Im Komödienklassiker „Ferris macht blau“ war Matthew Broderick noch der Rektorschreck schlechthin – ein listiger und fauler Schüler. Doch niemand kann ewig Schüler bleiben: In der einst wenig beachteten, dann zum Kulthit aufgestiegenen Satire „Election“ wird er zum missgünstigen Lehrer, der Groll gegen eine (vermeintliche) Musterschülerin hegt.
Die wiederum wird von Reese Witherspoon verkörpert, die nur zwei Jahre nach „Election“ zur legendären Jurastudentin Elle Woods in „Natürlich blond!“ werden sollte. Und selbst wenn „Ferris macht blau“ und „Natürlich blond“ berühmtere Filme sind: Witherspoons und Brodericks fieskomisches Aufeinandertreffen von 1999 steht diesen Hits in Nichts nach, wie sich nun gestochen scharf überprüfen lässt: Diese Woche feierte „Election“ sein 4K-Debüt im Heimkino!
Die 4K-Premiere ist ein guter Anlass, diesen smarten, gerissenen und schmerzhaft-zielsicheren Mix aus Highschool-Dramödie und Polit-Entlarvung nachzuholen oder aufzufrischen. Denn „Election“ ist einer dieser Filme, die partout nichts an Aktualität einbüßen!
Darum geht es in "Election":
Jahr für Jahr dasselbe Elend: In der Carver High steht die Schulsprecherwahl an. Die über ein astreines Image verfügende, von Ehrgeiz geradezu zerfressene Streberin Tracy Flick (Reese Witherspoon) hat es sich zum Ziel gemacht, diese Wahl zu gewinnen. Aber bloß, weil sie einen sauberen Ruf hat, heißt das nicht, dass ihr Leben frei von Skandalen ist: Tracy hatte eine Affäre mit Geometrielehrer Dave Novotny (Mark Harelik), was den beliebten, prämierten und trotzdem missgünstigen Lehrer Jim McAllister (Matthew Broderick) aufwühlt.
Nicht aber, weil es ihn anwidern würde, dass sein Ex-Kollege etwas mit einer Schülerin hatte! Sondern, weil es ihn verärgert, dass Daves Berufslaufbahn im Eimer ist, während Tracy weiterhin strahlend dasteht. Jim findet, dass Tracys Ruf genauso zerstört sein müsste! Also bauscht er das hübsche Reichensöhnchen Paul (Chris Klein) zu Tracys Gegenkandidaten auf, um ihr wenigstens die Wahl zu vermasseln...
Die Qual mit der Wahl
Männer, die überzeugt sind, dass andere Männer ja die wahren Opfer waren, wenn sie eine unangemessene Beziehung mit einer Minderjährigen hatten. Frauen, die dafür gehasst werden, dass sie ihre Berufung ernst nehmen und Ahnung von dem haben, was sie tun. Ratlose Männer, die dafür zelebriert werden, wie ehrlich-ahnungslos und unverklemmt sie doch seien. Und ein Wahldiskurs, bei dem nicht Themen, Lösungsansätze und Kompetenzen im Fokus stehen, sondern persönliche Animositäten und Gezeter, das sich ausschlachten lässt:
Alexander Payne war 1999 wahrlich kein Hellseher, als er in „Election“ (nicht nur) den US-Wahlzirkus mit pubertären Highschool-Zankereien gleichsetzte. Denn dass die relevanten Themen in der von Sensationsschlagzeilen, Gerüchten und vagen Bauchgefühlen gesteuerten Politlandschaft untergehen, war bereits vor einem Vierteljahrhundert keine neue Erkenntnis.
Allerdings wurde sie selten so spritzig, eloquent, abwechslungsreich und mit zielsicherem Biss umgesetzt wie im für sein Skript mit einer Oscar-Nominierung gekrönten „Election“. Und die vergangenen 25 Jahre, in denen die Politdebatte mehr und mehr in dieselben Netzwerke verlagert wurde, in denen man sonst Promi-Klatsch und privaten Tratsch breit tritt, haben zweifelsohne dazu beigetragen, dass die Wirklichkeit nun noch mehr wie „Election“ wirkt.
Dieser Umstand könnte einer der Gründe sein, weshalb „Election“ als Kultklassiker wiederentdeckt wurde, nachdem die Romanadaption an den Kinokassen unterging. Die messerscharfen Dialoge, die gleichermaßen haarsträubenden wie erschreckend-glaubwürdigen Szenarien und der tolldreist aufspielende Cast sollten ihr Übriges getan haben.
Und wenn euch nach all diesem realen Politgrauen der Sinn nach launigerem Kulthorror steht, ist der folgende Heimkino-Tipp gutes Gegengift:
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Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.