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    Streaming-Tipp: Der beste Science-Fiction-Film aller Zeiten – ohne den auch "Star Wars" ganz anders aussehen würde!
    Benjamin Hecht
    Benjamin Hecht
    -Redakteur
    Von „2001“ über „Alien“ bis hin zu „Dune“: Kein anderes Genre fasziniert Benjamin so sehr wie die Science-Fiction.

    Selbst nach über 50 Jahren hat kein Sci-Fi-Film für unseren Autor Benjamin Hecht je die Genialität von „2001: Odyssee im Weltraum“ erreicht. Das Meisterwerk von Stanley Kubrick hat sogar „Star Wars“ inspiriert...

    Einen Text über „2001: Odyssee im Weltraum“ zu verfassen, erfüllt mich mit Ehrfurcht. Kein anderer Film hat mich jemals so sehr in Staunen versetzt, mir das Gefühl gegeben, Zeuge von etwas Übermenschlichem zu sein, das mein Verstand nicht greifen kann, das aber trotzdem jede Zelle meines Körpers in einen ekstatischen Rauschzustand versetzt. Schon beim Schreiben dieser Zeilen fühle ich mich wie der Protagonist Dave Bowman, der bei seiner Reise zum Jupiter in ein psychedelisches Kaleidoskop auf- und untergehender Sternenwelten blickt, dabei zusehends den Verstand verliert und sich schließlich zu einer höheren Stufe menschlichen Bewusstseins treiben lässt.

    „2001“ ist kühl-technologische Wissenschaftsvision und spirituell-erleuchtende Erlebnisreise zugleich. Es ist der absolute Zenit des Science-Fiction-Kinos und seit seinem Erscheinen im Jahr 1968 unerreicht – wie nicht nur ich finde, sondern auch die gesamte FILMSTARTS-Redaktion in unserem ultimativen Ranking der besten Sci-Fi-Filme festgelegt hat:

    Die besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten

    Laut einer Studie von 2018 ist „Odyssee im Weltraum“ zudem einer der fünf einflussreichsten Filme aller Zeiten, hat darüber hinaus auch George Lucas' „Star Wars“-Vision maßgeblich geprägt (dazu am Ende dieses Artikels mehr) und sogar die Karriere von David Bowie, einem der größten musikalischen Solo-Künstler des 20. Jahrhunderts gekickstartet, indem der Film die Inspiration für dessen ersten großen Hit-Song „Space Oddity“ lieferte.

    Bevor ich nun aber erkläre, was genau „2001“ zum Superlativ seines Genres macht, möchte ich euch darauf hinweisen, dass ihr das Gemeinschaftswerk von Regie-Genie Stanley Kubrick und dem legendären Sci-Fi-Autor Arthur C. Clarke jederzeit streamen könnt. Leider gibt es „Odyssee im Weltraum“ derzeit in keinem Streaming-Abo, aber die 3,99 Euro, die ihr etwa bei Amazon Prime Video als Leihgebühr zahlt, sind jeden Cent wert.

    Natürlich könnt ihr euch „2001“ auch als Blu-ray anschaffen (optimalerweise in 4K), denn dieser Film wertet einfach jede Heimkino-Sammlung auf.

    Das ist die Handlung von "2001: Odyssee im Weltraum"

    „2001“ ist in vier Akte unterteilt, die von einer übergeordneten Handlung verbunden sind, aber jeweils auch ganz eigene Unterthemen behandeln sowie größtenteils unterschiedliche Protagonisten verfolgen. Der Film beginnt vor vielen Millionen von Jahren und zeigt die primitiven Vorläufer der Menschen, die eines Tages, ausgelöst durch ein außerirdisches Objekt, genannt Monolith, lernen, Werkzeuge zu benutzen und so ihren Werdegang zur dominanten Spezies auf dem Planeten beginnen.

    Es folgt ein Zeitsprung ins Jahr 2001: Wir sehen den Wissenschaftler Dr. Heywood Floyd (William Sylvester) von der Erde zum Mond reisen und eine Entdeckung machen, die zum dritten Kapitel überleitet. Hier begeben sich Dr. David Bowman (Keir Dullea) und Dr. Frank Poole (Gary Lockwood) mitsamt dreier in Kryoschlaf befindlicher Besatzungsmitglieder und einer hoch entwickelten künstlichen Intelligenz namens HAL (Stimme im Original: Douglas Rain) gen Jupiter, um den Ursprung eines außerirdischen Radiosignals aufzuspüren. Akt vier verraten wir an dieser Stelle aber noch nicht.

    Dieses Meisterwerk wird nicht jedem gefallen

    Warnung: So sehr ich auch überzeugt bin, dass „2001“ der beste Sci-Fi-Film aller Zeiten ist, so sehr glaube ich auch, dass es Leute gibt, die mit der Art und Weise, wie Stanley Kubrick hier seine Irrfahrt durch den Kosmos erzählt, nichts anfangen können. „2001“ ist ein langsamer Film. Das zeigt sich schon in den ersten drei Minuten, in denen überhaupt kein Bild zu sehen ist, sondern einfach nur Musik läuft.

    Anschließend holt Kubrick ganz weit aus und startet die Handlung seines futuristischen Weltraumepos ausgerechnet mit primitiven Menschenaffen, die in der prähistorischen Vorzeit noch Jahrmillionen von der Besiedelung des Mondes entfernt sind. Es dauert etwa 20 Minuten, bis überhaupt das erste Wort gesprochen wird und auch danach nimmt sich „2001“ für jede einzelne Szene extrem viel Zeit, sodass der Film 2,5 Stunden dauert, obwohl die reine Handlung locker auch in unter einer Stunde hätte abgehandelt werden können.

    Warner Bros.

    In der heutigen Zeit ist „2001“ somit ein nicht ganz so leicht zugängliches Meisterwerk, sind wir doch im steten Dauerfeuer von Push-Benachrichtigungen und TikTok-Clips mittlerweile einen konstanten Dopamin-Rausch gewohnt. Dass mir trotz des langsamen Erzähltempos auch bei jeder erneuten Sichtung heute nie langweilig wird, hat aber vor allem drei Gründe, die ich gleich detailliert ausführen werde. 

    Vorher aber noch ein Rat: Nehmt euch einen Abend vor, an dem ihr nichts anderes zu tun habt. Schaltet euer Handy aus, packt es in die Schublade oder legt es in einen anderen Raum. Geht vorher auf die Toilette. Macht es euch gemütlich und schaut diesen Film ohne Unterbrechung und ohne Ablenkungen auf einem großen Bildschirm (oder Leinwand) mit gutem Soundsystem und lasst euch darauf ein, auf diese betörende und zugleich herausfordernde Reise durch den Kosmos.

    1. Visuell im Sci-Fi-Genre unerreicht

    Fangen wir mit dem Aspekt an, der mich aus heutiger Sicht am allermeisten verblüfft: „2001“ ist für mich immer noch der visuell beeindruckendste Sci-Fi-Film aller Zeiten und lässt über 50 Jahre handwerkliche und technologische Entwicklung in der Filmbranche wirken, als wäre sie ein Rückschritt gewesen. Selbst die audiovisuell atemberaubendsten Science-Fiction-Blockbuster der jüngeren Vergangenheit, wie etwa „Blade Runner 2049“, „Ad Astra“ oder „Dune“, schaffen es trotz technischer Brillanz nicht, das Wow-Erlebnis zu erzeugen, wie es Stanley Kubrick mit „2001“ kreiert hat.

    Das liegt zum einen an Szenen, bei denen ich mir einfach nicht erklären konnte, wie diese tricktechnisch überhaupt möglich sind. Wenn plötzlich Schauspieler*innen in ein und derselben Kameraeinstellung vom Boden zur Decke laufen und damit die Gesetze der Physik scheinbar völlig außer Kraft setzen, dann ist das (bei aller Liebe zu „Dune“) einfach viel beeindruckender als ein riesiger CGI-Sandwurm. 

    Jedes Bild in „2001“ ist – wie will man es vom Perfektionisten Kubrick anders erwarten? – ein optisches Erlebnis. Seien es die atemberaubenden Landschaftspanoramen des vorzeitlichen Afrikas, die mittels unglaublich realistischer und damals innovativer Frontprojektion ins Studio gebracht wurden, oder die großartigen Weltraumaufnahmen, in denen Sonne, Mond und Erde in perfekter Konjunktion hintereinanderstehen.

    Warner Bros.

    Hinzu kommt, dass einige Design-Entscheidungen im Film auch tatsächlich einen tieferen, teils auch tiefenpsychologischen Sinn haben. Nehmen wir als Beispiel die Darstellung von HAL, der als rotes „Auge“ dargestellt wird und somit einer Warnleuchte gleicht, die Gefahr symbolisiert und uns vor allem dann in unterschwellige Panik versetzt, wenn HAL in den häufigen Nahaufnahmen fast den kompletten Bildschirm füllt. Die Stimme des Computer-Assistenten ist im krassen Kontrast dazu unauffällig nüchtern, emotionslos und völlig gefasst. Dieser Widerspruch erzeugt in uns ein angespanntes Unwohlsein. Unterbewusst wissen wir, dass Gefahr in Verzug ist, doch nicht, wie sich diese letztendlich äußern wird. Das führt auch gleich zum nächsten hervorzuhebenden Aspekt.

    2. Eine spannungsreiche Atmosphäre

    Allein schon wegen der visuellen Pracht und der tricktechnischen Finesse fällt das langsame Erzähltempo schon kaum störend auf. Doch auch die dichte unbehagliche Atmosphäre des Films und die damit verbundene Spannung entwickeln einen Sog.

    Denn spätestens mit dem Finale des ersten Akts und dem Auftreten des Monolithen, das von einem verstörend-verzerrten Engelschor begleitet wird, dessen Schallwellen sich unter die Hirnrinde bohren und dort für den restlichen Film atmosphärisch nachhallen, verbaut Kubrick immer wieder kleine und große Elemente, die die Spannung aufrechterhalten. Was hat es mit den Monolithen auf sich? Warum erzählen die Russen in der Raumstation von einem angeblichen Virus-Ausbruch auf dem Mond? Können die Astronauten ihrem Bordcomputer wirklich trauen? Was erwartet Dave am Ende seiner Reise?

    Besonders der dritte Akt ist ein Meisterwerk des Spannungskinos. Nicht umsonst gilt HAL trotz geringer Screentime als einer der ikonischten Bösewichte der Filmgeschichte. Dass KIs durchdrehen, war vor „2001“ noch kein abgenutztes Sci-Fi-Klischee, sodass die Zuschauer*innen damals wohl weniger bewusst damit gerechnet haben als heute. Doch wie bereits erwähnt, versetzt Kubrick mit der Gestaltung HALs bereits unser Unterbewusstsein in Alarmbereitschaft. Spannung baut sich auf, die selbst bei banalen Routineaktivitäten anschwillt.

    Warner Bros.

    Ein Beispiel dafür ist die Szene, in der Dave das Raumschiff verlässt, um eine Reparatur an der Kommunikationsantenne auszuführen. Im Grunde ist das nur ein kurzer Handgriff, doch in „2001“ dauert die Szene satte sechs Minuten. Akustisch nur von der schweren Atmung Daves im Raumanzug begleitet (schließlich gibt es im Vakuum des Alls keine Töne zu hören), fühlt es sich an, als würden wir selbst in Daves Anzug stecken und müssten uns raus in die bedrohliche Schwerelosigkeit begeben.

    Das sorgt für eine ungemein dichte Atmosphäre und weil die Gefahr eines Unfalls oder einer Fehlfunktion HALs stets im Raum schwebt, wird die Spannung über den gesamten Zeitraum stets aufrecht erhalten. Gerade in diesen Momenten außerhalb des Raumschiffs ging mir bei meiner ersten Sichtung nach etwa zehn Jahren wirklich voll die Düse. Ich wusste nicht mehr ganz exakt, wann sich die Spannung in einem Gewaltakt entladen würde und als es dann so weit war, geschah dies virtuos und auf eine solch zynisch-trockene, fast schon schwarzhumorige Weise, dass es mir fast dem Atem raubte.

    3. Vielschichtiger Interpretationsspielraum

    Doch selbst in den Momenten von „2001“, in denen vermeintlich nicht viel passiert, sagt der Film meist sehr viel aus. Das zweite Kapitel in etwa handelt von einer Raumfahrt, die mit derselben alltäglichen Normalität abgewickelt wird wie eine reale Flugreise auf der Erde. In einer zweiten Deutungsebene zieht Kubrick aber einen subtil-verspielten Vergleich: Die Weltraumreisenden nehmen zu Brei pürierte Nahrung zu sich, tapsen mit ihren Anti-Gravitations-Socken teils unbeholfen durch die Gegend und müssen auch wieder lernen, auf die Toilette zu gehen. Abgekapselt von der Brust der Mutter Erde, sind sie nichts weiter als Kleinkinder, die sich in ihrer neuen kosmischen Umgebung zurechtfinden müssen.

    Wegen solch kleiner tiefsinnigen Andeutungen, aber auch den großen Mysterien, die der Film aufmacht, wird der vermeintliche Leerlauf ganz automatisch von den eigenen Gedanken und Interpretationen gefüllt. Dass „2001“ sich so viel Zeit lässt, ist eben genau deshalb richtig, weil man sonst gar keine Chance hätte, all das Erlebte zu verarbeiten. 

    Ich könnte noch ewig so weitermachen und aufzählen, was ich an „2001“ liebe. Es gibt einfach keinen Moment in diesem Weltraumepos, der nicht entweder die Sinne oder das Hirn stimuliert – oft sogar beides. Doch bevor ich diesen Artikel abschließe, kann ich als riesiger „Star Wars“-Fan nicht anders, als schnell noch aufzuzeigen, wie „2001“ auch George Lucas, den Schöpfer der legendären Sternensaga, beeindruckt und beeinflusst hat.

    Auch "Star Wars" wurde von  "2001" entscheidend geprägt

    In der Dokumentation „On The Shoulders Of Kubrick: The Legacy Of 2001“ bezeichnet George Lucas „2001“ als „enorm inspirierend“. Als er den Film sah, habe er sich gedacht: „Wenn [Kubrick] das machen kann, kann ich es auch“, und so kreierte er – natürlich auch inspiriert von vielen anderen popkulturellen Werken – „Star Wars“. Besonders visuell ergeben sich einige bestechende Ähnlichkeiten, wie folgende Gegenüberstellung sehr anschaulich zeigt:

    Gerade bei den Raumschiffaufnahmen im Weltraum, aber auch bei den Cockpit-Ansichten bis hin den Monitoren der Zielcomputer hat „2001“ den Look von „Star Wars“ ganz offensichtlich mitgeprägt. Für „Das Imperium schlägt zurück“ verpflichtete Lucas sogar Brian Johnson, einen der leitenden Effektkünstler von „2001“, der vor allem für die dortige Mondbasis verantwortlich war.

    "Alien" sorgte bei Vorpremiere für Massenflucht aus dem Kinosaal

    Außerdem brachte „2001“ klassische Musik wie etwa das durch den Film extrem ikonisch gewordene Stück „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss in den Weltraum, nachdem Sci-Fi-Filme wie etwa „Alarm im Weltall“ lange Zeit bevorzugt mit futuristischen Synthesizer-Sounds vertont wurden. Gut möglich, dass George Lucas auch Kubricks Beispiel folgte, als er John Williams anheuerte, um seine Space Opera orchestral untermalen zu lassen – und nur dank „2001“ die vielleicht berühmteste Filmmusik aller Zeiten entstand.

    Fazit: "2001" ist ein Muss!

    „2001: Odyssee im Weltraum“ ist ein popkultureller Monolith, der nicht nur „Star Wars“, sondern dem gesamten Sci-Fi-Genre die Richtung gewiesen hat. Dank Stanley Kubrick entwuchs das Science-Fiction-Kino seinen primitiven B-Movie-Wurzeln und widmete sich fortan verstärkt auch Fragestellungen philosophischer Natur, während sie zugleich auch technisch auf die nächste Evolutionsstufe gehoben wurde.

    Virtuos gefilmt und geschnitten, mit einem unfassbar atmosphärischen Sound-Design, einen der besten Soundtracks und einen der legendärsten Bösewichte aller Zeiten sowie einem Mindfuck-Finale, unglaublichen Schauwerten und jeder Menge intellektuellem Deutungsspielraum, ist „2001“ somit das absolute Muss für jeden anspruchsvollen Sci-Fi-Fan.

    Ob die Menschheit jemals einen Science-Fiction-Film erschaffen wird, der „2001“ als ultimativer Genre-Klassiker ablösen wird, ist ernsthaft zu bezweifeln....

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    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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