Grenzgänger begeben sich auf ihrer Suche nach extremen Stoffen gerne ins Horror-Genre und die Altersfreigabe FSK 18 ist da meist eher die Untergrenze dessen, wonach Ausschau gehalten wird. Wenn’s richtig krass sein soll, steht der Film nämlich mindestens auf dem Index oder ist gar beschlagnahmt. Dabei braucht es weder die Darstellung expliziter Gewalt noch eine Erwachsenenfreigabe, damit einem im Kino der Boden unter den Füßen weggerissen werden kann.
Und so war 2019 selbst für mich als eingefleischter Horror-Fan, als Anhänger des extremen Kinos, ausgerechnet das Drama „Systemsprenger“ der mit Abstand härteste Film des Jahres. Warum? Das könnt ihr in meinem Erlebnisbericht zum Film lesen …
… oder auch einfach selbst feststellen. Denn „Systemsprenger“ ist aktuell auf Netflix verfügbar! Alternativ gibt's den Film aber natürlich auch als DVD und Blu-ray* sowie als kostenpflichtiges Video-on-Demand, etwa bei Amazon Prime Video*.
"Systemsprenger": Kein Film, sondern eine Erfahrung
Im Zentrum von „Systemsprenger“ steht die neunjährige Benni (Helena Zengel), die von einer betreuten Kinderwohngruppe an die nächste weitergereicht wird, obwohl sie eigentlich nur bei ihrer Mama (Lisa Hagmeister) sein will. Die hat mit ihren anderen Kindern aber schon genug um die Ohren und ist vor allem auch mit Bennis zunehmenden Gewaltausbrüchen völlig überfordert. Abhilfe soll nun der Aggressionstrainer Micha (Albrecht Schuch) schaffen, der bald am eigenen Leib erfährt, dass Benni ein ganz besonderer Fall ist – der auch an ihm Spuren hinterlassen wird…
„Systemsprenger“ geht nicht nur nahe, sondern überrollt einen regelrecht mit seiner Kraft. Denn in „Systemsprenger“ wird nie überdramatisiert, nie auf die Tränendrüse gedrückt. Stattdessen erzählt Regisseurin Nora Fingscheidt eine herzzerreißende Geschichte, die fast schon dokumentarisch nah am Leben ist – auf eine kraftvolle Art und Weise, die aufwühlt und einen auch noch lange nach dem Abspann beschäftigt.
Es ist eine Geschichte, wie sie sich tagtäglich vielfach abspielt, in Deutschland und dem Rest der Welt. Eine Geschichte über Liebe und Sehnsucht in der Familie, über die Unmöglichkeit, gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen, und über viele Fragen, zu denen es einfach keine Antworten gibt. Eine Geschichte voller Verzweiflung, die auch so nahe geht, weil sie immer authentisch bleibt – und sich jede noch so kleine Geste echt anfühlt, von Bennis Stimmungsschwankungen bis hin zu Blicken der Sozialarbeiterin.
Gesten, die ich selbst in meiner Zeit als Sozialarbeiter zuhauf gesehen habe. Und Fragen, die ich mir selbst immer wieder stellte – nur um am Ende ohne Antworten dazustehen. Doch im Leben wie auch in „Systemsprenger“ geht es am Ende nicht darum, jedes Problem zu lösen oder überhaupt lösen zu können – sondern darum, sich überhaupt darum zu kümmern.
Helena Zengel: Eine Wucht
Dass sich der Indie-Hit nicht nur nachhaltig ins Gedächtnis brennt, sondern auch an den Kinokassen zum Kassenschlager avancierte, lag wohl nicht zuletzt auch an der damals noch eher unbekannten elfjährigen Hauptdarstellerin Helena Zengel.
Ihre Darstellung der Benni geht durch Mark und Bein – und verhalf ihr nicht ohne Grund zu ihrer ersten Hollywood-Rolle in Netflix’ „Neues aus der Welt“, für die sie an der Seite von Tom Hanks auch direkt für einen Golden Globe nominiert wurde. Wer Zengel in Höchstform erleben will, ist mit „Systemsprenger“ aber nach wie vor am besten dran. Taschentücher nicht vergessen.
Großes Star-Aufgebot für Netflix‘ Oscarhoffnung: Emotionaler Trailer zu "Drei Töchter" – 100 % auf Rotten Tomatoes!*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision. Dieser Artikel basiert auf einem bereits auf FILMSTARTS erschienenen Beitrag.
Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.