Wer in den 2000er-Jahren viel Fernsehen geschaut hat, wird diesem Film gewiss begegnet sein: „Schneewittchen – A Tale Of Terror“ gehörte zeitweise förmlich zum Inventar von RTL II und VOX, die ihn als schaurige Alternative zum farbenfroh-fröhlichen Märchenfilmalltag positionierten. In den 2010er-Jahren zeigten ihn dann in recht hoher Taktung ZDFneo und das ZDF.
In all der Zeit hat er sich eine Fangemeinde aufgebaut, die sogar so groß ist, dass die 2018 veröffentlichte Blu-ray-Erstauflage seit einiger Zeit bloß auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich ist. Wer die mitunter überhöhten Gebrauchtpreise nicht bezahlen will, hat jetzt eine Alternative. Denn diese Woche hat der Gruselmärchen-Kult „Schneewittchen – A Tale Of Terror“ im Heimkino eine Blu-ray-Neuauflage erhalten!
Der Veröffentlichungszeitpunkt könnte kaum besser sein. Denn als morbid-atmosphärische Interpretation des Märchenklassikers „Schneewittchen“ mit Gothic-Einschlag und viel schauriger Effektschminke ist „Schneewittchen – A Tale Of Terror“ geeignete Halloween-Einstimmung!
"Schneewittchen – A Tale Of Terror": Finstere Märchen müssen nicht billig sein
Nach den zahlreichen Billig-Horrorfilmen der vergangenen Jahre, die beliebte Märchenfiguren und Kindheitsikonen durch den Trash-Slasher-Wolf drehen, ist es eine regelrechte Wohltat, sich (wieder) einen Film wie „Schneewittchen – A Tale Of Terror“ anzuschauen. Denn im Vergleich mit Schund wie „Winnie The Pooh: Blood And Honey“ platzt dieser Film geradezu vor Ambition. Inhaltlich wie optisch.
Mit geschätzt 26 bis 30 Millionen Dollar ist der TV-Film zum Beispiel kostspieliger als eine Folge „House Of The Dragon“ – und das sogar vor Berücksichtigung der Inflation! Und ganz anders als viele düstere Märchen-Verwurstungen der vergangenen Jahre hat diese grimme „Schneewittchen“-Version einen namhaften und engagierten Cast.
In der Rolle der bösen Stiefmutter tritt etwa „Alien“-Star Sigourney Weaver auf, während „Jurassic Park“-Veteran Sam Neill den Vater der Titelheldin verkörpert. Als Schneewittchen (die hier auch als Lili bekannt ist) sollte ursprünglich „Clueless“-Titelheldin Alicia Silverstone zu sehen sein, doch schlussendlich übernahm die spätere „Freddy Vs. Jason“-Darstellerin Monica Keena die strapaziöse Rolle: Unter Michael Cohns Regie muss sich Lili alias Schneewittchen aus einem Netz aus Verrat und dunkler Magie winden, während sukzessive die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.
SchneewittchenDie für das Drehbuch verantwortlichen Tom Szollosi und Deborah Serra unterstreichen nämlich nicht bloß die in den meisten ikonischen Adaptionen des Märchens abgeschwächten, grimmigen Elemente und unbequem-sexuellen Konnotationen der Story. Sie verzichten zugleich auf eine zu einfache Schwarz-Weiß-Zeichnung ihrer Figuren.
Davon profitiert insbesondere Weaver, die nicht nur als Hexe in fürchterlicher Aufmachung glänzt, sondern auch die Frustrationen und Unsicherheiten der Stiefmutter begreiflich macht. Der wahre Star des Films sind aber wahrscheinlich trotzdem die schmierig-schaurigen Bilder der garstig ausgeleuchteten Schauplätze in Prag und Umgebung. Da verzeiht man dem Film auch den einen oder anderen etwas ungelenken Effekt (oder es ist die Nostalgie dieses Autors, die da spricht).
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