Die Zuschauerzahlen seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ waren überschaubar - und trotzdem diskutierte Anfang April 2016 das ganze Land darüber, was Satire darf und was nicht. Im Rahmen eines satirischen Beitrags hatte Jan Böhmermann ein Gedicht mit dem Titel „Schmähkritik“ vorgetragen, in dem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit allerlei Obszönitäten bedacht wird. Das ZDF schnitt den Beitrag samt Gedicht aus der Sendung, nachdem die für kurze Zeit in der Mediathek war - und Erdogan ging auf zwei juristischen Wegen gegen Böhmermann vor: Als Privatmann stellte er einen Strafantrag wegen Beleidigung und als Staatsoberhaupt bekam er die Ermächtigung der Bundesregierung, dass gegen Böhmermann auch auf Grundlage von Paragraf 103 StGB ermittelt wird - das ist der sogenannte „Majestätsbeleidigungs“-Paragraf (der abgeschafft werden soll). Beide Anzeigen bleiben offenbar bestehen.
Am Freitag (29. Juli 2016) wurde berichtet, dass Erdogan zahlreiche Klagen als „Zeichen des guten Willens“ zurückziehen wolle. Zuvor war der Präsident wachsender Kritik aufgrund seines antidemokratischen Kurses ausgesetzt, jüngst wegen einer Verhaftungs- und Entlassungswelle gegen tausende Beschäftigte in Verwaltung, Justiz und Medien, denen vorgeworfen wird, den Prediger Gülen zu unterstützen - Gülen wiederum wird für den Putschversuch am 15. und 16. Juli 2016 verantwortlich gemacht. Doch wie Erdogans Anwalt Ralf Höcker am Samstag gegenüber der dpa mitteilte (via wuv.de), beziehe sich Erdogans Ankündigung, Klagen zurückzuziehen, nur auf die Türkei. In Deutschland ändere sich vorerst nichts.
Ebenfalls am Samstag sagte ein ZDF-Sprecher, dass der Sender noch nicht wisse, welche Konsequenzen Erdogans Ankündigung für die Anzeigen gegen Böhmermann habe (via Tagesspiegel). Dessen „Neo Magazin Royale“ ist derzeit in der Sommerpause, Satire-Nachschub gibt’s ab 25. August 2016. Auch eine neue Ausgabe von Böhmermanns Spotify-Podcast mit Olli Schulz - „Fest & Flauschig“ - erscheint erst in ein paar Wochen.