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    Vergesst den erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten – heute Abend könnt ihr das viel bessere Original aus den 90ern streamen!
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Ob "Rosemaries Baby", "Halloween", "Cannibal Holocaust" oder "Scream": Pascal liebt das Horrorkino in seiner ganzen verstörenden Schönheit.

    „Es“ von 2017 ist der erfolgreichste Horrorfilm aller Zeiten. Für FILMSTARTS-Redakteur Pascal ist die erste Verfilmung des legendären Stephen-King-Romans von 1990 aber die deutlich bessere Wahl.

    Mit „ES“ ist Regisseur Andy Muschietti etwas Historisches gelungen: Mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 701 Millionen US-Dollar ist die Stephen-King-Verfilmung der erfolgreichste Horrorfilm der Kinogeschichte. Auch die internationale Kritik hatte viel Begeisterung für den Grusel-Schocker übrig. In der offiziellen FILMSTARTS-Kritik gab es für „ES“ herausragende 4,5 von 5 möglichen Sternen. Und in unserem Ranking der besten Horrorfilme aller Zeiten konnte sich der Schocker natürlich auch einen Platz sichern.

    Die besten Horrorfilme aller Zeiten

    Die viel bessere Adaption des Stephen-King-Epos ist meiner Meinung nach jedoch Tommy Lee Wallace („Halloween III – Die Nacht der Entscheidung“) im Jahre 1990 gelungen. Der TV-Zweiteiler „Es“ besitzt einfach mehr Gespür für das Innenleben seiner Charaktere und funktioniert darüber hinaus auch noch deutlich besser bzw. angsteinflößender als Horrorfilm. Falls ihr den insgesamt dreistündigen Klassiker noch nicht gesehen habt, könnt ihr ihn bei Amazon Prime Video kostenpflichtig streamen:

    Darum geht’s in "Es"

    In Derry, einer verschlafenen Kleinstadt im amerikanischen Bundesstaat Maine, treibt ein namenloses Grauen sein Unwesen. In Gestalt eines Clowns lockt es kleine Kinder zu sich und tötet diese auf grausame Art und Weise. Sieben Jugendliche schaffen es jedoch, dem unheimliche Wesen zunächst zu entkommen und es dann gemeinschaftlich in die Flucht zu schlagen. Doch der Schrecken ist damit noch nicht vorbei.

    30 Jahre später beginnen die furchtbaren Begebenheiten nämlich, sich zu wiederholen. Bill Denborough (Richard Thomas) darf nun keine Zeit verlieren, seine Jugendfreunde aufzuspüren und wieder zusammenzutrommeln. Nur gemeinsam sind sie in der Lage, das „Es“ endgültig zu töten und ihre Heimatstadt ein für alle Mal von dem unheimlichen Fluch zu befreien.

    Deswegen ist "Es" von 1990 viel besser!

    Für mich ist Andy Muschiettis „ES“ ein völliger Reinfall. Dem argentinischen Regisseur gelingt es zu keiner Zeit, der psychologischen Tiefe der Vorlage auch nur ansatzweise gerecht zu werden. In „ES: Kapitel 2“, der 2019 in die Kinos kam, hat Muschietti Stephen Kings Original meiner Meinung nach sogar vollkommen durch den Dreck gezogen. Muschietti setzt auf tumbe Jump Scares, die Pennywise (Bill Skarsgård) nicht zum Ausdruck kindlicher Ängste erheben, sondern als grimassierenden Schachtelteufel durch das Szenario hüpfen lassen. Dadurch mangelt es dem Film nicht nur an Atmosphäre, sondern auch an Substanz. Muschietti verwechselt Angst mit Erschrecken.

    In Stephen Kings Roman geht es nicht um Horror als bloßes Schlagwort, sondern um seine mannigfaltigen Bedeutungen und Ausformungen. Das Grauen ist eng an das seelische Befinden der Charaktere und ihre individuellen (Todes-)Ängste wie Traumata gebunden. Andy Muschietti ist hingegen zufrieden, wenn das Publikum im Kinosessel zusammenzuckt. Der deutliche bessere „Es“-Film ist deshalb Tommy Lee Wallace 1990 gelungen. Nicht etwa, weil er sich näher an der Vorlage bewegt, sondern weil er das Gefühl der Vorlage stimmiger einzufangen weiß.

    Wallace spekuliert nicht auf den großen Schock, sondern entfaltet ein klassisches Schauermärchen, welches immer wieder mit surrealen Horrorsequenzen vermischt wird. Wo Andy Muschietti das Kinder- und Erwachsenenleben in zwei Filme aufgeteilt hat, wechseln die Zeitebenen in der 1990er-Version – wie auch im Roman – stetig hin und her, was die emotionale Fallhöhe deutlich greifbarer gestaltet. Denn die Narben der Vergangenheit sind dadurch meiner Meinung nach viel präsenter, werden dem Publikum weitaus intensiver und dringlicher dargeboten, was auch an den darstellerischen Leistungen liegt.

    Dieser Pennywise ist eine Sensation!

    Im Gegensatz zu den durch und durch makellosen Performances von James McAvoy und Jessica Chastain in „ES: Kapitel 2“ dürfen die erwachsenen Schauspieler*innen im 1990er-„Es“ durch eine sehr ansprechende, doppelbödige Unvollkommenheit glänzen. Die Unsicherheit, der oftmals ungelenke, zuweilen leicht spleenige Eindruck, den Richard Thomas, Seth Green und Annette O'Toole vermitteln, sagt deutlich mehr über das tief verwurzelte Leid der Charaktere aus, als es McAvoy und Chastain mit ihrem verkrampften Heulen-auf-Knopfdruck je auszudrücken imstande wären. Darüber hinaus ist Tim Curry als Pennywise einfach eine Sensation und gräbt durch sein zutiefst beunruhigendes, hochgradig einnehmendes Spiel regelrecht Schächte in die Eingeweide der Zuschauer*innen.

    Aus meiner Sicht lässt sich zusammenfassend sagen: Sowohl „ES“ und „ES: Kapitel 2“ von Andy Muschietti als auch Tommy Lee Wallace' „Es“ schaffen es nicht, der Vorlage von Stephen King inhaltlich gerecht zu werden. Dafür ist der Roman zu ausschweifend, zu komplex. Im Gegensatz zu Muschiettis Neuverfilmung aber kann der ursprüngliche TV-Zweiteiler das Gefühl des Buches einfangen und funktioniert als tieftragisches Schauermärchen, das nicht auf reißerische Effekte, sondern auf eine wirkungsvolle Atmosphäre setzt. Über das seltsam Harmonie-heischende Ende sollte in diesem Fall aber besser der Mantel des Schweigens geworfen werden.

    Übrigens: Schon 2019 wurde eine Miniserie basierend auf Stephen Kings damals brandneuem Roman „Das Institut“ angekündigt. Fünf Jahre später kommt nun endlich wieder Bewegung in das Projekt. Mehr dazu hier:

    5 (!) Jahre nach Ankündigung: Neue Stephen-King-Horrorserie kommt nun wirklich – mit Netflix-Fantasy-Star

    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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