Während die meisten anderen Schauspieler zwischen zwei Takes ganz informell rüberkommen, um sich mit uns für ein paar Minuten zu unterhalten (--> zu unserem ausführlichen Setbericht), läuft bei Charakterkopf und Geek-Legende Ian McKellen (Gandalf & Magneto!) nichts einfach so husch husch zwischendurch. Stattdessen kommt er nach dem Ende des Drehtags abgeschminkt und frischgeduscht. Außerdem lässt er sich vor jeder Antwort viel Zeit, denn der 75-Jährige haut nicht einfach nur Marketing-Phrasen raus, wenn er über seine Rückkehr nach Mittelerde, den Wechsel auf dem Regiestuhl und die ständigen Verwechslungen mit Dumbledore spricht…
FILMSTARTS: Hast du nach dem Ende von „Der Herr der Ringe“ je daran gedacht, noch einmal in die Rolle von Gandalf zu schlüpfen?
Ian McKellen: Nein, ich denke nicht. Natürlich gab es damals bei „Herr der Ringe“ eine ganze Zeit lang Witze darüber und wir haben nach den zweieinhalb Jahren Dreharbeiten gescherzt: „Na klar, natürlich drehen wir jetzt auch gleich noch den ‚Hobbit‘“. Erst einige Jahre später haben wir dann gehört, dass sie den Film vielleicht machen wollen. Allerdings mussten sie dafür erst einmal die Rechte bekommen, das hat auch eine ganze Zeit gedauert. Es war also ein stufenweiser Prozess und es hat mir erst nach und nach gedämmert, dass es wohl tatsächlich passieren wird.
FILMSTARTS: Gab es denn bei dir überhaupt jemals Zweifel, dass du wieder mit dabei sein wirst?
Ian McKellen: Oh ja, natürlich. Zunächst sollte Guillermo del Toro den Film inszenieren und ich hätte gern mit ihm zusammengearbeitet. Ich war gerade mit „König Lear“ auf Tour hier in Neuseeland, als ich Guillermo in seinem Haus an der Küste getroffen habe und er mir sagte, dass ich wieder Gandalf spielen solle. Ich habe zugesagt, wir haben neun Monate über das Skript diskutiert und dann hat er das Projekt verlassen. Als nächstes hat Peter Jackson die Regie wieder übernommen. Und würde ich wieder mit ihm arbeiten? Ja, klar! Aber dann ist er wieder ausgestiegen, wegen irgendeiner Streiterei. An dem Tag, an dem sein Ausstieg öffentlich wurde, schrieb er mir eine sehr nette E-Mail, in der stand, dass er sich dennoch niemand anderen in der Rolle vorstellen könne und dass ich es trotzdem machen müsse. Aber so sehr habe ich mich ihm nicht verpflichtet gefühlt und während des ganzen Hin und Her habe ich über viele Gründe nachgedacht, warum es gar nicht so schlimm wäre, wenn es nicht klappt. Als dann das tatsächliche Angebot kam, war es deshalb eine echte Entscheidung, denn eigentlich wollte ich nicht wieder solange weg von Zuhause leben. Aber dann hat mir ein guter Freund gesagt: „Ian, du musst das machen für all die Kinder da draußen, die dich als Gandalf sehen wollen.“ Das hat am Ende den Ausschlag gegeben, wirklich.
FILMSTARTS: Nach so vielen Jahren als Gandalf, schlaucht da eine solche Schlachtszene wie heute nicht besonders?
Ian McKellen: Natürlich bin ich älter als damals, als alles losging. Ich erinnere mich noch an mein erstes Treffen mit Christopher Lee und wie ich dachte: „Oh, das ist aber ein sehr alter Mann. Ich hoffe, er schafft es bis zum Ende des Films.“ Und hier sind wir nun, ich nicht viel jünger als er damals. Ich habe also das Recht, mich schlapp zu fühlen am Ende des Tages. Ich sehe diese Jungspunde, wie sie die Szenen wieder und wieder wiederholen und so werde ich konstant an Dinge erinnert, die einst kein Problem waren, die ich aber heute nicht mehr machen kann. Zugleich sind Dreharbeiten aber auch immer eine erfrischende Erfahrung für mich. Ihr müsst euch um Schauspieler sowieso keine Sorgen machen, sie haben beim Film einen sehr leichten Job. Man muss zwar früh aufstehen, wird dann aber sehr gut umsorgt.
FILMSTARTS: Fühlst du dich denn ein Stück weit als Mentor für die jüngeren Schauspiel-Kollegen?
Ian McKellen: Nein, gar nicht. Ich habe meine Lektion gelernt, nicht bei diesem Film, sondern bei einem anderen. Dort dachte ich, ich würde helfen, wenn ich ein Problem erkenne, mit dem ich früher selbst zu kämpfen hatte und wo ich einen Rat geben könnte. Aber solcher Rat wurde nicht immer willkommen geheißen. Inzwischen ist es sogar eher andersrum. Ich schaue mir diese jungen Leute an und denke: „Wie spielen sie nur so gut?“ Martin Freeman ist ein superber Schauspieler und er weiß viel mehr über die Schauspielerei, als ich in dem Alter wusste. Das ist eines der schönen Dinge bei der Schauspielerei, man arbeitet mit Kollegen jeden Alters und alle sind gleichwertig. Oft spielen ja sogar die Jungspunde die Hauptrolle und dann ist es meine Aufgabe, so unaufdringlich wie möglich zu sein.
FILMSTARTS: Die Dreharbeiten am „Hobbit“ gehen langsam zu Ende – wirst du Mittelerde vermissen oder ist das sogar eher eine Erleichterung?
Ian McKellen: Es ist eine Erleichterung, ich habe genug getan. Aber ich werde Gandalf nie hinter mir lassen, denn wo immer ich hingehe, gibt es Menschen, die ihm „Hallo“ sagen wollen. Es ist sehr ungewöhnlich für mich, dass ich nun mit einem Charakter verbunden werde, den die Menschen treffen und über den sie reden wollen. Zum Glück haben sie aber auch immer ein wenig Angst vor ihm, denn sie wissen nicht genau, was er alles mit ihnen anstellen könnte. Ich bin also nicht der gute Kumpel, mit dem man alles machen kann, die Leute sind bei Gandalf immer sehr respektvoll. Dasselbe gilt übrigens auch für Magneto.
FILMSTARTS: Apropos: Für die junge Generation wirst du für immer Gandalf und Magneto bleiben. Wie findest du das?
Ian McKellen: Ich weiß, dass Alec Guinness es gar nicht mochte, dass die meisten Leute ihn als sein Charakter aus „Star Wars“ kannten. Aber mir macht es nichts aus, mit Gandalf assoziiert zu werden. Außerdem treffe ich immer noch genügend Leute, die „Der Herr der Ringe“ gar nicht gesehen haben, aber dafür andere Dinge, die ich gedreht habe. Wenn das eine Schrott-Reihe wäre oder ich den Charakter nicht ausstehen könnte, dann wäre das schon ein bisschen nervig, aber so kann ich mich nicht beschweren. Als Schauspieler darf man hoffen, dass man Arbeit findet und bezahlt wird, alles andere ist eh nur ein Bonus.
FILMSTARST: Ian, vielen Dank für alles, was du für „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ geleistet hast, es war uns eine Ehre…
Ian McKellen: Aber wisst ihr, wer erinnert sich denn heute noch daran, dass Dumbledore nicht immer von Michael Gambon gespielt wurde? Es hätte also auch genauso gut John Hurt den Gandalf im „Hobbit“ spielen können. Oder gleich Michael Gambon – der hätte sogar im Dumbledore-Make-up kommen können, das sieht nämlich exakt so aus wie das von Gandalf. Ich glaube sogar, dass er absichtlich versucht, genauso auszusehen wie ich.
FILMSTARTS: Wir haben gehört, dass Leute euch beiden immer wieder verwechseln und dass Michael Gambon deshalb Autogramme schon mal mit „Gandalf“ unterschreibt…
Ian McKellen: Er hat mit „Ian McKellen“ unterschrieben. Ich könnte das allerdings niemals machen, ich bin mir nämlich nicht sicher, wie man „Michael Gambon“ korrekt schreibt.
„Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere“ startet am 10. Dezember in den deutschen Kinos!