Als wir Michael Douglas an einem sonnigen Sonntag in Paris treffen, wo am Abend zuvor die Europa-Premiere von „Ant-Man And The Wasp“ stattfand, ist er glänzend aufgelegt und unglaublich aktiv. Er lacht viel, grimassiert und gestikuliert, um seine Punkte zu unterstreichen. Und er scheint sich mit seiner Filmfigur zu identifizieren. Immer wieder sagt er „ich“, wenn es eigentlich um Hank Pym geht oder spricht von „seinem Anzug“. In einem lebhaften Gespräch erklärt er uns unter anderem, warum Marvel so erfolgreich ist.
FILMSTARTS: Nachdem du im ersten Teil vor allem noch für die ganzen Erklärungen zur Quantenphysik zuständig warst, bekommst du in „Ant-Man And The Wasp“ nun auch mehr Action. Wie war es endlich einen Superheldenanzug anzuziehen?
Michael Douglas: Es war erst einmal eine wunderbare Überraschung und ein ganz tolles Geschenk. In meiner ganzen Karriere, die – ich kann es gar nicht glauben – nun schon 50 Jahre dauert, habe ich noch nie einen Green-Screen-Film gemacht. Es war also auch eine völlig neue Erfahrung und ich habe dabei großen Respekt vor dem Schauspielern vor einem Green-Screen gewonnen.
Du musst es dir vorstellen. Es ist nichts um dich herum außer grün. Und dann ruft dir der Regisseur zu, hier kommt nun was auf dich zu oder fliegt an dir vorbei. Und während du da spielst, machst du dir wirklich Sorgen, dass du einfach nur lächerlich wirkst. Und dann musst du all diese Gesichter für die Kamera machen [Douglas unterstreicht in diesem Moment mit zahlreichen Grimassen seine Worte] und ihnen vertrauen, dass es am Ende gut ausschaut. Das ist einfach eine verrückte Scheiße. Du fühlst dich dabei verrückt. Aber das ist moderne Technik. Sie können dich ja jetzt sogar 30 Jahre jünger machen.
FILMSTARTS: Du sprichst da eine der beeindruckendsten Szenen des Films an. Wie im ersten Teil gibt es wieder Rückblenden und das sieht absolut großartig aus. Es hat mich umgehauen, ich habe mich wie in einem Film von Ende der 80er, Anfang der 90er gefühlt. Wie war es für dich, das zu drehen?
Michael Douglas: Du hast ja die ganze Zeit keine Idee, wie es am Ende ausschaut. Sie packen dir Punkte aufs Gesicht, dann schaust du auf und siehst Michelle Pfeiffer und sie hat lauter Punkte im Gesicht. Du hast deine ganze Karriere über Filme gemacht und wusstest sofort, wenn du eine Szene abgedreht hast, wie sie ausgefallen ist. Und hier wusste ich es erst bei der Premiere in Hollywood, als ich den Film das erste Mal gesehen habe.
Ein Hank-Pym-Prequel?
FILMSTARTS: Die Technik wäre doch nun eigentlich optimal, um als nächstes einen Film über den jungen Hank Pym zu machen. Gibt es schon Pläne dafür?
Michael Douglas: Ich habe es gegenüber Marvel angedeutet. Ich habe ihnen gesagt, dass der nächste doch vielleicht eine Vorgeschichte sein könnte, die spielt, bevor Paul Rudds Scott Lang überhaupt geboren wurde, was ein bisschen schwierig werden dürfte [Anm.: Hauptdarsteller Rudd ist einer der Drehbuchautoren und dürfte wenig Interesse haben, eine Story ohne sich zu schreiben]. Aber ich muss zu Hause in meiner Bibliothek mal schauen, was es da für Storys gibt. Es müsste aber auf jeden Fall gemeinsam mit Michelle Pfeiffer sein. Ich bin so ein großer Fan von ihr und ich dachte, ich würde nie mehr die Chance bekommen, mit ihr zu arbeiten.
FILMSTARTS: Wie wählst du eigentlich deine Rollen aus?
Michael Douglas: Wie du sicher weißt, bin ich auch ein Produzent. Ich hatte meine ersten Erfolge als Produzent und das unterscheidet mich vielleicht auch von anderen Schauspielern. Wenn ich ein Drehbuch bekomme, dann schaue ich nämlich nicht, welche Rolle ich haben soll, sondern auf den ganzen Film. Und wenn ich beim Lesen was sehe, was mich begeistert, was sexy oder witzig ist, was mich emotional bewegt, dann setze ich mich intensiver damit auseinander. Dann versuche ich die Struktur aufzubrechen, um zu erkennen, ob der Film wirklich gut werden könnte oder mich die Worte nur getäuscht haben.
Erst danach schaue ich mir meine Rolle an. Und um ehrlich zu sein: Ich spiele lieber eine kleine Rolle in einem guten Film als eine gute Rolle in einem schlechten Film. Ich glaube deswegen war ich auch in relativ vielen guten Filmen und da hat dann vielleicht auch mal Sharon Stone die bessere Rolle, aber das ist kein Problem. Denn meine Meinung ist: Wenn der Film gut ist, ist es gut für jeden. Und wenn der Film schlecht ist, ist es egal, wie gut du warst.
Das versuche ich auch anderen Schauspielern mitzugeben. Manche Schauspieler haben Angst davor, dass ein Kollege ihnen die Szene stehlen könnte. Ich sage dagegen: Das ist doch fantastisch. Lass ihn die Szene stehlen. In diesem Film finde ich zum Beispiel Michael Peña herausragend. Der ist einfach fantastisch und bringt so viel mit. Und Paul [Rudd] ist sehr intelligent, nimmt sich zurück und überlässt Michael im richtigen Moment die Bühne.
FILMSTARTS: Und als du das Drehbuch zu „Ant-Man And The Wasp“ gelesen hast, warst du sofort begeistert?
Michael Douglas: Nein, ich hatte überhaupt keine Idee, was da gerade passiert, denn die von Marvel und Peyton [Reed] haben vergessen, mir zu sagen, dass ich diesen „Captain America“-Film sehen muss, um zu verstehen, dass Ant-Man in Europa war, dass er dort groß wurde, dass er meinen Anzug gestohlen hat und all das. Als ich das Drehbuch las, dachte ich also die ganze Zeit nur: Was ist da los?
FILMSTARTS: Und was hat dich dann doch überzeugt?
Michael Douglas: Der emotionale Kern. Auch beim ersten Film habe ich anfangs nicht viel verstanden. Ich habe nie Comics gelesen. Als ich den Part dann angenommen habe, gaben sie mir zwar viele Comics, aber von Anfang an gefiel mir vor allem diese Beziehung zwischen mir und Scott. Der ist ein kleiner Einbrecher, der meinen Anzug gestohlen hat und auch nicht gerade der klügste Kopf im Raum ist. Er ist also ganz sicher nicht meine erste Wahl als Protegé und ich stehe ihm ablehnend gegenüber.
Und das wird nun fortgeschrieben: Nun macht er auch noch mit meiner Tochter rum. Auch hier gefällt mir der natürliche Fortschritt dieser Familie. Evangeline und ich hatten im ersten Film diese gegensätzliche Beziehung, doch nun bilden Vater und Tochter ein Team. Und dann gibt es auch noch die sehr interessante Geschichte über die Entdeckung, dass meine Frau noch leben könnte und die Möglichkeit, ein Gefährt zu bauen, um zu sie retten.
Darum ist Marvel so erfolgreich
FILMSTARTS: Als jemand, der so lange dabei ist, kannst du uns doch bestimmt abschließend sagen, warum Marvel so erfolgreich ist.
Michael Douglas: Ich erinnere mich zurück, als ich mit Robert Downey Jr. einen Film namens „Die Wonder Boys“ gedreht habe und danach hatte er seine großen Probleme [mit seiner Drogensucht]. Und dann wurde er ein paar Jahre später plötzlich als Iron Man gecastet und ich dachte damals: Wow, was für eine interessante Wahl für einen Action-Helden. So ist es nun auch mit Paul, also sind sie bei Marvel scheinbar ausgesprochen gut beim Casting.
Und mit diesen Schauspielern erschaffen sie natürlich auch individuelle Identitäten für alle diese Figuren. Und sie sind auch technisch einfach super. Vor allem haben sie aber Kevin Feige, der all das zusammengebaut hat. Und sie packen es natürlich richtig an. Sie testen ihre Filme ausgiebig. Bei allen gibt es dann auch wirkliche viele Nachdrehs basierend auf den Ergebnissen dieser Tests. Sie ziehen immer die richtigen Schlüsse…
FILMSTARTS: Und das hebt Marvel vom Rest der Filmindustrie ab?
Michael Douglas: Ja, es gab wohl noch nie in der Geschichte des Kinos eine einzige Firma, die so viele unterschiedliche Figuren hatte und damit so erfolgreich war. Und seit Marvel zu Disney gehört, sind die Möglichkeiten unendlich. Sie können so viel mit ihren Figuren machen, ihnen zum Beispiel einzelne Serien bei Streamingdiensten bescheren.
Sie sind einfach unglaublich beeindruckend bei Marvel. Du hast sicher mitbekommen, dass Disney nun drei Filme pro Jahr rausbringt, was den Druck auf Marvel natürlich erhöht hat. Doch ich glaube, sie haben trotzdem nicht viel verändert. Sie machen weiter ihr Ding, ziehen ihren Plan durch und vor allem casten sie einzigartige, ungewöhnliche Schauspieler, finden richtig gute Regisseure, vor allem auch sehr interessante Filmemacher. Sie sind einfach auf dem richtigen Weg. Anderswo gibt es diese Superheldenfilme, die scheitern, aber nicht bei Marvel.
Und ich glaube das geht auch weiter. Vor zwei oder drei Jahren haben doch viele geunkt, dass es bald mit den Superheldenfilmen vorbei sei. Doch das Gegenteil ist der Fall und ich bin sicher auch wir werden noch einen dritten Teil machen…
„Ant-Man And The Wasp“ läuft ab dem 26. Juli 2018 in den deutschen Kinos.