Eine finstere Zukunft, in der die Menschheit das Klima völlig gegen die Wand gefahren hat und sich in einen Zug zurückziehen muss, der den Globus umrundet: Das ist eine Prämisse, die sich als erstaunlich ergiebig erwiesen hat. Aus der post-apokalyptischen Graphic Novel „Schneekreuzer“ wurden sowohl ein herausragend besprochener Film als auch die Serie „Snowpiercer“ mit Jennifer Connelly.
Die hierzulande bei Netflix beheimatete Sci-Fi-Serie generierte solide Kritiken – doch an den zuvor entstandenen Film kommt sie partout nicht heran. Wie großartig „Snowpiercer“ ist, davon könnt ihr euch heute Abend im TV überzeugen: Der Film läuft heute, am 24. November 2024, ab 22.25 Uhr auf RTL Zwei. Wer ihn dort verpasst hat, kann ihn z.B. im Abo von Netflix nachholen.
"Snowpiercer": Verrückte, fiese Sci-Fi-Action in einer eisigen Zukunft
Die Menschheit will die globale Erwärmung aufhalten, indem sie einen künstlichen Wintereinbruch provoziert – mit fatalen Folgen: Die Erde stürzt in eine neue Eiszeit, sämtliche gesellschaftliche Strukturen brechen zusammen. Die wenigen Überlebenden versammeln sich in einem 650 Meter langen Zug, der unaufhörlich die Erde umrundet. In diesem Zug herrscht eine strenge Hierarchie: Im hinteren Zugteil stapeln sich die Armen unter grausigsten Bedingungen, in den vorderen Waggons leben wenige Wohlhabende in Saus und Braus.
Als Curtis (Chris Evans) und Edgar (Jamie Bell) einen Aufstand planen, um den Zugerfinder und Herrscher Wilford (Ed Harris) zu stürzen, holen sie sich Hilfe beim inhaftierten Sicherheitsspezialisten Namsoong (Song Kang-ho) – und erfahren alsbald zahlreiche schreckenerregende Wahrheiten über das System, in dem sie leben... Was folgt, ist kreative Action, die im FILMSTARTS-Ranking auf Platz 35 der besten Actionfilme aller Zeiten landete, und im FILMSTARTS-Ranking der besten Sci-Fi-Filme auf Rang 62!
Die besten Actionfilme aller ZeitenBevor sich Bong Joon-ho in seinem vielfach preisgekrönten Satire-Thriller „Parasite“ dem Gefälle zwischen Arm und Reich widmete, packte er dieses Thema bereits auf großartige Weise in „Snowpiercer“ an: Gemeinsam mit Co-Autor Kelly Masterson kreierte der südkoreanische Spitzen-Regisseur eine sehr offensichtliche, aber auch extrem scharfsinnige Gesellschaftsparabel:
In „Snowpiercer“ wird die Sozialleiter sozusagen von der Vertikalen in die Horizontale gekippt – viele Menschen mit wenigen Mitteln sorgen mit ihrer Leistung und (unfreiwilligen) Aufopferung für die Aufrechterhaltung eines Systems, von dem eine kleine Handvoll profitiert. Das ist als Kritik am Kapitalismus, an Selbstsucht und oppressiven Regimes keinesfalls neu, doch selten wurde so mitreißend, einfallsreich und scharfsinnig Salz in die Wunde gestreut wie in „Snowpiercer“.
Bong Joon-ho skizziert eine durchgeknallt-abgeschmackte Zukunft, die nicht nur dem eklektischen Cast, zu dem auch Tilda Swinton, Octavia Spencer und Alison Pill gehören, in die Karten spielt. Denn das Ensemble, das in dieser beißend-bösen Dystopie markant aufspielen darf, tummelt sich in einer unberechenbaren Filmwelt: Fast jeder Waggon bringt eine neue Bild- und Klangästhetik mit sich, sodass man nie weiß, was als nächstes passiert. Sicher ist nur, dass der Sozialkommentar immer intensiver wird und alle paar Minuten denkwürdige Action zu erwarten steht.
Von dynamischen Nahkämpfen voller Wucht über malerisch-blutige Einsätze von Äxten und Messern, hin zu temporeichen Schießereien und poetischen, aber auch etwas skurrilen Atempausen: „Snowpiercer“ ist eine Action-Wundertüte in einem unaufhaltsamen Sci-Fi-Vehikel, das mit Nachdruck und Verstand wichtige, unschöne Beobachtungen in unseren Verstand hämmert. Das sollte man gesehen haben – und man wird es danach so schnell nicht wieder vergessen!
Das Warten auf den nächsten Film von Bong Joon-ho ist indes wieder etwas länger geworden:
Langes Warten auf "Mickey 17": Science-Fiction-Highlight mit Robert Pattinson verschoben – und das nicht zum ersten Mal!Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels anlässlich einer erneuten TV-Ausstrahlung.