Am 3. Juli 1985 und damit vor fast genau 30 Jahren kam „Zurück in die Zukunft“ in die amerikanischen Kinos und ein Kult wurde geboren (der deutsche Start war dann 3. Oktober 1985). Über die Jahre wurde vor allem ein Fakt immer wieder diskutiert: Ursprünglich sollte Eric Stoltz („Killing Zoe“, „Pulp Fiction“) die Hauptrolle bekleiden. Der Schauspieler stand nicht nur bereits unter Vertrag, sondern es wurden sogar fünf Wochen gedreht – bis Regisseur Robert Zemeckis und Produzent Steven Spielberg Universal davon überzeugten, Stoltz durch Michael J. Fox zu ersetzen und noch einmal von vorne zu beginnen.
Über die Jahre wurde viel zu dem Thema berichtet (siehe auch ein entsprechendes Special auf der „25th Anniversary Trilogie“-Blu-ray-Edition), die Beteiligten – auch Stoltz – erklärten sich wiederholt zu den Hintergründen, erzählten dabei aber nicht die ganze Geschichte. Bekannt war bislang, dass Michael J. Fox von Anfang an der Wunschkandidat war, durch seine Verpflichtungen für die Sitcom „Jede Menge Familie“ allerdings nicht zu bekommen war. Als Fox dann aber doch verfügbar wurde und man merkte, dass es mit Stoltz nicht so richtig klappt, er nicht den Humor mitbringt, den man wollte, überzeugten Spielberg und Zemeckis Universal-Boss Sid Sheinberg von einem Wechsel. Da Fox nicht unmittelbar verfügbar war, wurden trotzdem übrigens noch mehrere Tage mit dem nichtsahnenden Stoltz weitergedreht – bevor ihm Zemeckis in einem Vier-Augen-Gespräch mitteilte, dass er gefeuert ist.
Die genauen Hintergründe, inwieweit es mit Stoltz „nicht geklappt hat“, enthüllt Caseen Gaines nun in einem neuen Buch mit dem Titel „We Don’t Need Roads: The Making Of The Back To The Future Trilogy”. Die Kollegen von Vulture haben nun einige Auszüge daraus veröffentlicht. Gaines interviewte ausführlich die damaligen Beteiligten, die ihm erklärten, dass der bislang immer wieder genannte falsche Ton (die fehlende Komik) nur ein Teil des Problems war. Daneben kam es auch zu einigen Differenzen mit Eric Stoltz am Set.
Das große Problem sei gewesen, dass Stoltz mit zu viel Ernst an die Sache herangegangen sei. Er habe ein Method Actor in der Tradition von Al Pacino und Robert De Niro sein wollen und es damit übertrieben. Der Schauspieler habe sich von seinen Kollegen zum Beispiel nur Marty nennen lassen. So erzählt Produzent Neil Canton, der die Aufgabe bekam, Christopher Lloyd über den Darstellerwechsel zu informieren, eine passende Anekdote: „Als ich Chris erzählt habe, dass wir Eric ersetzen, hat er mich nur angeschaut und gefragt: ‚Okay, aber wer ist Eric?‘ Ich antwortete: ‚Marty‘, und er sagte nur: ‚Oh, ich dachte, der heißt wirklich Marty.‘“ Bis heute wisse er nicht, ob Lloyd ihn nur verarscht habe, so Canton, aber er habe ihn damit zum Lachen gebracht und seine Aufgabe leichter gemacht, den Rest des Casts zu informieren.
Nicht alle nahmen Stoltz‘ Method-Acting-Extravaganzen, die an die heutigen Berichte über einen Shia LaBeouf erinnern, mit so viel Humor wie sein Co-Star. Die Mehrheit der Crew sei genervt davon gewesen, dass der Schauspieler sich geweigert habe, auf seinen richtigen Namen zu antworten. Thomas F. Wilson, der in „Zurück in die Zukunft“ Marty McFlys großen Rivalen Biff Tannen spielt, war auf den Schauspielkollegen besonders schlecht zu sprechen. Die Ursache liegt dafür im Dreh der bekannten Cafeteria-Szene, in der Marty seinen Rivalen schubst. Method-Actor Stoltz habe sich geweigert, die Szene zu „spielen“ und es auf eine richtige handfeste Auseinandersetzung angelegt, bei der er seinen Co-Star sogar leicht verletzt hat.
Eine der wenigen Kollegen, die in den Auszügen aus Gaines’ Buch auch gute Worte über Eric Stoltz verliert, ist Co-Star Lea Thompson (die Darstellerin von Lorraine Baines): „Für mich war es hart, weil ich mit Eric wirklich befreundet war“, erklärt sie heute ihre damalige Gefühlslage. Sie kann die Entscheidung aber verstehen: „Es war nicht der richtige Film, um sich so zu geben. Eric war so intensiv. Er sah Drama in allen Dingen. Er war kein Komiker, aber sie brauchten einen Komiker. Er ist im wahren Leben wirklich richtig lustig, aber er geht so nicht an seine Arbeit heran. Aber sie brauchten jemanden, der diese Fähigkeit hat.“
Wie belastet die Atmosphäre am Set durch Eric Stoltz aber wirklich war, zeigt die Erzählung der großen Verkündung der Nachricht an alle Crew-Mitglieder. Robert Zemeckis habe, nachdem in Einzelgesprächen die wichtigsten Darsteller kurz vorab informiert worden, eine Versammlung mit allen Beteiligten abgehalten und angekündigt, eine gute und eine schlechte Nachricht zu haben. Er liefere die schlechte Nachricht zuerst: „Wir müssen einen großen Teil des Films noch einmal drehen, weil wir einen neuen Marty haben: Michael J. Fox!“ Zemeckis sei vor diesem Moment angst und bange gewesen, weil er gefürchtet habe, dass die Crew verärgert reagieren könnte. Auf seine Ankündigung habe allerdings dann jemand aus der Menge gerufen: „Das ist ganz sicher keine schlechte Nachricht!“
Obwohl übrigens die Schauspieler und Crew-Mitglieder erst informiert wurden, dass Stoltz gefeuert wurde, als es wirklich soweit war, ahnten sie vorher schon etwas. So erklärt Kameramann Dean Cundey, dass es ihn in den Tagen davor immer öfter gewundert habe, wie einzelne Szenen aufgenommen wurden. Da wurde dann von einer Szene mit Marty und Doc nur der Blickwinkel gedreht, bei dem Doc von vorne zu sehen ist. Wenn er dann Regisseur Robert Zemeckis gefragt habe, ob man nicht jetzt den anderen Blickwinkel gleich mitdrehen wolle, habe er immer nur gesagt: „Nein, nein, mach dir darum mal keine Sorgen.“
Die „Zurück in die Zukunft“-Trilogie ist Kult – auch dank Michael J. Fox in der Hauptrolle. Im Nachhinein war es daher eine sehr riskante, sehr ungewöhnliche, sicher auch für manchen nicht erfreuliche Entscheidung, aber wohl die richtige…