witzig. Der Star spielt ganz bewusst mit seiner Tom-Cruise-Haftigkeit und dabei reicht das Spektrum immerhin vom Pop-Musical „Rock Of Ages“, in dem er sich nebenbei als versierter Sänger beweist, bis zum Action-Kracher „Edge Of Tomorrow“, wo er sich mit sichtlichem Vergnügen mit Co-Star Emily Blunt zankt. Dabei hat der Star über lange Zeit ein fast untrügliches Gespür für die richtigen Rollen an den Tag gelegt, was sich auch in der beeindruckenden Zahl von immerhin 19 Filmen zeigt, die in Nordamerika mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt haben.

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    WENIGE FALSCHE KARRIEREENTSCHEIDUNGEN

    Erst in den vergangenen Jahren hat sich Cruise bei der Karriereplanung öfter ein wenig verkalkuliert.Jack Reacher 2: Kein Weg zurück“ kam schon nicht besonders gut an und „Die Mumie“ bliebt hinter den kommerziellen und künstlerischen Erwartungen zurück. Beim Auftakt zum geplanten Dark Universe-Monster-Franchise erwies sich das drübergestülpte Reihen-Korsett selbst für den unerschütterlichen Tom Cruise als zu eng, zumal seine Figur ungewohnt uncharmant ist. Auch hatte er kaum Gelegenheit, sich als Actionstar in Szene zu setzen. Dabei ist Cruise‘ unermüdlicher Einsatz an der Actionfront ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Stars. Bei ihm ist das Kino wahrlich eine Bewegungskunst und mit der „Mission: Impossible“-Reihe schreibt er gleichsam eine Art filmischer Action-Enzyklopädie: Tom Cruise zu Wasser, zu Lande und in der Luft.

    Es sorgt immer wieder für Schlagzeilen, dass Tom Cruise so viele Stunts wie möglich selbst übernimmt. Und man mag es kaum glauben, dass beispielsweise beim irren Auftakt zu „Mission: Impossible – Rogue Nation“ tatsächlich der millionenschwere Superstar höchstpersönlich an der Tür eines startenden Airbus hängt. Dieser besondere Ehrgeiz, der wohl selbst nach dem Unfall beim Dreh des sechsten „Mission: Impossible“-Films, als er sich bei einem Sprung von einem Dach zum anderen den Knöchel brach und die Produktion von „Fallout“ so unfreiwillig für sieben Wochen lahmlegte, nicht nachlassen wird, ist eines der Markenzeichen des Actionstars Tom Cruise. Und ganz egal, wie sehr am Ende vielleicht doch tricksend nachgeholfen wird, ist immer zu spüren, dass er sich körperlich und mental voll ins Zeug legt.

    Mit Tom Cruise wird eine Hochspannungsszene wie der legendäre Einbruch in Langley bei Ethan Hunts erstem Kinoeinsatz in „Mission: Impossible“ zusätzlich auch noch zu einem echten Drama. Denn Cruise gelingt immer wieder die Quadratur des Kreises für einen Filmstar: Er ist nicht nur ein überzeugender Jedermann (und erdet etwa den Außerirdischenangriff in „Krieg der Welten“), sondern glänzt auch als strahlender Actionheld (das kann bei ihm auch ein Anwalt sein wie in „Die Firma“) – und nicht selten sogar beides gleichzeitig.

    Mission: Impossible – Fallout“ ist seit dem 2. August 2018 in den deutschen Kinos zu sehen.

     

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