Gedreht wird an diesem supersonnigen Tag am Flughafen in Leipzig, an dem eine zentrale Actionsequenz in der Mitte von „Captain America 3“ stattfinden wird. Nachdem wir das Schild von Cap auch einmal in die Hand nehmen durften (das aus Aluminium für die Nahaufnahmen, daneben gibt es auch noch 29 weitere, etwa welche aus Gummi für die Kampfszenen), sehen wir beim Dreh einer Szene unter einer Eisenbahnbrücke zu: Captain America (Chris Evans), The Falcon (Anthony Mackie) und der Winter Soldier (Sebastian Stan) sitzen eng gedrängt ausgerechnet in einem VW Käfer (!!!) und fliehen vor unbekannten Verfolgern, während sie sich gegenseitig mit trockenen Onelinern aufziehen. Damit ist direkt klar: Trotz der düsteren Superheldenstreitereien wird auch in „Civil War“ – wie von Marvel gewohnt – der Humor ganz sicher nicht zu kurz kommen.
Später am Tag wird auch Daniel Brühl noch eine Szene drehen – als wir ihn im Wohnwagen zum Interview treffen, sind Haare und Make-up bereits fertig, nur sein Kostüm trägt er noch nicht. Aber das versucht er gerade an einem solchen brütend heißen Tag wie heute auch erst so spät wir irgendwie möglich anzuziehen…
Daniel Brühl: Beim Dreh in Atlanta war es extrem heiß und die ganzen Amerikaner haben sich schon gefreut, dass sie jetzt endlich nach Deutschland kommen, weil’s hier kühler ist. Und jetzt herrscht hier eine so unglaubliche Hitzewelle, dass sie schon gesagt haben, sie drehen hier in „Berlanta“ und nicht in Berlin. Wenn das hier jetzt ähnlich schwül und heiß ist, ist das für einige echt nicht einfach, gerade wenn die in diesen Ganzkörperanzügen stecken, das ist schon hart.
FILMSTARTS: Was – wenn überhaupt etwas – darfst du uns denn über deine Rolle verraten?
Daniel Brühl: Ich darf nicht zu viel erzählen, eigentlich darf ich sogar gar nichts erzählen. (lacht) Er ist ein intelligenter, zielstrebiger Kerl, der sehr persönliche Motive hat, die ihn mit den Avengers verbinden. Schon als ich mich das erste Mal mit Kevin Feige getroffen habe, hat er mir erzählt, dass es keine eindimensionale Bösewichtfigur wird – man kann gar nicht sagen, ob er nun „gut“ oder „böse“ ist. Er hat verschiedene Facetten, und das ist das, was mich an ihm interessiert hat – also kein plumper Bösewicht, sondern jemand, der aus einer sehr menschlichen, sehr nachvollziehbaren Motivation heraus handelt.
(Anm.d.Red.: Wegen diesem hohen Grad an Geheimhaltung gibt es auch noch kein einziges Szenenbild mit Daniel Brühl – weshalb auch dieser ganze Artikel leider ohne ein Bild des Interviewten auskommen muss.)
FILMSTARTS: Du hast zwar schon eine Reihe großer internationaler Filme gedreht, aber wie war es für dich, wenn Marvel anruft und sagt: „Komm doch mal vorbei…“
Daniel Brühl: Das ist natürlich schon was anderes. Ich habe noch nie einen Film in dieser Größenordnung gemacht, man fühlt sich da echt wie ein Achtjähriger auf der Kirmes. So ging es mir zumindest an meinem ersten Drehtag in Atlanta, denn es ist alles größer – von den Wohnmobilen angefangen über das Set bis hin zu dieser unglaublichen Liste an Schauspielern. Man kommt da aus dem Staunen gar nicht raus. Vom Spielen her ist es aber manchmal auch ganz schön technisch, denn bei solchen Filmen wird ja jede einzelne Sekunde durchchoreographiert. Es gibt unheimlich viele Effekte, da muss man als Schauspieler plötzlich auch auf ganz andere Dinge achten als bei einem „normalen“ Film. Das war schon sehr lehrreich.
FILMSTARTS: Gab es bei dir trotzdem ein Moment des Zögerns? Denn es ist ja kein Geheimnis – wenn man bei Marvel einmal unterschreibt, dann hängt man da ja auch erst mal für `ne ganze Zeit mit drin…
Daniel Brühl: Ne, ich hatte total Bock auf so ein Projekt! Das erste Gespräch mit Kevin Feige war außerdem großartig, das ist ein ganz kluger, feiner Mann, der auch auf einen eingeht - er und die Russo-Brüder sind bei der Figur auf einige Dinge speziell eingegangen, weil sie mich da schon im Kopf hatten. Das ist auch ein unglaubliches Entgegenkommen – beim Prozess des Schreibens haben sie bei der Figur schon berücksichtigt, wie ich so bin. Insofern habe ich gleich nach dem ersten Gespräch gesagt: „Ich mach das!“ Ich dachte vielmehr andersrum, dass solche Treffen eher nach dem Motto ablaufen: „Ja, ja, großartig!“ – und dann hört man davon nie wieder. Aber zum Glück habe ich bei Marvel dann schon nach einer Woche den Anruf bekommen.
FILMSTARTS: Hattest du vorher schon einen Bezug zu Marvel bzw. Comics im Allgemeinen – oder ist das jetzt gerade komplettes Neuland für dich?
Daniel Brühl: Ich habe natürlich die Filme geschaut – und deshalb hatte ich auch Lust. Es ist ja nicht Grund genug, einfach nur mal was Neues machen zu wollen, man muss es auch mögen, dieses Universum. Ich war von einigen dieser Filme total begeistert – für mich ist das intelligente, sehr spannende Unterhaltung auf allerhöchstem Niveau. Dazu wird in den Filmen auf im Moment relevante Bezüge eingegangen, sehr viel Humor steckt da drin, es sind sehr knackig geschriebene Drehbücher. Bei Comics wäre ich jetzt aber ein Lügner, wenn ich da sagen würde, dass ich total firm wäre. Ich habe als Jugendlicher hier und da mal in einen „Spider-Man“-Comic reingeguckt, aber bin wirklich kein Comic-Nerd. Als die rausgefunden haben, dass ich jetzt hier mitspiele, habe ich netterweise von einem Verlag ein riesiges Monster-Taschenbuch über das Marvel-Universum geschenkt bekommen. Da habe ich drin rumgeblättert und gedacht, wie wahnsinnig viele Figuren es noch gibt, von denen ich noch nie gehört habe. Umso beeindruckter bin ich jetzt von Kevin Feige, der das trotz dieser Komplexität alles zusammenhält.
FILMSTARTS: In Amerika sind ja die Filmteams auch deshalb so groß, weil es von den Gewerkschaften dort so viele Vorgaben gibt. Wenn ihr jetzt mit der Produktion hier nach Europa zieht, bleibt das Team dann so groß oder wird das alles ‘ne Nummer kleiner?
Daniel Brühl: Ich weiß jetzt nicht genau, von außen sieht es aber genauso groß aus. Es kann sein, dass es ein paar weniger sind, aber es bleiben auf jeden Fall eine Menge Leute. Bei solchen Filmen machen ja Spezialeffekte einen riesigen Teil aus und wenn man technisch so zurückgeblieben ist wie ich, dann kapiert man ja auch nicht immer, was die alle machen. Da sieht man immer Leute, die irgendwas messen oder sich irgendwas Komisches angucken, und ich kapier nicht mal im Ansatz, was die tun. Allein diese Abteilung ist ja schon enorm. Irgendwann nimmt man das gar nicht mehr wahr – ich habe auch aufgegeben, mir die Namen von allen zu merken, es sind einfach zu viele.
FILMSTARTS: Wie war denn die Zusammenarbeit mit Scarlett Johansson…
Daniel Brühl: Es gab einmal eine Überschneidung in Atlanta, wo ich sie getroffen habe – und ja klar, sie ist eine tolle Frau, die ich zutiefst bewundere. Gerade weil sie auch eine Schauspielerin ist, die in den Genres immer hin und her springt – sie macht also nicht nur so große Filme wie diesen, sondern auch ganz kleine, ganz abgefahrene Sachen. Wie sie sich karrieremäßig entschieden hat und immer noch entscheidet, finde ich sehr beachtenswert und großartig.
FILMSTARTS: Hast du deinen US-Schauspielkollegen hier in Deutschland schon deine Lieblings-Locations gezeigt?
Daniel Brühl: Ja, wir waren auch schon zusammen feiern. Ich habe mich schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt in Atlanta und gesagt: „Boah, ihr müsst erst mal nach Berlin kommen, da werdet ihr aber staunen!“ Aber leider bin ich jetzt auch nicht der beste Gastgeber, denn ich bin einfach sehr schlecht im Organisieren. Aber ich hab’s schon ein-, zweimal hinbekommen und ich glaub‘, die haben alle ‘ne sehr gute Zeit hier.
FILMSTARTS: Weißt du schon, in welchen anderen Marvel-Filmen du noch auftauchen wirst?
Daniel Brühl: Ne. Ne, ne, ne. Ne.
„The First Avenger: Civil War“ startet am 28. April in den deutschen Kinos!