Die Goldene Palme für den Besten Film im offiziellen Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes ging in diesem Jahr an den schwedischen Beitrag „The Square“ von Ruben Östlund. Vordergründig eine spektakelhafte Satire über den modernen Kunstbetrieb, knöpft sich der Regisseur in den 142 Minuten auch gleich noch etliche weitere kritikwürdige Dinge vor, die in den heutigen westlichen Gesellschaften sonst noch so schieflaufen. „The Square“ zählte zwar vorab definitiv mit zum erweiterten Favoritenkreis, allerdings gab es auch einige Reservierungen, weil viele Kritiker den Film für überladen und deshalb nicht ganz so gelungen wie Östlunds pointierteren vorherigen Film „Höhere Gewalt“ hielten. Übergeben wurde die Goldene Palme von Schauspielerin Juliette Binoche und Jurypräsident Pedro Almodóvar.
Der Große Preis der Jury (quasi der zweite Platz) wurde unterdessen an „BPM (BEATS PER MINUTE)“ von Robin Campillo vergeben. In dem französischen Drama mit Adèle Haenel geht es um Aids-Aktivisten im Paris der frühen 1990er Jahre. Den Preis der Jury (der dritte Platz) erhielt der russischen Filmemacher Andrey Zvyagintsev („Leviathan“) für sein extrem düsteres Familiendrama „Loveless“, das wir in unserer Filmkritik ebenfalls mit sehr starken 4,5 Sternen bewertet haben.
Als Bester Schauspieler wurde Joaquin Phoenix ausgezeichnet, der in dem radikal-reduzierten Thriller-Mood-Piece „You Were Never Really Here“ von Lynne Ramsay einen psychisch angeschlagen Ex-Soldaten spielt, der inzwischen die Kinder von wohlhabenden Kunden aus den Fängen von Sexhändlern befreit (meist indem er den Tätern mit einem Hammer die Schädel einschlägt). Der Preis für die Beste Schauspielerin ging unterdessen an die deutschstämmige Hollywoodschauspielerin Diane Kruger („Troja“), die in Fatih Akins Terror-Drama „Aus dem Nichts“ eine flippige Familienmutter spielt, die ihren Mann und ihren Sohn durch einen feigen Bombenschlag verliert und sich anschließend auf einen Rachefeldzug gegen die verantwortlichen Neo-Nazis begibt. Der Part ist Krugers erste deutschsprachige Hauptrolle überhaupt.
Ein Sonderpreis zum 70. Jubiläum des Festivals wurde zudem an Nicole Kidman vergeben, die gleich in zwei Wettbewerbsfilmen mitgespielt hat – in „Die Verführten“ und in „The Killing Of A Sacred Deer“. Insgesamt war die Oscargewinnerin sogar in vier Produktionen in Cannes zu sehen, neben den Wettbewerbsfilmen nämlich auch noch in der Sci-Fi-Punk-Komödie „How To Talk To Girls At Parties“ und der zweiten Staffel von Jane Campions Krimi-Serie „Top Of The Lake“.
Die Auszeichnung für den besten Regisseur ging an Oscarpreisträgerin Sofia Coppola für „Die Verführten“, ihr stargespicktes, feministisches Remake des Clint-Eastwood-Machofilms „Betrogen“. Über den Preis für das Beste Drehbuch durften sich unterdessen gleich zwei Gewinner freuen: Der Grieche Yórgos Lánthimos für „The Killing Of A Sacred Deer“ (mit Nicole Kidman und Colin Farrell) sowie die Schottin Lynne Ramsay für „You Were Never Really Here“ (mit Joaquin Phoenix). Bei beiden Preisträgern handelt es sich um Regisseure, die selbst die Skripte zu ihren Filmen beigesteuert haben (so hat die Jury also gleich doppelt die Chance genutzt, zumindest hier noch Regisseure auszuzeichnen, die in den anderen Kategorien leer ausgegangen sind).
Neben Präsident Pedro Almodóvar bestand die Festivaljury in diesem Jahr aus den Hollywoodstars Will Smith und Jessica Chastain, der chinesischen Schauspielerin Fan Bingbing, den Regisseurinnen Agnés Jaoui und Maren Ade („Toni Erdmann“), den Regisseuren Paolo Sorrentino und Park Chan-wook sowie dem französischen Komponisten Gabriel Yared.
Im vergangenen Jahr wurde Ken Loach für sein berührendes Sozialdrama „Ich, Daniel Blake“ mit der Goldenen Palme ausgezeichnet, 2015 ging der Preis an das französische Flüchtlingsdrama „Dämonen und Wunder - Dheepan“ von Jacques Audiard.
Die Preise der Reihe Un Certain Regard wurden bereits einen Tag zuvor vergeben – eine Übersicht findet ihr hier.
Wann der diesjährige Goldene-Palme-Gewinner in die deutschen Kinos kommt, ist bislang noch nicht bekannt. Auch ein Trailer wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Allerdngs könnt ihr euch hier unsere ausführliche Filmkritik zu „The Square“ durchlesen.