Wenn es um das Erfolgsgeheimnis von „Fluch der Karibik“ geht, werden zwei Namen zu selten genannt. Denn der Piraten-Blockbuster lebt auch von den beschwingt-neckischen Dialogen des Autoren-Duos Ted Elliott & Terry Rossio. Dasselbe Duo verantwortete zuvor den spritzigen Disney-Klassiker „Aladdin“ – und ein Film ist quasi das Bindeglied zwischen diesen Hits:
„Der Weg nach El Dorado“ vereint das Abenteuer-Spektakel von „Fluch der Karibik“ mit dem beschwingt-trickreichen Flair von „Aladdin“. Herausgekommen ist ein gewitzter Zeichentrick-Abenteuerfilm aus der „Shrek“-Schmiede DreamWorks Animation, der zwar an den Kinokassen enttäuschte, aber immenses Kultpotential beweist. Falls ihr ihn nachholen oder eure Erinnerung auffrischen möchtet: „Der Weg nach El Dorado“ ist auf diversen Portalen als VOD erhältlich – etwa bei Amazon Prime Video.
"Der Weg nach El Dorado": Hier sind die Szenendiebe die Stars!
Die Kleinganoven Tulio (Stimme im Original: Kevin Kline / Stimme in der deutschen Synchro: Arne Elsholtz) und Miguel (Kenneth Branagh / Stefan Gossler) manövrieren sich ständig in brenzlige Situationen. Bloß durch Raffinesse, Draufgängertum und Betrug können sie sich aus ihnen befreien, nur um prompt in neuen Trubel zu stolpern. So landen sie auf dem Schiff des grausamen Captain Cortez (Jim Cummings / Klaus Sonnenschein) und finden zufällig den Weg ins geheimnisumwitterte El Dorado!
Dort werden die Halunken unwissentlich zum Spielball des intriganten Hohepriesters Tzekel-Kan (Armand Assante / Lutz Riedel). Derweil droht ihre Freundschaft an unterschiedlichen Zukunftsplänen zu zerbrechen. Doch als Tulio und Miguel dämmert, welche Gefahren auf sie zukommen, müssen sie sich zusammenreißen und mit der gewitzten Eingeborenen Chel (Rosie Perez / Anke Reitzenstein) fürs Gute kämpfen. Oder wenigstens dafür, es sich weiter gut gehen lassen zu können!
Die Initialzündung für „Der Weg nach El Dorado“ war eine Feststellung: In vielen Zeichentrickfilmen ist die Hauptfigur ein zahmes Naturell, das von frechen, rumpeligen Nebenfiguren überschattet wird. Darum beschlossen Elliott und Rossio, ein Abenteuer zu schreiben, in dem zwei charismatische, flegelhafte Lausbuben im Fokus stehen, die sonst damit beschäftigt wären, einer braven Figur das Rampenlicht zu stehlen.
Als Inspirationsquelle diente zudem die siebenteilige „Road To ...“-Filmreihe mit den Hollywood-Legenden Bing Crosby und Bob Hope: Darin bereisen Hope und Crosby als befreundete, schlitzohrige Chaoten ferne Länder, wo sie Liebe finden, Lieder singen und für Rummel sorgen, der die Konventionen des Abenteuerkinos durch den Kakao zieht.
Eine waschechte Chaos-Produktion...
So pfiffig die Idee, so tumultartig die Produktion: Wiederholt kam es zwischen den Autoren, der Regie und dem Studio zu Unstimmigkeiten darüber, wie verlogen die Hauptfiguren sein sollten, wie anzüglich der Humor sein darf und wie dramatisch die locker-flockig beginnende Story im Verlauf werden muss.
Im Zuge dessen wurden der Plot sowie die Songeinlagen (geschrieben von Tim Rice und Elton John) mehrmals umgekrempelt, weshalb nach jahrelanger Arbeit die ursprünglichen Regisseure hinschmissen: „Aladdin“-Zeichner Will Finn, der mit „Der Weg nach El Dorado“ sein Regiedebüt absolvieren wollte, und „Die Simpsons“-Veteran David Silverman. An ihrer Stelle stellten „Pocahontas“-Effektkünstler Don Paul und „Asterix – Operation Hinkelstein“-Zeichner Bibo Bergeron den Film fertig – als kunterbunte Komödie, die Konventionen des Abenteuerkinos raffiniert unterläuft und pointiert zuspitzt.
...deren Ergebnis sich sehen lassen kann!
Der Kinoeinsatz schien dieses Chaos abzustrafen: Mit einem weltweiten Einspielergebnis von 76,4 Millionen Dollar wurde das Budget von 95 Millionen Dollar nicht einmal im Ansatz wieder eingenommen. Doch der stressigen Entstehung zum Trotz ist „Der Weg nach El Dorado“ ein ungeheuerlich vergnügliches Animationsabenteuer, weshalb es im Heimkino ein inniges Publikum fand.
In Social Media ist der Film nunmehr allgegenwärtig, da seine Fans kaum eine Gelegenheit ausschlagen, die quirlig-bissigen Dialoge zu zitieren oder die spritzige Interaktion zwischen Tulio und Miguel als GIF aufleben zu lassen. Später, verdienter Ruhm, der hoffentlich noch mehr Leute dazu bringt, „Der Weg nach El Dorado“ nachzuholen – denn der Film bietet mehr, als seine Internetprominenz erahnen lässt.
Neben der glaubwürdig-spaßigen Tunichtgut-Freundschaft im Mittelpunkt, bei der die Handschrift der „Aladdin“- und „Fluch der Karibik“-Macher voll zur Geltung kommt, glänzt insbesondere der Look: Die atemberaubenden Hintergründe wurden durch eine Verschmelzung klassischer Zeichentrickmethoden und digitaler Arbeitsschritte erzeugt. Daher vereinen sie auf erstaunliche Weise farbenfrohe, verspielt-malerische Einfälle mit realistischem Abenteuer-Flair.
Für den zusätzlichen Kick Abenteuerspaß sorgen eingestreute, peppige Actionszenen wie ein temporeicher, fescher Sport-Wettstreit oder der feurige Kampf unserer Hauptfiguren mit einer lebendigen Jaguarstatue. Und „Drachenzähmen leicht gemacht“-Komponist John Powell sowie Hans Zimmer, der auch der „Fluch der Karibik“-Reihe seinen Stempel aufdrücken sollte, untermalen diesen stylischen Dschungeltumult mit temperamentvoll zwischen Hollywood-Nostalgie, warmen Südamerika-Anklängen und Synthie-Power schwingender Instrumentalmusik.
Da kommt so verwegen-gewieftes Abenteuerflair auf, dass es formidabel das Warten auf neue Geschichten aus der verfluchten Karibik versüßt! Und wenn ihr lieber ein brachiales Südamerika-Abenteuer sehen möchtet, ist folgender Streaming-Tipp sicher genau euer Ding:
Heute Abend streamen: Ein brachial-bildgewaltiges Historien-Abenteuer, das unter die Haut geht!Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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