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    "Ich will Dinge tun, die noch niemand probiert hat": Das große FILMSTARTS-Interview mit "Trap"-Regisseur M. Night Shyamalan
    Christoph Petersen
    Christoph Petersen
    -Chefredakteur
    Seitdem er nach „Scream“ eine Woche lang nicht schlafen konnte, jagt er diesem Gefühl hinterher – und schaut deshalb so gut wie jeden Horrorfilm.

    M. Night Shyamalan ist mit Twist-Thrillern wie „The Sixth Sense“ zum Regie-Superstar aufgestiegen. Seit einigen Jahren bezahlt er seine Filme aus eigener Tasche – und kann so immer wieder auch spannende Experimente wie „Trap: No Way Out“ wagen:

    Wer nach dieser Prämisse nicht Lust bekommt, sich den Film anzusehen, dem können wir auch nicht helfen: Josh Hartnett spielt den in den Medien nur „The Butcher“ genannten Serienkiller, der im wahren Leben Cooper heißt und als vorbildlicher Familienvater mit seiner Tochter (Ariel Donoghue) ein Konzert von Lady Raven (Saleka Shyamalan) besucht. 30.000 Fans, die meisten davon Teenies, kreischen die komplette Arena zusammen, als ihr Idol die Bühne betritt. Aber dann muss Cooper erkennen, dass das ganze Event offenbar nur eine Falle ist, um ihn zu schnappen. 300 Cops haben die Halle umstellt – und während das Konzert weiterläuft, sucht Cooper nach einem möglichen Ausweg, während er im selben Moment sicherstellt, dass seine Tochter ihn weiterhin für den besten Dad der Welt hält…

    M. Nighy Shymalan hat in seiner Karriere immer wieder bewiesen, dass er nicht nur Spannung und Suspense beherrscht, sondern auch einen Hang zu dunkelschwarzem Humor besitzt – und den kann er nun auch in „Trap: No Way Out“ voll ausspielen. Wir haben den Meisterregisseur in Berlin zum persönlichen Interview getroffen.

    FILMSTARTS: Was mich an „Trap: No Way Out“ am meisten überrascht hat, waren diesmal nicht die Twists, sondern wie viel Spaß er gemacht hat. Gerade die erste Stunde ist bis obenhin vollgestopft mit schwarzhumorigen Pointen. War es von Beginn an der Plan, nach den existenzialistischen Elementen von „Knock At The Cabin“ wieder etwas wirklich Launiges zu machen?

    M. Night Shyamalan: Ja, wahrscheinlich schon. Mir ging es genauso nach „Unbreakable“, da habe ich dann „Signs - Zeichen“ gedreht, und der hat auch einfach nur Spaß gemacht.

    Trap: No Way Out
    Trap: No Way Out
    Starttermin 1. August 2024 | 1 Std. 45 Min.
    Von M. Night Shyamalan
    Mit Josh Hartnett, Ariel Donoghue, Saleka Shyamalan
    User-Wertung
    2,9
    Filmstarts
    4,0

    FILMSTARTS: Ein Alleinstellungsmerkmal von „Trap“ ist sicherlich, dass ihr ihn in einer realen Stadion-Konzerthalle gedreht habt. Gab es eigentlich einen Plan B, falls ihr doch nicht rechtzeitig einen passenden Ort zum Drehen gefunden hättet?

    M. Night Shyamalan: Als mir die Idee gekommen ist, habe ich sofort meinen Produzenten angerufen und ihm gesagt, dass er eine Arena suchen soll, in der wir drei Monate drehen können – ganz egal, wo auf der Welt. Wirklich überall, Hauptsache wir finden irgendwas. Wir haben bereits monatelang gesucht, während ich noch geschrieben habe. Und uns war klar: Wir können den Film nicht drehen, wenn wir keinen geeigneten Ort finden. Am Ende gab es gleich drei Arenen, die verfügbar waren und unsere Kriterien erfüllt haben. Eine in Ohio, eine in Australien und eine in Kanada – wir haben uns für die in Kanada entschieden.

    FILMSTARTS: Fühlt sich das überhaupt noch an, als ob man an einem einzigen Schauplatz dreht? Denn die Arena ist ja so weitläufig, es gibt viele sehr verschiedene Orte …

    M. Night Shyamalan: Es hat sich großartig angefühlt und es war einfach super, dass wir so viele Locations in diesem Gebäude hatten. Während wir an der einen Stelle eine Kamera aufgebaut haben, konnten wir spontan noch schnell etwas anderes drehen. Es gab immer etwas zu tun, denn alles war direkt dort.

    M. Night Shyamalan und FILMSTARTS-Chefredakteur Christoph Petersen beim Interview in Berlin. Webedia
    M. Night Shyamalan und FILMSTARTS-Chefredakteur Christoph Petersen beim Interview in Berlin.

    FILMSTARTS: „Trap“ ist bereits dein 16. Spielfilm. Nun teilen ja Filmkritiker*innen die Werke von Regisseur*innen gerne in Phasen ein. Wenn du zurückschaust, siehst du dann auch verschiedene Phasen – und wenn ja, wie würdest du die nennen, in der du dich gerade befindest?

    M. Night Shyamalan: Ich weiß nicht, wo genau ich aktuell stehe, aber ich weiß, dass der ganze Prozess mit „The Visit“ begonnen hat. Das war der Moment, in dem ich angefangen habe, für meine Filme selbst zu bezahlen, und das erlaubt es mir, origineller zu sein. Von „The Visit“ bis jetzt zu „Trap“ sind meine Filme voll ungewöhnlicher Entscheidungen, die dir jetzt vielleicht gar nicht so auffallen, aber die im Studiosystem ansonsten wahrscheinlich nicht möglich wären. Eine fürs breite Publikum gedachte Horror-Komödie nur mit alten Menschen und Kindern wie „The Visit“? Das gab es vorher nicht. Oder einen Film mit einem aus Mexiko emigrierten Hauptdarsteller und einer deutsch-österreichischen Hauptdarstellerin wie „Old“? Das sind in Hollywood keine normalen Entscheidungen. Aber ich kann sie treffen, denn ich bezahle dafür.

    FILMSTARTS: Davon hast du mir schon bei unserem Gespräch zu „The Visit“ erzählt – und ich schätze dich einen als einen Regisseur und Produzenten, der nicht knausrig ist mit dem Budget, der dann aber sehr wohl darauf achtet, dass es wirtschaftlich noch Sinn ergibt. Zuletzt gab es ja aber auch selbstfinanzierte Projekte wie „Megalopolis“ von Francis Ford Coppola oder „Horizon“ von Kevin Costner. Bei diesen hat man das Gefühlt, dass da eher noch eine finale Vision unbedingt herausmusste und es eher nicht darum ging, mit diesen 100-Millionen-Dollar-Produktionen nachhaltig zu wirtschaften. Was sagst du dazu?

    M. Night Shymalan: Ich kann nur für mich sprechen und ich mag es, Filme in einem limitierten Rahmen zu drehen. Ich mag es, so schnell zu drehen, wie es menschlich nur möglich ist. Ich mag es nicht, Dinge für die Tonne zu drehen – und verstehe auch nicht, wie dir das als Künstler oder Mensch helfen soll. Das ist mein Naturell. Selbst wenn das Geld von einem Studio stammt, würde ich es immer noch auf meine Art machen. Daher kam dann ja auch meine Entscheidung: Wenn ich eh gerne unter engen Rahmenbedingungen arbeite, warum soll ich die Filme dann für jemand anderen drehen und nicht einfach für mich selbst?

    Lady Raven (Saleka Shyamalan) zieht alle in ihren Bann - nur Cooper hat gerade ganz andere Probleme. Warner Bros.
    Lady Raven (Saleka Shyamalan) zieht alle in ihren Bann - nur Cooper hat gerade ganz andere Probleme.

    FILMSTARTS: Der Popstar in „Trap“ heißt Lady Raven. Im Log deiner Produktionsfirma „Blinding Edge Pictures“ gibt es auch einen Raben. Hat das Tier eine besondere Bedeutung für dich?

    M. Night Shyamalan: Das ist eine lustige Geschichte. Ich habe mal in einem Haus gelebt, dass ich Ravenwood genannt habe. Eine Vorbeugung vor „Jäger des verlorenen Schatzes“, der meine Liebe für Filme überhaupt erst entfacht hat. Ironischerweise hat Lawrence Kasdan die Figur deshalb Marion Ravenwood genannt, weil er selbst in einer Straße mit diesem Namen wohnte. Er hat sie also nach seinem Zuhause benannt – und über den Umweg der Kinoleinwand wurde es dann auch zum Namen meines Zuhauses. Und so ist der Rabe ein Teil unseres Lebens geworden, ein Symbol für etwas, vor dem sich die Leute auf der einen Seite zwar fürchten, das aber auch die Fähigkeit besitzt abzuheben und loszufliegen.

    FILMSTARTS: Lady Raven wird von deiner Tochter Saleka Shyamalan gespielt, die ja auch im realen Leben Sängerin ist. Wie involviert warst du in die Entwicklung des Konzerts, das während der Handlung von „Trap“ stattfindet – also ins Schreiben der Songs, die Chorografien, das Bühnendesign?

    M. Night Shyamalan: Das Konzert selbst habe schon überwiegend ich inszeniert. Aber die Songs stammen von Saleka. Ich hatte damit nichts zu tun, außer ab und an mal zu sagen, dass ich die Stücke liebe und zu entscheiden, wo sie am besten passen. An einigen Stellen sollten die Songs auch zu spezifischen Momenten aus der Story passen, das habe ich ihr dann als Auftrag mitgegeben.

    FILMSTARTS: Einige der intensivsten Szenen des Films drehen sich darum, wie Lady Raven bedroht wird. Wie war es als Vater, seine Tochter in solchen Momenten zu inszenieren?

    M. Night Shyamalan: Ich wusste wirklich nicht, wie sie reagieren würde. Sie ist sehr sensibel. Also bin ich davon ausgegangen, dass sie sehr offen sein wird für die Erfahrungen der Figur. Außerdem war mir klar, dass Josh voll abliefern wird. Wir haben die Kameras einfach laufen und sie den Moment erleben lassen. Für sie war die Schauspielerei am Ende etwas sehr Natürliches, und ich glaube, das ist auch gar nicht so weit weg von der Art, wie sie Songs schreibt, da imaginiert sie sich ja auch einen Charakter.

    Serienmörder Cooper (Josh Hartnett) dämmert langsam, dass er in eine gewaltige Falle getappt ist. Warner Bros.
    Serienmörder Cooper (Josh Hartnett) dämmert langsam, dass er in eine gewaltige Falle getappt ist.

    FILMSTARTS: Saleka spielt in deinem Film mit. Deine zweite Tochter Ishana ist selbst Regisseurin, und wenn ich es richtig verstanden habe, habt ihr beide gleichzeitig zu Hause an euren neuen Filmen „They See You“ und „Trap“ gearbeitet. Wie war das?

    M. Night Shyamalan: Nun ja, es war vollkommen verrückt. Das ganze Haus hat gebrummt, weil so viele Dinge zur selben Zeit geschehen sind. Das war so nicht geplant, aber am Ende kam halt einfach alles zusammen. Es war sehr spannend und eine spaßige Zeit für uns alle. Wenn die eigenen Kinder zu Partnern werden, dann ist das ein wunderschöner Moment.

    FILMSTARS: Du hast dich in deinem aktuellen Modus Operandi offensichtlich sehr gut eingerichtet. Aber gibt es irgendein Franchise da draußen, wo du doch noch mal schwach werden und einen 150-Millionen-Dollar-Studiofilm drehen würdest?

    M. Night Shyamalan: Man soll niemals nie sagen. Aber momentan erscheint mir die Vorstellung einer solchen Großproduktion einfach nicht reizvoll. Wer so viel Geld nimmt, der verpflichtet sich, nach gewissen Regeln zu spielen. Dann muss man eine Filmsprache verwenden, die bereits erprobt ist und bei der man weiß, dass sie funktioniert. Aber ich will ja gerade Dinge tun, die noch niemand probiert hat und bei denen niemand sicher weiß, ob sie funktionieren oder nicht. Das ist ein Risiko, das ich für mich eingehe. Momentan zahlt sich das aus, aber es könnte auch jederzeit der Moment kommen, wo es nicht aufgeht – und dann wäre es absolut unverantwortlich, es mit dem Geld anderer Leute zu tun.

    „Trap: No Way Out“ läuft ab dem 1. August 2024 in den deutschen Kinos.

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