Die Coen-Brüder werden in erster Linie mit schwarzhumorigen Thrillern („Fargo“) und surrealen Komödien („The Big Lebowski“) assoziiert, doch auch dem Western-Genre hat sich das Regie-Duo schon mehrmals gewidmet. Nachdem sie es mit „No Country For Old Men“ (2007) nur streiften, veröffentlichten sie 2010 mit „True Grit“ ihren ersten reinen Western – dem sie acht Jahre später „The Ballad Of Buster Scruggs“ folgen ließen.
Der aus sechs in sich abgeschlossenen Episoden bestehende Film ist die bislang einzige Netflix-Produktion der Coens – und der bis dato letzte Film, den die Geschwister gemeinsam realisierten, bevor sie sich mit der Shakespeare-Adaption „Macbeth“ (Joel Coen) und der Thriller-Komödie „Drive-Away Dolls“ (Ethan Coen) zunächst eigenen Projekten zuwendeten.
Mit u.a. Brendan Gleeson („Harry Potter und der Feuerkelch“), Liam Neeson („96 Hours – Taken“) und James Franco („Spider-Man“) prominent besetzt, wirft „The Ballad Of Buster Scruggs“ in den sechs Episoden einen eher augenzwinkernden Blick auf den Wilden Westen – was natürlich bedeutet, dass man sich auf Abzüge in Sachen historischer Genauigkeit einstellen sollte.
„The Ballad Of Buster Scruggs“ ist einer der 13 Filme, die Wildwest-Experte Michael Grauer für Insider ganz genau unter die Lupe genommen und auf ihren Realismusgrad abgeklopft hat. Während ein John-Wayne-Klassiker bei ihm die beste Note bekommt, taugt der Coen-Brüder-Film wenig überraschend nicht zur Geschichtsstunde:
„Diese von Tim Blake Nelson gespielte Figur, Buster Scruggs, ist zum Schreien komisch, weil sie ein Sänger-Cowboy aus den 1930er Jahren ist, der plötzlich im alten Westen auftaucht“, so Grauer. „Niemand trug so ein Kostüm, das ist eine Erfindung von Roy Rogers und Gene Autry, Filmcowboys aus den 30er und 40er Jahren.“
Auch andere Ungereimtheiten konnte der Historiker ausmachen, so seien etwa die typischen Flügeltüren in den Saloons, wie man sie auch in „The Ballad Of Buster Scruggs“ entdecken kann, reine Filmerfindungen. Zudem seien Saloon-Schlägereien meist nicht mit Waffen, sondern nur mit bloßen Fäusten ausgetragen worden, „und sie dauerten nicht sehr lange.“
Doch am Ende spendiert er „The Ballad Of Buster Scruggs“ trotzdem 7 von 10 möglichen Punkten auf der Western-Realismus-Skala – da der Film ansonsten an vielen Stellen ein treffendes Bild des Wilden Westens zeichnet und sehr bewusst von der Wirklichkeit abweicht. „Sie machen sich über die Singende-Cowboys-Filme der 30er und 40er lustig, und zwar auf sanfte Art und Weise“, lautet Grauers Fazit.
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