Wenn in jedem Jahr die Oscars verliehen werden, gibt es auch einen kleinen Nationenwettbewerb, denn für die Kategorie des besten fremdsprachigen, also des besten nicht-englischsprachigen Films, darf jedes Land einen Kandidaten nominieren. In Österreich fiel dabei in diesem Jahr die Wahl auf „Vor der Morgenröte“. Der österreichische Schauspieler Josef Hader spielt darin den österreichischen Autor Stefan Zweig, doch das Gesamtergebnis ist der Academy trotzdem nicht österreichisch genug.
Wie Blickpunkt:Film berichtet, sei wegen der „Unausgewogenheit der kreativen Beteiligung“ das Biopic abgelehnt worden. Damit spielt die Academy auf den Umstand an, dass es eine internationale Koproduktion ist, bei der Firmen aus Österreich, Frankreich und Deutschland zusammenarbeiteten. Da aber die deutsche Produktionsfirma X Filme federführend tätig war und Regisseurin Maria Schrader Deutsche ist, sieht man bei der Oscar-Academy dort den kreativen Hauptanteil. Simplifiziert gesagt: Der Film ist deutscher als österreichischer. Interessanterweise galt „Vor der Morgenröte“ auch als möglicher deutscher Kandidat. Hier wurde aber dann „Toni Erdmann“ eingereicht – übrigens eine deutsch-österreichische Koproduktion mit einem österreichischen Hauptdarsteller.
Laut DiePresse.com herrscht bei der österreichischen Jury, die für die Auswahl des Films zuständig war, nun große Verärgerung. Dort bemängelt man die nur sehr wagen Richtlinien. Zudem habe man den Film vor vier Wochen eingereicht und erst jetzt die Rückmeldung bekommen – kurz vor Ende der Nominierungsfrist. Zudem sei die Ablehnung nur mit einem Einzeiler begründet gewesen. Daher will man nun bei der Academy eine detaillierte Begründung erfragen, um dieser möglicherweise mit Argumenten begegnen zu können. Sollte die Academy dafür nicht empfänglich sein, wolle man zeitnah entscheiden, ob ein Ersatzkandidat Sinn mache.
Die ungenauen Regularien für den besten fremdsprachigen Film sind jedes Jahr im Vorfeld der Oscarverleihung ein Zankapfel. Jährlich werden mehrere der eingereichten Filme abgelehnt. Gerade internationale Koproduktionen sorgen in dieser Hinsicht immer wieder für Probleme. Im Verhältnis Deutschland / Österreich ist so vor allem der Fall „Das weiße Band“ bekannt. Für die Oscars 2010 wollten sowohl Deutschland als auch Österreich das Drama des Österreichers Michael Haneke einreichen. Deutschland war am Ende schlicht schneller, sodass „Das weiße Band“ unter deutscher Flagge ins Rennen ging. Damals ließ die Academy den Film zu – nach einer Diskussion, ob er deutsch genug ist…