Der letzte 007-Film „Skyfall“ ist nicht nur einer der besten Teile der Reihe (4,5 Sterne von FILMSTARTS), sondern hat auch als erstes Bond-Abenteuer überhaupt weltweit mehr als eine Milliarde Dollar eingespielt. Kein Wunder also, dass der oscargekrönte Regisseur Sam Mendes („American Beauty“) seinen Nachfolger direkt mit einem Paukenschlag eröffnen will – und so haben sich an diesem regnerischen Freitag 1.500 Statisten auf dem Zócalo Platz mitten in Mexiko-Stadt versammelt, um die Eröffnungssequenz von „Spectre“ (Kinostart: 5. November 2015) abzudrehen. Das 007-Franchise ist längst legendär für seine Pre-Credit-Sequenzen – aber diesmal wollen die Macher sogar noch einen drauflegen. Zumindest spricht Produzent Gregg Wilson uns gegenüber ohne jede falsche Bescheidenheit von der „aufwändigsten Sequenz in einem Bond-Film überhaupt“.
Zwischen riesigen Totenköpfen aus Pappmaschee, die bei jedem Regenschauer schnell abgedeckt werden, setzen sich die als Klapper-Skelette und Horror-Bräute kostümierten Statisten (1,5 bis 2,5 Stunden dauert das Make-up pro Person) jedes Mal tanzend in Bewegung, wenn es aus dem Megafon „Action“ schallt: In diesem Jahr findet der Tag der Toten (Karneval trifft Halloween) statt im November zumindest auf dem Zócalo schon Ende März statt – das kolportierte 300-Millionen-Dollar-Budget von „Spectre“ macht es möglich (damit wäre er ürigens in der Top 10 der teuersten Filme aller Zeiten).
Dank Bond findet der Tag der Toten dieses Jahr acht Monate früher statt als sonst.
Auf unsere Nachfrage, ob sie für die Szene denn jeden Kostümshop in Mexiko leergekauft habe, reagiert Kostümdesignerin Jany Temime (sechs Oscar-Nominierungen, alle für „Harry Potter“-Filme) fast ein wenig pikiert:
„Nein, wir haben nichts gekauft, das ist alles selbstgemacht. Wir haben sehr früh angefangen und schon im August einen Workshop hier in Mexiko errichtet. Der Stoff kommt aus London, die Designs stammen von uns – aber hergestellt wurden die Kostüme alle hier vor Ort. Wir hatten allein 20 schrecklich talentierte mexikanische Designer, deren einzige Aufgabe es war, alle Arten von Skeletten zu entwerfen – jeden Tag für fünf Monate. Dazu kommen dann noch 450 Masken und die ganzen Brautkleider.“
Besonders begeistert sind wir von einem am Set ausgestellten Hochzeitskleid, bei dem man erst auf den zweiten Blick erkennt, dass es nur aus Strohhalmen besteht (siehe Foto unten). Ein wahnsinniger Aufwand, gerade wenn man bedenkt, dass die Kleider „nur“ in einer Massenszene im Hintergrund zu sehen sind. Aber Temime erklärt uns, warum solche ausgefallenen Designs einfach dazugehören:
„Viele Mexikaner haben nicht so viel Geld, also benutzen sie ihre Phantasie, um trotzdem spektakuläre Kostüme für den Umzug zu kreieren. So habe ich im Internet etwa das Bild eines jungen Mädchens entdeckt, das sich ein Kleid nur aus Plastiktellern und – bechern gebastelt hat. Das haben wir aufgegriffen – und jetzt gibt es dieses Kleid nur aus Plastikstrohalmen.“
Ein Hochzeitskleid aus Plastikstrohalmen – am Set von „Spectre“.
Von unserem Ausblick auf der Terrasse des Gran Hotel erblicken wir den italienischen Schauspieler Alessandro Cremona, der sich immer wieder hektisch umherblickend einen Weg durch die feiernde Masse in Richtung eines Helikopters zu bahnen versucht (eine detaillierte Beschreibung der kompletten Eröfnungssequenz haben wir hier schon vor einigen Tagen veröffentlicht). Am Vormittag ist derselbe Helikopter bereits durch die engen Gassen der Altstadt gesaust. Am Steuerknüppel: der von Red Bull gesponserte Stuntpilot Chuck Aaron, der hier zum ersten Mal in seiner Karriere an einer Spielfilmproduktion mitwirkt.
Wie uns Set-Publizistin Heather Callaw verrät, sind die hier vor Ort vollführten Helikopterstunts nur der Anfang: Weil Mexiko-Stadt in einer Höhe von 2.300 Metern gelegen ist, werden die spektakuläreren Stunts später zehn Stunden außerhalb der Stadt in einer niedrigeren Höhenlage (und damit weniger dünnen Luft) gedreht. Und da darf das Publikum durchaus noch einiges erwarten: Aaron ist nämlich der einzige Pilot der Welt, dem es versicherungstechnisch erlaubt ist, einen 360 Grad Looping mit einem Helikopter zu fliegen.
Mexikanisches Bond-Girl: Stephanie Sigman verdreht 007 den Kopf!
Während uns die Eröffnungssequenz nahezu Einstellung für Einstellung verraten wird, gilt für den Rest des Projekts auch bei unserem Besuch am Set die höchste Geheimhaltungsstufe: Immerhin weiß zum Beispiel noch immer niemand außerhalb der Produktion hundertprozentig sicher, dass Christoph Waltz tatsächlich Kult-Bösewicht Blofeld verkörpert (offiziell heißt seine Rolle Oberhauser). Und so lautet dann auch nahezu jede zweite Antwort des Tages: „Nein, dazu darf ich nichts sagen.“ Nicht einmal, ob das Spectre-Hauptquartier eher bodenständiger oder wie in den klassischen Bond-Filmen total over the top aussehen wird, können wir aus Produktionsdesigner Dennis Gassner herausbekommen.
Am Tag darauf treffen wir die Schauspieler Daniel Craig, Léa Seydoux, Dave Bautista und Christoph Waltz zu Interviews – allerdings haben wir ein Embargo unterschrieben, weshalb wir diese noch nicht veröffentlichen dürfen. Ob wir aus den Schauspielern ein wenig mehr herauskitzeln konnten als aus den Machern, erfahrt ihr dann Anfang Oktober hier auf FILMSTARTS.