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    "House Of The Dragon" kommt auch in Staffel 2 nicht an "Game Of Thrones" ran – und "Blood & Cheese" ist der Beweis
    Julius Vietzen
    Julius Vietzen
    -Redakteur
    Seit er bei Staffel 8 mit seiner Kollegin Annemarie sechs Wochen lang in Westeros gelebt hat, gehört Julius zu den "Game Of Thrones"-Spezialisten der Redaktion. Darum stürzt er sich nun auch begeistert auf "House Of The Dragon" & Co.

    Fans erinnern sich schaudernd: Die Rote Hochzeit ist eine DER Szenen aus „Game Of Thrones“. In Staffel 2 hat nun auch „House Of The Dragon“ einen solchen Red-Wedding-Moment. Zumindest auf dem Papier, denn im Vergleich fällt „Blut & Käse“ flach...

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    Eines will ich gleich vorweg sagen: House Of The Dragon“ ist eine sehr gute Serie. Staffel 2 hat mir sogar noch deutlich besser gefallen als die erste Staffel, wie ich auch in meiner Kritik zu den ersten vier Folgen geschrieben habe. Dennoch kommt „House Of The Dragon“ auch in dieser zweiten Staffel noch nicht an „Game Of Thrones“ ran. Und die berühmt-berüchtigte „Blut & Käse“-Szene am Ende der ersten Folge von Season 2 bringt das Problem für mich auf den Punkt.

    Damit will ich nicht sagen, dass das eine schlechte Szene war, im Gegenteil. Als Thriller-Miniatur hat mich das Ende der Auftaktfolge gebannt und gefesselt, und das obwohl ich sogar schon (ungefähr) wusste, was sich hier zutragen würde. Aber so sehr Regisseur Alan Taylor (übrigens ein „Game Of Thrones“-Veteran) hier auch die Spannungsschraube anzieht und so grauenvoll der Tod des kleines Jaehaerys Targaryen auch war: Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr reift in mir der Gedanke, dass die Szene noch deutlich besser, deutlich schockierender hätte sein können, vielleicht sogar müssen.

    "Blut & Käse" ist keine Rote Hochzeit

    Natürlich drängt sich hier der Vergleich zur ikonischen Roten Hochzeit in der vorletzten Folge der dritten Staffel „Game Of Thrones“ förmlich auf, ein zweifellos ähnlich einschneidender und grauenvoller Moment. Doch eigentlich ist die Red Wedding, wie das Gemetzel im Original heißt, in fast jeder Hinsicht eine ungleich bessere Szene. Und dafür gibt es eine Reihe von Gründen.

    Der wichtigste Grund: Hier werden mit Robb Stark (Richard Madden) und Catelyn Stark (Michelle Fairley) gleich zwei Figuren brutal getötet, die dem Publikum seit der ersten Folge von Staffel 1 über fast 30 Stunden (!) Erzählzeit ans Herz gewachsen sind. Mal ganz abgesehen davon, dass Robb nach dem Tod seines Vaters Ned Stark (Sean Bean) eigentlich die logische Hauptfigur ist, wie man es aus unzähligen anderen Geschichten kennt. Auch deswegen ist sein Tod in der Episode „Der Regen von Castamaer“ so ein Schock.

    Helaena wer?

    Im Vergleich dazu sind einem Helaena Targaryen (Phia Saban) und der kleine Jaehaerys fast schon egal, so herzlos das auch klingt. Natürlich ist es immer grauenvoll, wenn Kinder und Unschuldige sterben, egal ob in Filmen und Serien oder in der echten Welt. Doch darüber hinaus haben wir als „House Of The Dragon“-Publikum zu beiden Figuren kaum eine Bindung. Allein schon deswegen, weil wir mit beiden deutlich weniger Zeit verbracht haben.

    Helaena tritt nämlich erstmals in Folge 6 (!) von Staffel 1 auf und wird dort auch nicht von Erwachsenen-Darstellerin Phia Saban gespielt, sondern von Evie Allen (in Folge 4 ist Helaena zudem bereits als Baby zu sehen). Und auch danach ist Helaena zwar dank ihrer zahlreichen Prophezeiungen eine interessante Figur, aber beim besten Willen keine Figur aus der ersten oder der zweiten, sondern eigentlich eher der dritten Reihe – ganz anders also als Robb oder selbst Catelyn.

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    Helaena Targaryen (Phia Saban) in "House Of The Dragon" Staffel 2

    Jaehaerys hingegen war sogar erst in der neunten Folge von Staffel 1 erstmals zu sehen und auch wenn er in Folge 1 von Staffel 2 vor seinem grauenvollen Tod extra noch einmal einen kurzen Auftritt bei einer Ratssitzung hat, konnte ihn ein Großteil des Publikums vermutlich trotzdem nicht richtig einordnen. Ganz ehrlich: Dafür laufen bei „House Of The Dragon“ einfach zu viel Kinder mit silberblonden Haaren im Hintergrund herum und zwar bei den Schwarzen und den Grünen.

    Die alte "House Of The Dragon"-Leier

    Ich will die Probleme, die ich mit „House Of The Dragon“ im Allgemeinen und „Blut & Käse“ im Besonderen habe, jedoch überhaupt nicht den Darsteller*innen ankreiden und auch nicht Regisseur Alan Taylor, die, wie bereits geschrieben, unter den Umständen noch das absolute Maximum aus dem herausholen, mit dem sie arbeiten müssen.

    Das Problem ist vielmehr das Konzept von „House Of The Dragon“ und die Altlast, die die Serie durch die zahlreichen, auch von mir schon zu Genüge kritisierten Zeitsprünge in Staffel 1 mit sich herumträgt.

    Weil in Season 1 damals 20 Jahre Erzählzeit in zehn Episoden gestopft wurden, hatten nicht nur die Stars wenig Zeit, in ihre Rollen hineinzuwachsen. Vor allem musste sich auch das Publikum ständig an neue Figuren und neue Darsteller*innen gewöhnen, was es fast unmöglich macht, eine Bindung zu diesen aufzubauen. Nicht umsonst sind Figuren wie König Viserys (Paddy Considine) oder Prinz Daemon (Matt Smith), die konstant von denselben Darstellern gespielt wurden, die Fanlieblinge der ersten Staffel.

    Verschenktes Potenzial

    Eine Szene wie „Blut & Käse“ am Anfang der zweiten Staffel zu haben, jetzt, wo die eigentliche Handlung endlich in Schwung kommt, nachdem die ganze erste Staffel quasi ein einziges langes Räuspern oder Luftholen war, ist also irgendwie verschenktes Potenzial.

    Das gilt sogar erst recht für eine Szene wie „Blut & Käse“: Wenn man schon den Mord an einem kleinen Jungen zeigt, sollte die Szene auch eine inhaltliche und erzählerische Bedeutung über den reinen Schockeffekt hinaus haben. Doch aus den genannten Gründen bleibt das in „House Of The Dragon“ Staffel 2 zumindest teilweise bloße Behauptung.

    Gleichzeitig sehe ich jedoch auch das Potenzial, dass sich in der zweiten Staffel vieles zum (noch) Besseren wendet. Nun da uns erstmal keine Zeitsprünge mehr erwarten und auch der Großteil des Figurenensembles etabliert wurde, können uns die Figuren endlich so wie damals bei „Game Of Thrones“ ans Herz wachsen. Ich bin also zuversichtlich, dass der Tanz der Drachen in den nächsten Folgen (und Staffeln) genau das feurige, aber vor allem euch emotional mitreißende Spektakel wird, dass die zugrundeliegende Geschichte verspricht.

    Apropos nächste Folgen: Hier ist der Trailer zu den kommenden Episoden von „House Of The Dragon“ Staffel 2:

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