Die Schlussszene von „Killers Of The Flower Moon“ hat viele Zuschauer*innen überrascht: In den letzten Minuten wechselt der epische Gangsterfilm von seinem historischen Setting auf eine Theaterbühne, wo gerade ein Live-Podcast über die Osage-Morde im Oklahoma der 1920er Jahre aufgezeichnet wird. Ganz am Ende tritt ein älterer Mann vor das Mikrofon, um die Besucher*innen im Saal (und uns) über das weitere Schicksal der Figuren aufzuklären – und Filmfans erkennen natürlich sofort, um wen es sich handelt: Es ist niemand Geringeres als Martin Scorsese, also der Regisseur von „Killers Of The Flower Moon“ selbst, der da das Wort ans Publikum richtet.
Auch in früheren Regiearbeiten – darunter „Taxi Driver“ (1976), „Wie ein wilder Stier“ (1981) oder „Gangs Of New York“ (2002) – ist der legendäre Filmemacher schon vor die Kamera getreten, meist handelte es sich dabei aber nur um wenige Sekunden andauernde Cameo-Auftritte. Kleinstrollen übernahm der 81-Jährige außerdem in einigen Werken befreundeter Filmemacher, darunter „Akira Kurosawas Träume“ (1990) und Robert Redfords „Quiz Show“ (1994).
Um eine echte Kuriosität handelt es sich allerdings bei „Campus Code“: Der Sci-Fi-Thriller wurde unter dem Titel „Campus Life“ ursprünglich als Originalinhalt für eine Website namens JumpView entwickelt. Dort haben Zuschauer*innen die Möglichkeit, während des Schauens eines Films nach Belieben zwischen den Perspektiven zu wechseln, sodass sie ein und dieselbe Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten können. Später wurde das gesammelte Material von „Campus Life“ zu einem konventionellen Film umgeschnitten, der in immerhin drei Ländern (Großbritannien, Deutschland und Schweiz) direkt auf DVD veröffentlicht wurde, aber so gut wie keine Aufmerksamkeit erhielt.
Im Film geht es um seltsame Ereignisse, die sich auf einem Campus-Gelände abspielen. So beobachtet College-Studentin Becca etwa, wie ihr Mitschüler Ari einen Sturz aus enormer Höhe ohne einen Kratzer überlebt. Gemeinsam mit ihren Kommiliton*innen Arun und Izzy gehen sie dem Geheimnis auf den Grund, dessen Ursprung möglicherweise nicht von dieser Welt ist...
„Campus Code“ ist ein ziemlich konfuser, billig produzierter Film mit amateurhaften Spezialeffekten, der allerdings genau deshalb blendend unterhält – und mit einem Twist aufwartet, den man erlebt haben muss, um ihn zu glauben. Und es gibt noch einen Grund, sich den Film anzusehen: Neben einer Riege eher unbekannter Jungdarsteller*innen ist in einer Szene tatsächlich Martin Scorsese als Arzt zu sehen – und auch der 2022 verstorbene Ray Liotta, der neben Robert De Niro das Ensemble von Scorseses Mafia-Meisterwerk „GoodFellas“ (1990) anführte, ist in einer kleineren Nebenrolle mit von der Partie!
Hier seht ihr ein Bild von Martin Scorseses Auftritt:
Deshalb waren Martin Scorsese und Ray Liotta in "Campus Code" zu sehen
Der Grund dafür, dass ein eher randständiger Film wie „Campus Code“ derart prominente Unterstützung erhalten hat: Neben Kenneth M. Waddell, einem der Gründer von JumpView, übernahm Cathy Scorsese die Regie – die älteste Tochter von Martin Scorsese, die es sich nicht nehmen ließ, dafür ihre Kontakte spielen zu lassen.
Geholfen hat das nicht allzu viel: Bis heute hat kaum jemand von der Existenz des Films Notiz genommen, und auch die experimentelle Video-Plattform JumpView konnte sich nicht durchsetzen. Zudem verklagten sich Cathy Scorsese und die beiden JumpView-Gründer nach der Veröffentlichung des Films gegenseitig wegen Vertragsbruch und Verleumdung, wobei beide Klagen abgewiesen wurden.
*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.