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    "Ich bin der entspannteste Mensch von Mitteleuropa": Das große FILMSTARTS-Interview mit "Die Ironie des Lebens"-Star Uwe Ochsenknecht
    Markus Tschiedert
    Markus Tschiedert
    Markus Tschiedert arbeitete schon während seines Studiums für die Berlinale und ist heute freier Journalist. Er leitet den ‚Club der Filmjournalisten Berlin‘, organisiert den Ernst-Lubitsch-Preis und veranstaltet Filmevents.

    Im September haben wir uns die bittersüße Tragikomödie „Die Ironie des Lebens“ für unsere Initiative „Deutsches Kino ist [doch] geil!“ ausgewählt – da gehört ein Interview mit Hauptdarsteller Uwe Ochsenknecht natürlich zwingend dazu...

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    So klar stand Uwe Ochsenknecht schon lange nicht mehr im Zentrum eines Kinofilms: In „Die Ironie des Lebens“ von „25 km/h“-Regisseur Markus Goller spielt er den extrem erfolgreichen Stand-up-Komiker Edgar, der auf der Bühne vor allem Witze übers Älterwerden und die schreckliche Ehe mit seiner Ex-Frau Eva (Corinna Harfouch). Aber dann sitzt genau die eines Abends plötzlich in der zweiten Reihe und erzählt ihm nach der Show, dass sie in wenigen Monaten sterben wird. Und es vielleicht nicht die Ironie des Lebens, aber die des Films, dass sich die beiden nach 20 Jahren Funkstille ausgerechnet in diesem Moment so nah kommen wie noch nie zuvor...

    Aber wie ist das denn, wenn man als Schauspieler auf die Stand-up-Bühne muss? Und worüber kann er selbst eigentlich lachen? Um ihn dieses und anderes zu Fragen, haben wir die Leinwand-Legende Uwe Ochsenknecht in Berlin zum persönlichen Interview getroffen:

    FILMSTARTS: Du spielst in „Die Ironie des Lebens“ einen Stand-Up-Comedian. Was unterscheidet einen Stand-Up-Comedian von einem Schauspieler?

    Uwe Ochsenknecht: Vereinfacht gesagt, ist Stand-Up-Comedy ja Witzeerzählen am Stück. Man muss es nur so gut machen, dass es den Eindruck erweckt, die Sprüche würden aus dem Moment heraus entstehen und auch wirklich witzig sein. Das hört sich leider leichter an, als es ist. Bei der Schauspielerei geht‘s eben mehr um Spielen von Situationen, die in ein ganzes Theaterstück eingebettet sind. Und nicht nur um Momentaufnahmen.

    FILMSTARTS: Wäre es trotzdem mal reizvoll für dich, nicht nur einen Stand-up-Comedian zu spielen, sondern tatsächlich mal auf so eine Bühne zu treten?

    Uwe Ochsenknecht: Ich sage ja nicht, dass das einfacher ist als Schauspielerei. Stand-Up-Comedians müssen wirklich sehr, sehr exakt, präzise und präsent sein. Die müssen auch was von Timing verstehen und gute Themen aussuchen, die sie so performen, dass die Leute auch dabeibleiben und wissen wollen, wie es weitergeht. Als Zuschauer muss man das Gefühl haben, dass der Comedian jetzt nur mit mir spricht. Ich selbst habe es noch nicht probiert, da muss schon einiges stimmen

    FILMSTARTS: Und was wäre das genau?

    Uwe Ochsenknecht: Das fällt und steht alles erst mal mit guten Texten. Die zu performen, würde ich mir schon zutrauen, aber man muss sich von den anderen ein bisschen absetzen. Also mal was anderes machen. Man könnte auch eine Figur erfinden. Durch die Rolle des Edgar konnte ich zumindest im Ansatz erfahren, wie es sich anfühlt. Das war interessant.

    FILMSTARTS: Wie sieht es mit deinem eigenen Humor aus?

    Uwe Ochsenknecht: Ich liebe jegliche Art von Humor, solange er nicht wirklich unter der Gürtellinie ist und mir zu blöd und zu billig vorkommt. Es muss schon ein bestimmtes Niveau haben, aber ich liebe auch den ganz einfachen Humor. Zum Beispiel hat mir einer einen Spruch geschickt, der so blöd ist, dass er schon wieder gut ist: „In Südamerika gibt es sehr gute Lackierer, aber wenig Guatemala“, sagt der Bayer. Blöd, aber ich kann darüber lachen. Oder: Treffen sich zwei Jäger. Beide tot. Da schmeiß‘ ich mich weg.

    FILMSTARTS: Wäre das auch ein Witz für eine Stand-Up-Performance?

    Uwe Ochsenknecht: Why not? Beim Drehbuch zu „Die Ironie des Lebens“ haben wir zum Glück mit Leuten zusammengearbeitet, die sich da gut auskennen. Ich habe von Anfang an gesagt, dass meine Stand-Up-Szenen so gut sein müssen, dass man glaubt, der Ochsenknecht geht jetzt auf Stand-Up-Tour. Das man sagt: „Ich wusste gar nicht, dass der Ochsenknecht das auch macht.“ Und nicht: „Der spielt uns den Stand-Up-Comedian nur vor.“ Daran haben wir immer wieder gearbeitet.

    FILMSTARTS: Gab es bei der Auswahl der Texte auch Gags, die du abgelehnt hast?

    Uwe Ochsenknecht: Wir haben einiges verbessert. Teilweise waren Texte dabei, die zu lang waren. Es gab auch Sachen, die einfach nicht witzig waren.

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    Interviewer Markus Tschiedert und Uwe Ochsenknecht beim FILMSTARTS-Interview in Berlin.

    FILMSTARTS: Woran merkst du, wenn etwas nicht witzig ist?

    Uwe Ochsenknecht: Ich glaube, ich habe da einen ganz guten Maßstab. Nämlich meinen. Wenn ich etwas witzig finde, finden das andere meistens auch. Das ist nicht immer hundertprozentig zutreffend, aber irgendwo muss man ja ansetzen. Ich denke schon, dass wir eine richtige Wahl getroffen haben. Ich mache das aber nicht allein, natürlich sind auch der Drehbuchautor und Regisseur daran beteiligt,

    FILMSTARTS: Wo hört für dich der ‚Spaß‘ auf?

    Uwe Ochsenknecht: Ich mag tatsächlich diesen stichelnden, ironischen, sarkastischen, schwarzen Humor, der so ein bisschen provoziert, aber immer im spielerischen Sinn. Scherze auf Kosten anderer würde ich nie machen oder gut finden, gerade wenn man weiß, man könnte damit den anderen verletzen.

    FILMSTARTS: Bist du jemand, der über sich selbst lachen kann?

    Uwe Ochsenknecht: Auf jeden Fall, ja! Ich liebe das, aber ich darf das dann auch. Ich liebe schwarzen Humor. Die Engländer sind da sehr gut.

    FILMSTARTS: Hast du ein Beispiel für uns?

    Uwe Ochsenknecht: Ja, zum Beispiel: „Sorry, wir haben ein bisschen später angefangen. Ich wusste nicht, welches Haarteil ich tragen will. Ich konnte mich nicht entscheiden.“ So ein Zeug eben, was Leute zum Lachen bringt, was natürlich nicht stimmt. Ich habe ja kein Haarteil.

    FILMSTARTS: Im Film machst du dich auch übers Alter, über Beziehungen, Leben und Tod lustig. Ist das auch ein wenig selbstreflektierend?

    Uwe Ochsenknecht: Durchaus. Aber bei Edgar glaube ich das nicht. Der ist nicht wie ich. Das darf man nicht verwechseln. Ich spiele nicht den Uwe, sondern den Edgar. Ich glaube, er macht diese Witze, weil er Angst vor dem Ganzen hat und denkt, wenn man darüber auf seine Weise spricht, wird es vielleicht nicht so schlimm oder fühlt sich nicht so schlimm an. Das ist wie so ein Schutzschild. Aber wenn das Thema ernsthaft aufs Tablett kommt, merkt man, dass er überhaupt nicht damit umgehen kann.

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    Auf Comedy-Star Edgar (Uwe Ochsenknecht) wartet Zuhause nur der Hund.

    FILMSTARTS: Edgar ist ja ein ziemlich einsamer Mensch, wenn die Show vorbei ist. Kennst du so was?

    Uwe Ochsenknecht: Nein, Einsamkeit kenne ich nicht. Das liegt aber auch immer an einem selbst. Ich bin ja ein kontaktfreudiger Mensch, und mit Menschen, die ich liebe und gernhabe, da halten wir gegenseitig den Kontakt. Man besucht sich, man telefoniert und man kümmert sich. Menschen, die einsam sind, sorgen mitunter selbst dafür, weil sie vielleicht schüchtern sind, enttäuscht wurden oder durch Erziehung ihre Offenheit verloren haben. Alleinsein wiederum ist was anderes.

    FILMSTARTS: Inwiefern?

    Uwe Ochsenknecht: Also ich bin auch mal ganz gern allein und kann sehr gut damit umgehen. Ich glaube, es tut auch jedem gut, dass man auch mal nur für sich ist, um die eigenen Gedanken zu ordnen. Wenn du nie mal alleine bist, wirst du davon eher abgelenkt und denkst auch immer ein bisschen für andere mit. Einfach mal für sich zu sein, hat auch was Schönes.

    FILMSTARTS: Euer Film heißt „Die Ironie des Lebens“. Was ist für dich die Ironie des Lebens? Wann ist sie dir mal begegnet?

    Uwe Ochsenknecht: Ich denke, eine Ironie des Lebens gibt es nicht. Man ist kein Opfer des Lebens, als wäre das Leben ein Feind, von dem man angegriffen wird. Das ist doch Quatsch. Man muss das Leben so nehmen, wie es ist. Letztlich ist es eine Ansichtssache.

    FILMSTARTS: Man ist kein Opfer des Lebens, sagst du. Ist das eine Erkenntnis, die du dir erst erarbeiten musstest?

    Uwe Ochsenknecht: Es gibt Menschen, die sich ausgeliefert fühlen. Aber ist es nicht eine Entscheidungssache, ob du dich ausliefern lässt?

    FILMSTARTS: Du hast dich aber nie als Opfer gefühlt?

    Uwe Ochsenknecht: Natürlich kenne ich das auch, vor allem wenn du mit Prügelstrafe als Erziehungsmittel erzogen wurdest. Aber ich bin erwachsen und ich habe mich schon lange für diese Sichtweise entschieden. Ich bin kein Kind, kein Opfer mehr. Ich kann mein Leben so gestalten, wie ich es will. Keiner im Erwachsenendasein muss sich als Opfer sehen.

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    Das Tollste an „Die Ironie des Lebens“ ist das Zusammenspiel von Uwe Ochsenknecht und Corinna Harfouch – da muss man immer wieder auch mal eine Träne verdrücken.

    FILMSTARTS: Also eine positive Haltung zum Leben. Blickst du dich manchmal um und denkst, du hast dein Leben ganz gut gemeistert?

    Uwe Ochsenknecht: Auch schon wieder so ´ne Stressbezeichnung. Man muss ja kein Lebensmeister werden, sondern es mit Spaß genießen lernen. Natürlich bietet das Leben täglich kleinere und größere Herausforderungen, die es zu erledigen gilt. Das kann ja auch Spaß machen.

    FILMSTARTS: Was wirst du als nächstes angehen?

    Uwe Ochsenknecht: Meinen ersten Film als Regisseur auf die Beine stellen.

    FILMSTARTS: Spannend! Darfst du schon mehr verraten?

    Uwe Ochsenknecht: Nur soviel, dass es nach einem deutschen Theaterstück ist. Wir haben es etwas bearbeitet. Ich spiele zugleich die Hauptrolle, bin Ko-Produzent, und so langsam fangen wir mit dem Casting an, sodass wir möglichst am Ende des Jahres mit dem Drehen anfangen können.

    FILMSTARTS: Klingt, als würde damit ein Traum für dich in Erfüllung gehen?

    Uwe Ochsenknecht: Das war jetzt weniger ein Traum von mir, sondern mehr ein Vorhaben, das sich aber bisher halt nie ergeben hat. Gute Drehbücher sind selten und ich selbst schreibe keine. Aber vor kurzem bin ich eben auf dieses super Theaterstück gestoßen und wir haben einen tollen Drehbuchautor gefunden, der diesen Stoff in einen sehr schönen Kinofilm adaptiert hat. Es sei nur so viel verraten: Es wird eine schwarze Komödie mit britischem Humor und nicht sehr political correct.

    FILMSTARTS: Hast du manchmal das Gefühl, die deutsche Komödie traut sich zu wenig?

    Uwe Ochsenknecht: Es ist besser geworden, aber dem deutschen Film fehlt oft eine Leichtigkeit. Er ist oft sehr plakativ und trocken.

    FILMSTARTS: Was könnte man deiner Meinung nach noch tun, damit das deutsche Kino hierzulande wieder so geschätzt oder gar gefeiert wird, wie es das in vielen Fällen auch einfach verdient hat?

    Uwe Ochsenknecht: Ich glaube, das hängt auch mit der Mentalität der Deutschen zusammen. Vielleicht nehmen wir das Leben und uns selbst oft zu ernst und gehen mit zu wenig Spaß durchs Leben. Man sollte nicht immer nur Bedenken haben, wie weit man gehen kann. Ja, dann lasst uns doch mal zu weit gehen und provozieren, dann wird’s auch wieder interessant. Man kann auch mal anecken, um Fragen und Themen in Gang zu setzen, statt sie immer nur brav zu bedienen.

    Weitere Kinotipps

    FILMSTARTS: Die Leute haben wieder Bock aufs Kino. Welchen aktuellen deutschen Kinofilm sollten sie sich also nach „Die Ironie des Lebens“ noch anschauen?

    Uwe Ochsenknecht: „Wunderschön“ von Karoline Herfurth würde ich empfehlen. Was ich auch gehört habe, ist, dass „Zwei zu Eins“ von Natja Brunckhorst so toll sein soll. „Alles Fifty Fifty“ mit Moritz Bleibtreu ist sicher lustig. Dann freue ich mich auch auf „Amrum“, den neuen Film von Fatih Akin.

    FILMSTARTS: Okay, da muss zum Abschluss nochmals provokant gefragt werden: Wie schwierig oder einfach bist du als Schauspieler?

    Uwe Ochsenknecht: Ich bin der entspannteste Mensch von Mitteleuropa. Wer mit mir ein Problem hat, der hat ein Problem mit sich selbst.

    „Die Ironie des Lebens“ läuft seit dem 5. September in den deutschen Kinos – wir können euch den Kinobesuch nur empfehlen, und in unserer ausführlichen 4-Sterne-Filmkritik erfahrt ihr auch warum.

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