Achtung, Spoiler zum Han-Solo-Film!
Den Kessel-Run in gerade einmal 12 Parsecs geschafft – diese Leistung des Millennium Falken hat Han Solo und seinem Schiff galaxisweit Berühmtheit verschafft und wurde mit der Zeit schon fast wie zu einer Visitenkarte des berüchtigten Schmugglers. Wie wir durch „Solo: A Star Wars Story“ nun wissen, wäre das Ganze aber ohne die Hilfe der Droidin L3-37 (Phoebe Waller-Bridge), oder besser gesagt ihres Navigationssystems, gar nicht möglich gewesen. Nachdem Lando Calrissians Gefährtin im Gefecht auf dem Minenplaneten Kessel angeschossen und mehr oder minder zerstört worden war, bauten Han (Alden Ehrenreich), Lando (Donald Glover), Chewie (Joonas Suotamo) und Qui'Ra (Emilia Clarke) ihren Speicher in den Millennium Falken und erhielten so die Fähigkeit, eine kürzere Route und so einen Ausweg aus der schier ausweglos scheinenden Situation zu finden. Doch gerade dieser Umstand sorgte nun bei Twitter und verschiedenen Branchenmagazinen für heftige Diskussionen. Der Vorwurf: Der Heldentrupp hat L3 gegen ihren Willen in das Schiff integriert und so zu dem gemacht, was sie niemals sein wollte.
Ein grausames Schicksal?
Um das Hauptargument der Kritiker zu verstehen, muss man sich nochmals in den Kopf rufen, für was L3 stand: Sie war eine in vieler Hinsicht individuelle Droidin, die sich für die Rechte, Unabhängigkeit und die Anerkennung ihrer blechernen Kameraden als eigenständige Spezies einsetzte. Genau diese Tatsache wiegt nach Meinung des Collider-Autoren Matt Goldberg besonders schwer, denn nach ihrem todgleichen Abgang werde ihr kein Respekt erwiesen. Im einen Moment trauere Lando noch um seine gefallene Gefährtin (für die er wahrscheinlich Gefühle hatte), im nächsten baut er ihr Hirn aus und stecke es gedankenlos in den Millennium Falken.
Für Goldberg ein dunkles und verdrehtes Schicksal, denn nun würde L3 genau zu dem verdammt, wogegen sie schon immer rebelliert hatte: als Objekt behandelt zu werden. Nun aber müsste sie für alle Ewigkeit ein Dasein als Bordcomputer fristen, was nach Meinung des Autoren genau das Gegenteil dessen ist, was sich L3 vermutlich gewünscht hätte. Besonders schwer wiege dabei, dass der Film und sämtliche Figuren diesen Vorgang so behandeln, als sei nichts passiert.
Unterwegs in der Leiche des Freundes?
Mit dieser Empörung steht Matt Goldberg nicht alleine da. Auch Adam Frey von Popculture Uncovered führt ähnliche Argumente wie der Collider-Autor auf. So sei die ganze Aktion fast schon eine Droiden-Version von „Swiss Army Man“ mit Daniel Radcliff, also sich einen toten Freund zu schnappen, ihn in ein Boot zu verwandeln und so auf dem Ozean rumzukarren. Dies sei insbesondere seltsam, wenn das Bewusstsein des Freundes auf einem gewissen Level noch immer da ist, während man in seiner Leiche Kapitän spielen würde.
Doch all dies sei nicht der Knackpunkt. Dass sich L3 für ihre Freunde opfern und das Schicksal erdulden würde, hält Frey gar nicht für so unwahrscheinlich. Wie für Goldberg ist auch für ihn das Problem, dass keine der Figuren im Film auch nur ein Mal merkbar daran denkt, was L3 davon halten würde.
Dem schließen sich auch zahlreiche Twitter Nutzer an.
„[...] mit einer Geschichte, die darin endet, dass [L3] buchstäblich in ein Objekt verwandelt wird, um den Hauptcharakteren zu helfen, die sie dann vergessen.“
„L3s Hauptgeschichte war ihre Leidenschaft für die gleichen Rechte von Droiden und die Freiheit für versklavte Roboter. Aber nachdem sie stirbt, stopfen sie ihr Gehirn buchstäblich in die ewige Dienerschaft des Millennium Falken, nehmen ihr damit ihre Identität und ihren freien Willen. What the Fuck.“
„Yeah...sie hat wirklich über nichts anderes geredet als über die Befreiung der Droiden. Nichts anderes kam aus ihrem Mund. Und dann benutzen sie ihre Teile, ihr Gehirn, für das Schiff...was für ein Albtraum.“
Es gibt auch andere Meinungen
Nicht alle sehen das Schicksal der Droidin aber negativ. So schreibt Spencer Kornhaber von The Atlantic: „L3 stirbt im Namen der Unabhängigkeit, lebt aber weiter, da ihre Datenbank in den Computer des Millennium Falken hochgeladen wurde. Es ist ein Schicksal, das andeutet, dass ein Droide eine Seele hat […].“ L3s Integration ins Schiffssystem sei demnach ein Bekenntnis zur Droidenseele, ein „Ghost In The Shell“.
Dieser Twitter-Nutzer sieht mehr hinter L3s Behandlung, als pure Versklavung:
„Ich nahm [L3s] Ende eher so, dass sie diejenigen befreit hat, die in den Minen versklavt wurden und im Grunde als Märtyrerin stirbt. Und ihr Vermächtnis, wenn man so mag, bereitete einen Pfad zur Freiheit vor: Für die Minenarbeiter und die Crew zugleich. Ich verstehe aber das Problem, sie hätte wahrscheinlich wieder zusammengebaut werden können.“
Jemand anderes sieht in der Inszenierung der Szene und der angeblich unreflektierten Aktion der Crewmitglieder ein Bekenntnis zur bedingungslosen Überlebenskämpfernatur von Han und Lando.
„Ich denke, sie wollten wirklich rüberbringen, dass wenn es drauf ankommt, Han, Lando und alle anderen das tun werden, was sie müssen, um zu überleben. Manchmal heißt das, nicht der strahlende Held zu sein. Han schoss zuerst!“
Ist euch dieser zwiespältige Moment auch aufgefallen? Was haltet ihr davon?