Ein tragender Name aus der Filmindustrie in der Streaming-Ära trifft auf eine strahlende Marke des alten Hollywoods: Scott Stuber mag nicht berühmt sein, doch sein Einfluss war in den vergangenen Jahren überdeutlich zu spüren, schließlich war er seit 2017 als Netflix-Filmchef tätig.
Im Januar dieses Jahres verließ Stuber das rote N jedoch – und das gerade einmal ein Jahr, nachdem er vom Hauptverantwortlichen für Entwicklung, Produktion und Akquise von Spielfilmen zum Chairman von Netflix Films befördert wurde. Jetzt macht es sich Stuber zur Aufgabe, seinen ehemaligen Konkurrenten Amazon Prime Video zu stärken!
Denn im Zuge einer mehrjährigen Kooperation wird Stuber Filme für den Konzernriesen finanzieren und produzieren – nämlich unter dem wiederbelebten, traditionsreichen Banner United Artists. Die Zusammenarbeit zwischen Stuber und Amazon sieht sowohl Streaming-Exklusivtitel als auch Kino-Veröffentlichungen vor, wie der US-Branchendienst The Hollywood Reporter vermeldet.
United Artists: Einst eine der ruhmreichsten Marken Hollywoods
United Artists wurde bereits 1919 von Stummfilm-Superstar Charlie Chaplin, Erfolgsregisseur D.W. Griffith, Filmpionierin Mary Pickford und Publikumsschwarm Douglas Fairbanks gegründet. Zu den ikonischsten Titeln des Labels gehören zahlreiche Meilensteine Chaplins, der mit spektakulären Stunts auftrumpfende Western „Der General“, der Abenteuerklassiker „African Queen“, zahlreiche „James Bond“-Filme und der Marilyn-Monroe-Klassiker „Manche mögen's heiß“. Zudem war United Artists zeitweise der US-Vertriebspartner der Disney-Studios.
Stuber lässt sich angesichts seiner neuen Aufgabe zitieren (via The Hollywood Reporter): „Ich freue mich, während dieser dynamischen und wandelhaften Zeit innerhalb unserer Industrie, die Gelegenheit zu haben, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die sich der Aufgabe verschreiben, Geschichten zu erzählen, die ein globales Publikum erreichen und bei ihm Anklang finden.“
Stuber und Netflix: Streitpunkt Kino
Solche Aussagen sind in der Filmindustrie an der Tagesordnung. Trotzdem drängt sich die Frage auf, ob Stuber sich somit vielleicht einen dezenten Seitenhieb in Richtung seiner früheren Arbeitsstätte erlaubt. Denn bekanntermaßen kam es zwischen Stuber und Netflix-CEO Ted Sarandos zum Bruch, da sie bei der Veröffentlichung von Filmen unterschiedliche Prioritäten setzten.
Während es für Sarandos oberste Priorität hat, Streaming als dominante Auswertungsform zu behaupten, hat Stuber nicht nur sentimentale Gefühle für das klassische Kino – er hat auch aufgrund konkreter Daten ein Faible dafür: Marktforschungen bewiesen wiederholt, dass Filme mehr Menschen erreichen, wenn sie in gestaffelter Form verschiedene Auswertungsformen durchlaufen, statt direkt ins Streaming zu gelangen.
Das Netflix-Publikum zeigte zudem jahrelang, dass es einst im Kino aufgeführte Filme reinen Streamingtiteln vorzieht. Stuber sah in der Kinoauswertung daher eine Möglichkeit, Netflix' Gewinn zu vergrößern. Laut einem ausführlichen Exposé des Branchendiensts The Wrap ließ sich Sarandos allerdings weder von diesen Daten noch von Stubers passionierter Fürsprache von einer kinofreundlicheren Unternehmensstrategie überzeugen. Also gingen sie nach mehr als einem halben Jahrzehnt gemeinsamer Arbeit getrennte Wege.
Amazon holte sich mit Stuber übrigens nicht nur einen Kino-Befürworter ins Boot: Stuber gilt als Schlüsselfigur, die dafür sorgte, dass prestigeträchtige Filmschaffende wie Zack Snyder, Alfonso Cuarón, Spike Lee und Martin Scorsese sowie „Barbie“-Macherin Greta Gerwig zu Netflix fanden. Außerdem entstand unter Stuber der (kurzzeitig im Kino ausgewertete) beste Streamingfilm aller Zeiten – so jedenfalls das Urteil der deutschen Filmfan-Community. Mehr dazu erfahrt ihr im folgenden Artikel:
4,16 von 5 Sternen! Das ist der beste Streaming-Film aller Zeiten – laut den deutschen Zuschauern