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    "Du siehst aus, als würdest du am Strand Boogie Boards verkaufen": Unser FILMSTARTS-Interview mit Kevin Costner zu "Horizon"
    Stefan Geisler
    Stefan Geisler
    -Redakteur
    Stefan liebt Film. Er vermisst die wöchentlichen Besuche in der Videothek, denn das ziellose Umherirren in den Gängen hat ihm Seherfahrungen wie "Donnie Darko" oder "Fear and Loathing in Las Vegas" beschert.

    Am 22. August startet Kevin Costners ehrgeiziger Western „Horizon“ in den deutschen Kinos. FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hatte die Möglichkeit mit dem „Yellowstone“-Star in Berlin zu sprechen – und hat ein ganz besonderes Interview erlebt.

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    Es gibt einen einfachen Grund, warum es viel schöner ist, ein Interview vor Ort und in Person mit jemanden zu führen, als diesen am Telefon oder virtuell über einen Zoom-Call abzuhalten: die menschliche Interaktion. Teilweise entstehen lustige oder besonders erinnerungswürdige Momente aus dem direkten Miteinander. So auch im Fall meines Interviews mit Kevin Costner, das ich mit ihm im Rahmen der Berlin-Premiere seines ehrgeizigen Western-Projekts „Horizon“ führen durfte.

    Der Grund: Mein entspanntes Outfit. Mit Danny-DeVito-Shirt, Käferhemd und Leinenhose bin ich im ganz entspannten Look zum Gespräch erschienen, was dem Weltstar sichtbare Freude bereitete. Und so begann nicht ich mit einer Frage, sondern wurde stattdessen von Kevin Costner über mein Outfit ausgequetscht: „Ist das Danny DeVito mit Perücke auf deinem Shirt? Ich liebe es. [lacht] Bist du im Urlaub? Du siehst aus, als würdest du am Strand Boogie Boards verkaufen.“

    Ein ganz besonderes Lob von Kevin Costner, wodurch ich jetzt wohl endgültig zum bestangezogenen FILMSTARTS-Redakteur aller Zeiten gekürt werden dürfte. Nach diesem lockeren Einstieg haben wir natürlich im Anschluss auch noch über sein neues Western-Projekt „Horizon“ gesprochen und sind der Frage nachgegangen, warum dieser Film frischen Wind ins Kino bringt und wie und wann es nach „Horizon“ und „Horizon 2“ weiter gehen wird. Doch zuerst wollte ich wissen, inwiefern ihn die Arbeit an diesem monumentalen Western-Projekt verändert hat …

    Ganz entspannt: FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler im Gespräch mit Kevin Costner Stefan Geisler
    Ganz entspannt: FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler im Gespräch mit Kevin Costner

    FILMSTARTS: Bereits seit fast 40 Jahren arbeitest du an „Horizon“. Inwieweit hat dich die Arbeit an diesem Projekt verändert?

    Kevin Costner: Das Projekt hat mich herausgefordert. Wollte ich aufhören? Wollte ich es sein lassen? Wollte ich zusehen, wie andere Western gedreht werden? Wollte ich wissen, dass ich eine Western-Idee hatte, von der ich dachte, dass sie in den Herzen und Köpfen der Leute, die ins Kino gehen, lange leben könnte? Ich hoffe, dass du mit dem Gefühl aus dem Kino gegangen bist, dass es Szenen gab, die du noch nie zuvor in einem Western gesehen hast, und dass dennoch alles einen Sinn ergeben hat. Und dass es erst der Anfang ist, jetzt ist erst ein Fundament gelegt worden.

    FILMSTARTS: Hat die Arbeit an „Yellowstone“ die Entwicklung von „Horizon“ beeinflusst?

    Kevin Costner: Nein, überhaupt nicht. Das hatte keinen Einfluss auf mich. „Yellowstone“ war als stundenlange Serie konzipiert, und „Horizon“ ist ein Filmerlebnis. Auch wenn dieses Erlebnis letzten Endes wahrscheinlich geschmälert wird, wenn man ihn im Fernsehen sieht. „Der Pate“ muss man ja schließlich auch mit Werbung schauen.

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    "Horizon" solltet ihr auf der größtmöglichen Leinwand erleben

    FILMSTARTS: Muss „Horizon“ auf die große Leinwand oder könnte er auch als VOD im Streaming funktionieren?

    Kevin Costner: Ich denke, jeder Film, der gut ist und eine Geschichte erzählt, kann auf verschiedene Arten funktionieren – und er wird funktionieren. Es ist einfach eine Chance, diese Landschaften zu sehen. Sie sind nicht CGI, sie sind real. Es ermöglicht einem zu begreifen, wie groß Amerika ist und warum die Leute dachten, sie könnten ein Stück davon haben.

    FILMSTARTS: „Horizon“ erzählt eine Geschichte von Widerstand. Es ist ein Kampf um Leben und Erfolg. Die Protagonisten zeichnet auch eine gewisse Hartnäckigkeit – vielleicht auch eine gewisse Dickköpfigkeit – aus. Die Idee, selbst im Angesicht des größten Widerstands seine Ziele verwirklichen zu wollen – ist das die Essenz von Amerika?

    Kevin Costner: Ich denke, es definiert Amerika. Aber ich glaube nicht, dass es rein amerikanisch ist, wenn jemand einen Traum hat und hart arbeiten will, damit die Generation der Kinder, die er aufzieht, etwas Besseres hat. Amerika schien wie ein grenzenloses Land und das schien mehr Möglichkeiten zu bieten, aber in Wahrheit wurden die Dinge dadurch gefährlicher.

    FILMSTARTS: „Horizon“: Allein der Name suggeriert eine gewisse Grenzenlosigkeit – und ein Denken außerhalb der gewohnten Boxen. Sind das die Ideen, die das moderne Kino braucht, um relevant zu bleiben?

    Kevin Costner: Ich kopiere niemanden. Das ist absolut anders als alles, was bisher versucht wurde. Anstatt einen Film zu machen und abzuwarten, wie er ankommt, um dann bei entsprechendem Erfolg plötzlich schnell eine Fortsetzung zu schreiben und dann noch eine, habe ich eine Filmreihe wie einen Roman kreiert. Diesen filmischen Roman möchte ich den Kinobesuchern mit auf den Weg geben, damit sie ihn sehen und merken, dass die Filme wirklich lückenlos ineinandergreifen. Ich weiß nicht, wie ich es mehr zu einem Film hätte werden lassen können.

    Das Leben ist in TOBIS Film GmbH
    Das Leben ist in "Horizon" eine echte Herausforderung

    FILMSTARTS: Wieso hast du dich dazu entschieden, die Geschichten so miteinander zu verweben? Gab es die Idee, die einzelnen Handlungsstränge als Einzelfilme herauszubringen – und diese dann in einem gemeinsamen Film zusammenlaufen zu lassen?

    Kevin Costner: Ich denke, dass die Menschen, die in den Westen kommen, fünf oder sechs Geschichten mit sich tragen. Ich denke, dementsprechend ergibt es Sinn auch fünf oder sechs Handlungsstränge zu haben, weil die Menschen alle aus verschiedenen Gründen kommen. Der einzige, der nicht mit einem bestimmten Ziel kommt, ist Hayes [Anm.: die von Costner selbst gespielte Figur]. Er weiß nicht einmal etwas über dieses Siedlungsprojekt namens Horizon, er hört nur davon. Es ist die gemeinsame Geschichte der Migration. Es ist ein Volk, das einem Traum nachjagt.

    FILMSTARTS: Wie und wann wird „Horizon“ weitergehen? Hast du schon mit Kapitel 3 angefangen?

    Kevin Costner: Ja, Nummer 2 ist fertig und wird noch in diesem Jahr erscheinen. Und mit Nummer 3 habe ich schon angefangen, aber ich werde die Arbeit an dem Film nicht vor dem Frühjahr 2025 wieder aufnehmen.

    "Horizon" erzählt eine universelle Geschichte

    Zudem hatten wir die Gelegenheit, ebenfalls an der Pressekonferenz zu „Horizon“ teilzunehmen. Auch hier teilte Kevin Costner einige spannende Hintergrundinfos zu seinem Western-Herzensprojekt – beispielsweise, wie sich seine Vision des Films seit der ersten Idee im Jahre 1988 verändert hat. Die interessantesten Aussagen des Regisseurs und Superstars daraus wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten:

    Kevin Costner: Anfangs war es ein einziger Film, doch als ich diesen nicht so umsetzen konnte, wie ich wollte, beschloss ich, daraus vier Filme zu machen. Die Logik dahinter ist rein amerikanisch, denke ich. Und was ich gemacht habe, war im Grunde genommen nur eine Überarbeitung der ersten Geschichte – nur umgestaltet, so wie es bei vielen Western der Fall ist.

    Wer sich nach der Sichtung übrigens fragt, was es mit den Ameisen in der ersten Szene auf sich hat, auch darauf hat Kevin Costner eine schlüssige Antwort:

    Kevin Costner: [...] Das erste Bild, das wir in „Horizon“ haben, ist ein Pfahl, der in die Erde gesteckt wird, und aus diesem Loch kommen Ameisen. Und das war wiederum eine Metapher für das Chaos, das wir begonnen haben.

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    "Horizon" hat für alle Kinogänger etwas zu bieten

    Übrigens ist „Horizon“ laut Kevin Costner nicht nur eine rein amerikanische Geschichte, sondern funktioniert auch universell – und dürfte insbesondere für ein europäisches Publikum spannend sein:

    Kevin Costner: Nun, ich denke, Filme haben immer die Chance zu verbinden. Wir sind eigentlich gar nicht so verschieden. Vielleicht sprechen wir nicht dieselbe Sprache oder pflegen unterschiedliche Bräuche, aber wenn man über Amerika nachdenkt, ist es wirklich nicht so alt im Vergleich zum Rest der Welt – im gewissen Sinne. In gewissem Sinne, sage ich. Und was das wirklich bedeutet ist, dass wir angefangen haben, Nachrichten über Amerika vor etwa 400 Jahren zu erhalten.

    Amerika wurde von Europäern besiedelt, von Menschen, die aus der ganzen Welt kamen, wenn es ihnen gelang, den Atlantik zu überqueren. Sie begannen zu verstehen, dass es hier draußen ein Versprechen gab, dass es ein Land gibt, das so groß ist, dass es so weit reicht, dass sie haben konnten, was sie in Europa nicht hatten. Es war wie ein Garten Eden. Und was sie nicht wussten war, dass es hier ein Volk gab, das seit 15.000 Jahren blühte. Und diese beiden Ideen gerieten in Konflikt – und unsere Geschichte handelt davon.

    Wir können euch den Film übrigens nur wärmstens ans Herz legen. In unserer offiziellen FILMSTARTS-Kritik verteilte Chefkritiker Christoph Petersen phänomenale 4,5 von 5 möglichen Sternen. Lasst euch dieses Highlight also nicht im Kino entgehen.

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