Viele kennen und lieben die Komikertruppe Monty Python für ihren einzigartigen Humor und nicht zuletzt für ihre schrägen Filme, darunter „Das Leben des Brian” von 1979. Die meisten der Mitglieder wirkten auch unabhängig von der Gruppe, viele der Werke wie z. B. „Time Bandits” oder „Ein Fisch namens Wanda” genießen bis heute Kultstatus.
So auch Terry Gilliam, der sich mit absurden und surrealistisch-visionären Filmen nochmals einen ganz eigenen Namen machte: Filme wie „12 Monkeys” und „Fear and Loathing in Las Vegas” werden nach wie vor zu Recht verehrt. Seine Filme zeichnen sich oftmals durch eine bissige Note, einen satirischen Unterton aus, wobei sie an der Grenze des Grotesken kratzen. So auch „Brazil” von 1985.
„Brazil” ist eine satirische Dystopie irgendwo zwischen „Metropolis”, „Blade Runner” und Kafka – eine Verquickung von Albtraum und Traum, von Darkness und Glitzer, die ihr euch meiner Meinung nach auf keinen Fall entgehen lassen solltet. Aktuell könnt ihr den Film auf Apple TV+ leihen oder kaufen. Alternativ findet ihr die Blu-ray fürs Regal günstig auf Amazon*.
Ein Beamter auf Abwegen
Sam Lowry (Jonathan Pryce) ist ein kleiner Beamter des „Informationsministeriums” in einer überbürokratisierten dystopischen Welt, die von totaler Überwachung geprägt ist. Er träumt von einem Leben jenseits der strikten Regularien und der monotonen Arbeit, in dem er als Held eine mysteriöse Frau rettet. Sein Leben nimmt eine Wendung, als er Jill Layton (Kim Greist) begegnet, einer Frau, die exakt seiner Traumgestalt entspricht.
Ihre Wege kreuzen sich, als Sam mit der Nachbearbeitung eines bürokratischen Fehlers betraut wird: Anstatt des Heizungsinstallateurs Tuttle (Robert De Niro) wird der Familienvater Buttle verhaftet und zu Tode gefoltert. Jills Verbindung zu einem vermeintlichen Terroristen bringt Sam ins Visier der allmächtigen Behörden. Während er versucht, Jill zu retten, gerät er immer tiefer in die Albträume eines Systems…
Die Dystopie der Bürokratie
„Brazil” stellt sich ein in eine Reihe prominenter dystopischer Werke: Die Nähe zu Orwells „1984”, der Dystopie zu Überwachung und totalitären Systemen schlechthin, ist unverkennbar. Auch Kafkas Einflüsse sind deutlich zu spüren: Sicher nicht ohne Grund ist es ein Käfer, der für die Verwechslung Tuttles und Buttles überhaupt erst verantwortlich ist. Auch die Bürokratie, die hier ad absurdum geführt wird, kommt stark kafkaesk daher:
Das System in „Brazil” ist nicht nur repressiv, sondern dazu noch absurd ineffizient. Das Ergebnis ist eine Groteske bürokratischen Ausmaßes, die nicht nur das Scheitern von Systemen offenbart, sondern auch zeigt, wie Bürokratie das Individuum und seine Träume im Keim erstickt, es sogar in den Wahnsinn treiben kann.
Stilistisch ist die Welt von „Brazil” für mich ein wahrer Augenschmaus. Futurismus trifft hier auf Anachronismus in einer Welt, die von Technologisierung und Entmenschlichung geprägt ist. Ständig winden sich Schläuche und Rohre durchs Bild, Häuserschluchten und expressionistische Architekturen à la „Metropolis” ragen auf. Das Set-Design ist eine wilde Mischung aus Steampunk und Expressionismus und erschlägt einen beinahe in jeder Einstellung.
„Brazil” ist ein Werk, das mich gleichermaßen heraus- wie auch überfordert: In Optik, Tempo und stets vorherrschender Gesellschaftskritik. Und doch ist es ein visionäres Meisterwerk, das trotz (oder gerade wegen) seiner narrativen Herausforderungen entlohnt – nicht zuletzt mit einem grandiosen Auftritt De Niros als Heizungsinstallateur-Revoluzzer.
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