Als Karl Lagerfeld im Jahr 2019 starb, hatte er nicht nur als einer der wenigen deutschen Modedesigner weltweit Anerkennung erlangt, er hatte etwas für ihn völlig Unerwartetes geschafft: Mit dem Alter zunehmend als Persönlichkeit abseits des Modezirkus wahrgenommen zu werden, gerade unter denen, die für Mode sonst wenig übrig haben.
Dem Zeitgeist gegenüber stets offen und doch eigensinnig kritisch, dazu mit einem trockenem, hanseatischen Humor gesegnet, war er zuletzt doch noch in seiner alten Heimat Deutschland angekommen – aus der er einst aufbrach, um die Modewelt zu erobern, nach Paris. Die Serie „Becoming Karl Lagerfeld“ widmet sich seinem Pariser Leben zwischen den Jahren 1971 und 1981, seiner Aufstiegszeit, an dessen Ende er zu Chanel wechselte, und ist bei Disney+ zu sehen:
Karl (Daniel Brühl) ist zu jener Zeit als „Söldner des Prêt-à-Porter“ bekannt, sehr talentiert und künstlerisch geschätzt, doch von der Haute Couture im Allgemeinen belächelt. Die Autor*innen Isaure Pisani-Ferry, Dominique Baumard, Jennifer Have und Nathalie Hertzberg wollen aber vor allem zeigen, wer dieser Karl, der stets voller Arbeitseifer seine Mode für sich sprechen ließ, im Inneren ist.
Schon in der ersten Folge der Serie, die auf der Biografie „Kaiser Karl: The Life of Karl Lagerfeld” von Raphaëlle Bacqué basiert, trifft Karl Lagerfeld auf Jacques de Bascher (Théodore Pellerin), einen jungen französischen Dandy und Mitglied des Pariser Jetsets, der ihn charmant und stürmisch umwirbt. Karl lässt sich auf den jungen Mann ein, bleibt aber gleichzeitig unnahbar. Diese Beziehung, und was sich aus ihr ableiten lässt, steht im Mittelpunkt der Serie.
Alex Lutz als Karls Kontrahent Pierre Bergé und vor allem Arnaud Valois als Yves Saint Laurent begeistern in ihren Darstellungen, und Sunnyi Melles („Triangles of Sadness“) zeigt als Marlene Dietrich hochintensive Schauspielkunst. Ihr finales Aufeinandertreffen mit Lagerfeld ist ein Höhepunkt von „Becoming Karl Lagerfeld“.
Doch auch optisch macht die Produktion ordentlich was her, hier wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt, genauso, wie es auch auf einer Modenschau der Haute Couture üblich ist. Unter den Regisseur*innen Audrey Estrougo und Jérôme Salle gelingt der Serie ein beeindruckender Einblick in die modische Ästhetik jener Zeit, und ganz nebenbei fängt sie leichtfüßig Zeitgeist ein, so, wie es auch die Mode verlangt.
Falls ihr wissen wollt, wie Hauptdarsteller Daniel Brühl die Arbeit an „Becoming Karl Lagerfeld“ erlebt hat, was er über eine zweite Staffel denkt und generell über Jogginghosen in Supermärkten, dann lest das Interview, das FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler mit ihm geführt hat:
"Wir haben uns wirklich ineinander verliebt": Wir sprechen mit Daniel Brühl über Karl Lagerfeld, Jogginghosen & toxische Liebe*Bei diesem Link zu Disney+ handelt es sich um einen Affiliate-Link. Mit dem Abschluss eines Abos über diesen Link unterstützt ihr FILMSTARTS. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.