In „Deadpool 2“ treibt Ryan Reynolds als vorlauter Mutant ein weiteres Mal sein Unwesen. Dass alles dabei eine Nummer größer und exzessiver als beim Vorgänger ist, ist auch das Verdienst von Regisseur David Leitch.
Der Ex-Stuntman ist gerade eine ganz heiße Nummer in Hollywood nachdem er mit „John Wick“ einen Instant-Kult-Action-Klassiker erschaffen und mit „Atomic Blonde“ umgehend nachgelegt hat. Demnächst setzt er auch Dwayne Johnson und Jason Statham in einem „Fast & Furious“-Spin-off um Hobbs und Shaw in Szene, doch erst einmal liefert er mit „Deadpool 2“ seine erste Comic-Adaption ab.
Doch was ist eigentlich schwieriger? Einen Kult-Hit wie „John Wick“ von Grund auf zu erschaffen oder einen wie „Deadpool“ fortzusetzen? Und wie viel Einfluss hat er als Regisseur eigentlich auf die Marketing-Kampagne? Und ist Vanessa in Wirklichkeit Lady Death - wie viele Fans im Netz spekulieren?
Deadpool 2FILMSTARTS: Wie schon beim Vorgänger beginnt der Spaß bei „Deadpool 2“ eigentlich ja schon vor dem Film, denn die Marketing-Kampagne ist so witzig. Wie stark bist du als Regisseur da involviert?
David Leitch: Da muss ich die Marketingabteilung von Fox loben, die dich wirklich einbeziehen. Nimm zum Beispiel das Celine-Dion-Musikvideo. Ich wollte unbedingt ein dramatisches Lied für den Film, wir fanden einen Song und schauten uns nach einem zeitgenössischen Künstler um, der ihn für uns singen könnte. Ryan hatte die Idee, Celine zu fragen. Als dann das Lied entstand und uns bewusst wurde, wie wichtig es für den Film ist, hatte ich die Idee, ein Musikvideo mit Celine und Deadpool zu drehen. Fox war sofort Feuer und Flamme von der Idee. Hilfreich ist natürlich zudem, dass Ryan bei der gesamten Marketing-Kampagne viel zu sagen hat.
FILMSTARTS: Ryan ist ein gutes Stichwort. Wie ist es für dich als Regisseur, wenn der Hauptdarsteller auch Produzent und Autor ist, wenn er also so viel zu sagen hat. Musst du dann Kompromisse eingehen?
David Leitch: Nein. Ich würde niemals sagen, dass es ein Kompromiss ist, mit Ryan zu arbeiten. Es ist einfach eine wunderbare Zusammenarbeit. Wir waren Partner und es war oft so, dass der eine diese Idee und der andere jene Idee hatte und aus der Paarung dieser Ideen entstanden die besten und lustigsten Momente des Films.
FILMSTARTS:Apropos lustige Szenen: Wie viel davon war vorher geskriptet, wie viel improvisiert?
David Leitch: Das Verhältnis dürfte so 75 zu 25 Prozent sein. Ziemlich viel stand schon im Drehbuch, sehr viel entstand beim Schreiben. Aber es gibt natürlich auch Impro am Set, weil inspirierende Momente entstehen. Ryan liebt es verschiedene Witze auszuprobieren, aber meistens sind wir mit den Ideen reingegangen, die wir am Ende haben wollten.
Kult erschaffen oder Kult fortsetzen?
FILMSTARTS: Dein Name ist jetzt mit den beiden Instant-Kult-Franchises der Gegenwart verbunden. Was war herausfordernder: Mit „John Wick“ eine komplett neue Reihe zu erschaffen oder nun mit „Deadpool 2“ an eine bereits existierende anzuknüpfen.
David Leitch: Das ist wirklich eine gute Frage und schwer zu sagen. Ich glaube beides war gleich herausfordernd. Ein Franchise zu übernehmen, das bereits erfolgreich ist, da flößt dir der Gedanke natürlich erst einmal Respekt ein. Aber da ich wusste, dass das „Deadpool“-Universum so umfangreich und vielfältig ist, war ich mir ziemlich sicher, dass ich meine eigene Stimme in dieser verrückten Welt finden würde und gleichzeitig trotzdem das abliefere, was die Fans nach dem Original erneut sehen wollen. Aber es ist beides hart. Bei einem Film wie „John Wick“ weißt du vorher überhaupt nicht, wie die Leute darauf reagieren. Du musst allein auf deine Vision und dein Herz vertrauen und das ist eine komplett andere Art, einen Film zu machen.
FILMSTARTS: Im Internet wird immer wieder spekuliert, dass Morena Baccarins Vanessa in Wirklichkeit Lady Death, also der Tod ist. Die hat in den Comics ja auch eine Beziehung zu Deadpool … und auch zu Thanos, den dein Cable-Darsteller Josh Brolin gerade in „Avengers: Infinity War“ gespielt hat. Du hast nun die Chance das exklusiv zu bestätigen oder zu dementieren…
David Leitch: Normalerweise überlasse ich es immer dem Publikum, sich solche Gedanken zu machen und es gibt eine Menge Theorien, die ihr nach „Deadpool 2“ entwickeln könntet und ich weiß, dass es unsere Zuschauer tun werden. Doch hier kann ich sagen, dass Vanessa schon beim ersten Teil aus emotionalen Gründen eingeführt wurde. Es ging gerade darum, den Film auch mit einer echten, ganz normalen Figur zu erden, eine Art von Realität zu zeigen. So sind sie damals und nun auch wir an die Figur herangegangen.
Wie geht es weiter?
FILMSTARTS: Weißt du wie es mit Deadpool weitergeht? In den Comics gibt es ja die Geschichte „Deadpool tötet das Marvel-Universum“. Ist so etwas im Kino vorstellbar?
David Leitch: Der Spaß an Deadpool und allem, was Ryan auch der Figur gegenüber den Comics neu gegeben hat, ist es, dass wir nun überall hingehen könnten. Wir könnten ein Spin-off über Deadpools neuen Freund Peter machen. Du könntest dir sogar vorstellen, dass als nächstes ein Hardcore-Independent-Film kommt, der in Sundance [Anm.: dem bekanntesten Festival für kleine Indie-Filme] läuft. Die von dir angesprochene Vorlage ist wirklich ein richtig interessanter Comic. Ob man ihn je adaptieren kann? Ich weiß es nicht. Aber es wäre spaßig…
FILMSTARTS: Zum Abschluss noch eine Frage: Bekommen wir den geschnittenen Disney-Witz noch irgendwann zu hören?
David Leitch: Ich hoffe es, ich hoffe es.
FILMSTARTS: Du könntest ihn mir erzählen…
David Leitch: Ich könnte, aber eigentlich kann ich nicht. Aber ich hoffe wirklich, dass du und der Rest der Welt die Szene eines Tages zu sehen bekommt.
„Deadpool 2“ läuft seit dem 17. Mai 2018 in den Kinos.