Es sollte sich als abschließender Film in der Vita eines begnadeten und immens einflussreichen Regisseurs herausstellen: Das fast vierstündige Kriminal- und Historien-Epos „Es war einmal in Amerika“ ist der finale Streich des Regie-Meisters Sergio Leone, der zuvor Klassiker wie „Zwei glorreiche Halunken“ und „Spiel mir das Lied vom Tod“ stemmte.
„Es war einmal in Amerika“ stellt nicht nur für Fans des Gangsterkinos ein Muss dar, sondern ist aufgrund seiner gewaltigen Ambition eine dringliche Empfehlung für alle Filminteressierten. Trotzdem ist es gar nicht so leicht, diesen brillanten Film in gebührender Qualität in die Finger zu kriegen: Die Blu-ray gibt es schon lange bloß auf dem Gebrauchtmarkt – und einige große Streamingplattformen (darunter Amazon Prime Video) bieten das Epos nicht als VOD an.
Aber heute, am 9. Oktober 2024, zeigt ZDFneo „Es war einmal in Amerika“ ab 23.15 Uhr – eine willkommene Gelegenheit, den umjubelten Klassiker ohne Werbepause und in HD zu sehen!
Darum geht es in "Es war einmal in Amerika"
New York während der Prohibition: Das Alkoholverbot befeuert bloß das illegale Geschäft mit Hochprozentigem. Davon bekommen auch die Freunde Max (als Kind: Rusty Jacobs / als Erwachsener: James Woods) und Noodles (Scott Tiler / Robert De Niro) Wind, die eine Straßenbande in der Lower East Side anführen. Also beschließen sie, mit ihrer Truppe im Alkoholgeschäft mitzumischen. Dadurch stehlen sie kriminellen Vollprofis ihre Kundschaft, woraufhin die ruchlosen Vollblutgangster tödliche Konsequenzen ziehen!
Dies ist nur der Anfang einer Jahrzehnte abdeckenden, ausschweifenden Geschichte über Freundschaft, notgedrungen-gesetzlosen Einfallsreichtum, ruchlos-kriminelle Energie, Korruption, Drogen, Verrat und Ambition, in deren Folge Max und Noodles auseinandergerissen werden, wieder zusammenfinden und erneut auf die Probe gestellt werden.
Denn während Max bemüht ist, sich mit den verbrecherischen Platzhirschen einig zu werden, folgt der impulsive Noodles zumeist seinem Drang nach Individualität. Und dann ist da noch Noodles' Schwärmerei für die ihn in Sachen Eigensinn sogar übertreffende Deborah (Jennifer Connelly / Elizabeth McGovern)...
Ein ambitioniert erzähltes, bewegendes Epos
Nicht immer liegt in der Kürze die Würze: Eine der entscheidenden Stärken von „Es war einmal in Amerika“ ist die Ausführlichkeit, mit der Leone von seinen Hauptfiguren, ihren Beziehungen untereinander, sowie vom Einfluss der sich verändernden Gesellschaft auf sie erzählt. Dadurch wachsen die Figuren zu mehrdimensionalen, filigran mit Schwächen und Charakterstärken ausgefüllten Persönlichkeiten heran, deren Schicksal ans Herz geht, empört und als ausdifferenzierter Kommentar auf die USA, die in ihnen gebotenen Möglichkeiten und ihre gewaltigen gesellschaftlichen Makel funktioniert.
Logisch, dass die massiv gekürzte US-Kinofassung mittlerweile nur noch ein mit verächtlichem Schnauben begrüßter Fauxpas der Filmhistorie darstellt. In der europäischen Kinofassung (und im Extended Director's Cut) ging das Kriminal- und Historienepos dagegen als Meisterwerk in die Geschichte ein.
Es war einmal in AmerikaVöllig verdient sicherte es sich einen Platz in der von der FILMSTARTS-Community gewählten Top Ten der besten Gangsterfilme, im Community-Ranking der besten Filme der 1980er, in der FILMSTARTS-Redaktionsauswahl der stärksten Gangsterfilme sowie im Redaktions-Ranking der besten Filme aller Zeiten. Schließlich glänzt „Es war einmal in Amerika“ nicht bloß mit einer opulenten Ausstattung, deren Wucht Kameramann Tonino Delli Colli ebenso einfängt wie er die betrübliche Melancholie der Geschichte unterstreicht, und einem eingängigen, emotionalen Soundtrack von Ennio Morricone.
Das Epos dient in seiner ausufernden Pracht zugleich als kummervoller Abgesang auf die Idee, der Amerikanische Traum gelte für alle – und doch lässt Leone die Geschichte nicht vollauf verbittern: Dadurch, wie er und Filmeditor Nino Baragli (in den guten Schnittfassungen dieses Klassikers) die Zeitebenen wechseln, wird „Es war einmal in Amerika“ auch zu einem Film über (den Versuch einer) Selbstreflexion und die (mitunter trügerische) Sehnsucht nach der Vergangenheit. Nicht aus einer nostalgischen Illusion heraus, dass das Gestern besser war – sondern schlicht, weil uns das, was zurückliegt, bereits bekannt ist und somit (flüchtig) komfortabel vorkommen kann.
Trotzdem verweigert Leone seinen verbrecherischen, gierigen und brutalen Figuren eine Heldenverehrung: Er lässt zwar vom Nektar geborgener Erinnerungen kosten, drängt aber letztlich zur Auseinandersetzung mit unverzeihlichen Entscheidungen sowie ungesühnten Verbrechen. So wird „Es war einmal in Amerika“ letztlich zu einem durchdringlichen Werk voller Opulenz, Anspannung, Einfühlungsvermögen und Reue. Und auch der folgende Streaming-Tipp enthält viel melancholische, dramatische Nostalgie:
Heute Abend streamen: Eine der besten Stephen-King-Verfilmungen aller Zeiten