Lange hat man von Evangeline Lilly nichts gehört, doch nun machte sie rund um den US-Kinostart von „Ant-Man And The Wasp“ gleich doppelt Schlagzeilen. Ihre Enthüllung, dass sie zwischenzeitlich das Schauspielern komplett aufgegeben hatte, bevor sie Peter Jackson für „Der Hobbit“ überzeugte, wieder damit anzufangen, ging ebenso viral wie auch ein amüsantes Interview, in dem sie fragte, warum ihre männlichen Kollegen sich so oft über ihre „unbequemen“ Superheldenanzüge beschweren. Natürlich kommt beides auch in unserem Interview mit der Kanadierin zur Sprache.
FILMSTARTS: Im zweiten Teil wird Hope endlich zu The Wasp. Wie war der Dreh der Actionszenen? Was hast du gemacht, wenn deine Figur herumfliegt?
Evangeline Lilly: Ich habe in meinem Trailer die Füße hochgelegt und Mimosas getrunken. Nein, natürlich nicht. Wenn Wasp herumfliegt, war ich normalerweise Teil eines anderen Drehteams, welches die Dialogszenen gedreht hat. Du hast sicher bemerkt, dass Wasp nur fliegt, wenn sie klein ist, niemals, wenn sie groß ist. Und in den Szenen, in denen die Figuren klein sind, stehen Paul und ich nicht vor der Kamera. Das macht komplett das CGI-Team. Ich habe nie einen Motion-Capture-Anzug getragen und Green-Screen-Aufnahmen gedreht.
Die Vorbereitung dieser Szenen war aber sehr detailliert und da habe ich mit den Produzenten, Regisseur Peyton Reed und den Stunt-Koordinatoren viel Arbeit reingesteckt. Ich musste ihnen ja zeigen, wie sich die Figur bewegen soll. Dafür haben wir kleine Videos mit dem Stunt-Team produziert, um zu zeigen, wie es aussehen soll. Das CGI-Team hat dann diese sogenannten Mock-Ups genutzt, um die Bewegungen der kleinen, winzigen Wasp zu gestalten. Um also ehrlich zu sein: Ich hatte gar nicht so viele Action. Die Rolle als Kate Austen in „Lost“ war da physisch herausfordernder.
Wasp: Die erste MCU-Titelheldin
FILMSTARTS: „Ant-Man And The Wasp“ ist der erste MCU-Film mit einer Heldin im Titel und es scheint allgemein mehr Bewegung in diese Richtung zu geben. „Captain Marvel“ kommt bald, „Black Widow“ wurde angekündigt, „Wonder Woman“ von Warner und DC war ein Mega-Hit. Was sagst du dazu?
Evangeline Lilly: Für mich ist es keine Überraschung, dass diese Filme nun kommen und erfolgreich sind. In den Comics werden weibliche Superheldinnen seit Jahrzehnten vergöttert und ich fand es schon immer erstaunlich, dass es nicht mehr Superheldinnen-Filme gibt. Denn als ich als kleines Mädchen durch die Comic-Hefte blätterte, habe ich mich eigentlich nur für die weiblichen Figuren interessiert – und ich glaubte schon damals, dass auch viele der Jungs sie vor allem deswegen gelesen haben.
Es ist daher nicht verwunderlich, wenn diese Filme nun erfolgreich werden, aber ich glaube es hat sehr lange für die ganzen männlichen Produzenten und Regisseure gebraucht, bis sie Vertrauen hatten, dass auch eine Frau als imposante, physisch dominante, einen Film anführende Figur gezeigt werden kann. Wir mussten in Sachen Feminismus und Gleichberechtigung einfach einen weiten Weg gehen, bis die Männer, die Hollywood kontrollieren, auch endlich den Glauben hatten, dass die Welt eine Frau in einer solchen Position der Stärke akzeptieren würde.
FILMSTARTS: Hast du schon konkret bemerkt, dass deine Figur etwas verändert hat?
Evangeline Lilly: Mein Sohn war einige Male am Set und bei einem seiner Besuche stand ich da in voller Wasp-Montur. Er wollte unbedingt den Anzug anziehen, was natürlich nicht ging, aber ich gab ihm den Helm. Und dann war er da mitten im Labor von Hank und Hope und spielte ein wenig herum. Sein Vater und ich unterhielten uns im Hintergrund, als er plötzlich ankam und sagte: Ich bin The Wasp. Da realisierte ich etwas: Ich spiele diese Rolle nicht nur, um kleine Mädchen zu berühren, sondern ich erreiche damit auch Jungs. Und wenn Jungs so ganz selbstverständlich auch zu selbstbewussten und starken Frauen in Machtpositionen aufschauen, dann bekommen wir vielleicht eine ganz neue Generation von Jungen, die möglicherweise gar nicht mehr wissen, was ein Patriarchat ist.
FILMSTARTS: Die inspirierende Kraft von The Wasp war dir also sehr wichtig?
Evangeline Lilly: Es ist eigentlich der einzige Grund, warum ich das mache. Ich mag Schauspielern nicht. Es ist wirklich eine Folter. Etwas damit zu bewirken, Menschen zu berühren und zu inspirieren, etwas Schönes und Großartiges zu erschaffen und eine tolle Geschichte zu erzählen, ist es aber wert. Wäre das alles nicht, müssten sie mir deutlich mehr Geld zahlen.
Rückkehr aus der Schauspielrente
FILMSTARTS: Hast du deswegen auch zwischenzeitlich mit dem Schauspielern aufgehört bis Peter Jackson dich mit dem „Hobbit“ aus der „Rente“ geholt hat?
Evangeline Lilly: Ja, nach dem Ende von „Lost“ und „Real Steel“, was ich beides im selben Sommer gedreht habe, war ich komplett mit der Schauspielerei fertig und habe mich aufs Schreiben verlegt. [Anm.: Lilly ist auch Kinderbuchautorin und schreibt gerade auch ihren ersten Erwachsenenroman]. Ich habe das Schauspielern wirklich gehasst. Es ging mir richtig in die Eingeweide. Ich bin eigentlich keine wütende, ängstliche oder besorgte Person, aber es hat mich damals verrückt gemacht. Ich war die ganze Zeit wütend, ich war verbittert, ich war genervt. Ich habe die Erfahrung absolut nicht gemocht. Ich wollte nie berühmt sein. Als ich als kleines Mädchen in Kanada aufwuchs, habe ich diese armen, armen Berühmtheiten bemitleidet. Ich dachte immer, wie schrecklich es sein muss, so zu leben.
Und dann wurde ich selbst berühmt. Und das war die Krux, das war wirklich mein Problem. Wenn ich eine Schauspielerin ohne den Ruhm sein könnte, hätte ich eine ganz andere Beziehung zur Schauspielerei. Und genau das ist es, was ich jetzt auf eine gewisse Art mache. Ich arbeite weniger und mache vor allem keine TV-Serie mehr, denn das ist der Albtraum. Wenn du im Wohnzimmer der Leute bist, vergessen sich dich nicht. So mache ich aber alle zwei, drei Jahre einen Film und in der Zwischenzeit werde ich komplett vergessen.
FILMSTARTS: Du scheust dich offensichtlich nicht vor klaren Aussagen. Da interessiert mich nun, was du vom aktuellen Umsturz in Hollywood und der Time’s-Up-Bewegung hältst?
Evangeline Lilly: Es ist definitiv eine interessante Zeit. Als ich das letzte Mal in Los Angeles war, hatte ich vier Meetings mit weiblichen Regisseuren. Bei einer einzigen Reise. Ich arbeite seit 14 Jahren und hatte davor in Hollywood nie auch nur ein einziges Meeting mit einer Regisseurin. Die Zeiten ändern sich also. Time’s Up ist auch nicht nur ein Trend, es ist nicht nur ein Publicity-Stunt, da wird richtig harte und wichtige Arbeit reingesteckt.
Aber es gibt auch immer die Gefahr beim Feminismus, dass man es zu weit treibt. Man darf nicht plötzlich ein Matriarchat statt des existierenden Patriacharts errichten. Es ist daher großartig, dass es mittlerweile auch so viele Männer gibt, die sich engagieren. Denn ohne mächtige Männer in der Filmindustrie, die nun andere Entscheidungen treffen, werden wir nichts ändern. Und das führt hoffentlich zu einer Balance, so dass das Pendel nicht eines Tages zu sehr in die andere Richtung ausschlägt. Es ist daher bei dem ganzen Prozess unabdingbar, dass die Visionen, die Meinungen, die Gedanken, die Gefühle der Männer immer ein wichtiger Teil des Dialogs bleiben.
Unbequeme Superheldenanzüge
FILMSTARTS: Wenn wir schon bei den Männern sind. Vor ein paar Wochen ging ein Interview von dir viral. Es ging darum, dass sich deine männlichen Superheldenkollegen über ihre Anzüge beklagen und jammern, wie unbequem diese sind. Du hast deine High Heels in die Kamera gehalten und erklärt, dass Frauen oft unbequeme Sachen tragen, um gut auszusehen. Im Netz wurdest du dafür gefeiert. Gab es irgendein Feedback von deinen männlichen Kollegen?
Evangeline Lilly: Nein, absolut nichts. Ich war ziemlich nervös danach, dass ich selbstgerecht rüberkomme und sie sich beschweren, warum ich sie so angehe, wo sie mir doch nie etwas getan haben. Aber ich hoffte, dass alle verstehen, dass es einfach auch ein Spaß war, ein lustiger Gag.
Und ich denke, so ist es bisher. Als wir kürzlich in Taiwan waren, um den Film zu bewerben, habe ich das bemerkt. Paul und ich haben stundenlang auf dem Roten Teppich Autogramme geschrieben und ich trug diese 15 Zentimeter hohen High Heels. Du hast diese Absperrungen, die dich vor den Fans schützen sollen. Das ist sowieso lächerlich, denn niemand wird mich angreifen, die Fans würden uns eher küssen. Aber es ist so und so muss man sich immer über die Absperrung beugen, immer nach vorne lehnen und das geht auf die Füße. Dazu war es auch noch richtig heiß und dann folgte noch die sich ewig hinziehende Bühnenpräsentation. Ich stand dort, wippte von einem Fuß auf den anderen und dachte, ich kippe gleich bewusstlos um.
Und dann frage mich ein Fan nach dem Anzug und ich weiß nicht warum, aber ich erklärte noch mal, dass dies hier viel ungemütlicher ist als jeder Anzug. Und da stand dann Paul neben mir und ich kam mir ein wenig böse vor, dass ich ihn jetzt so bloßstelle. Ich habe nur gehofft, er würde es irgendwie verstehen, würde es als Witz auffassen. Und das tat er. Als ich fertig war, sie es für die Zuschauer übersetzt hatten, nahm er einfach nur das Mikro und sagte: „Mein Anzug ist trotzdem unbequem!“
„Ant-Man And The Wasp“ läuft ab dem 26. Juli 2018 in den deutschen Kinos.