Martin Scorsese ist einer der wichtigsten Filmemacher der Geschichte. Das bewies der New Yorker gerade erst wieder mit dem brillanten „Killers Of The Flower Moon“, der Mitte Oktober 2023 weltweit sehr erfolgreich startete und noch immer in diversen deutschen Kinos zu sehen ist. Und das, obwohl er bereits seit Anfang Dezember als kostenpflichtiges Video-on-Demand zu haben ist.
Bei seinem neuesten Werk arbeitete Scorsese einmal mehr mit den beiden Schauspielern zusammen, die im Laufe seiner langen Karriere die meisten Hauptrollen für ihn übernahmen: Robert De Niro und Leonardo DiCaprio. Für den „Taxi Driver“- und „GoodFellas“-Veteran war es bereits die elfte Kollaboration mit dem Regisseur, für den „The Wolf Of Wall Street“- und „Departed“-Star immerhin schon die siebte.
Das sind zweifellos stattliche Zahlen. Doch eine Person kann darüber nur milde lächeln, denn sie steht seit Scorseses ersten abendfüllenden Spielfilm an der Seite des Meisters. Mit ihrem enormen Können hat sie ihm stets geholfen, seine Vision authentisch auf die Leinwand zu bringen. Die Rede ist von Martin Scorseses angestammter Chef-Cutterin, der dreifachen Oscar-Gewinnerin („Wie ein wilder Stier“, „Aviator“, „Departed“) Thelma Schoonmaker.
Scorsese & Schoonmaker – eine lebenslange Partnerschaft
Schoonmaker kam 1940 als Tochter eines für eine Ölförderungsfirma arbeitenden US-Amerikaners in Algerien zur Welt. Sie und Scorsese lernten sich 1963 an der New York University kennen. Beide hatten sich dort für einen mehrwöchigen Filmschnitt-Kurs eingeschrieben. Der angehende Regisseur hatte dabei Probleme mit dem Cut seines frühen Kurzfilms „What's A Nice Girl Like You Doing In A Place Like This?“, und ihr gemeinsamer Professor bat Schoonmaker, ihm zu helfen.
Umgehend erkannte Scorsese das Talent seiner Kommilitonin, und da sie nicht nur künstlerisch, sondern auch menschlich auf einer Wellenlänge lagen, freundeten die zwei sich schnell an. Vier Jahre später fungierte Schoonmaker dann als Chef-Editorin bei seinem ersten Langfilm „Wer klopft denn da an meine Tür?“. Seitdem arbeitet das Gespann ununterbrochen miteinander.
Das ist Hollywoods bestbezahlter unbekannter Job: Quentin Tarantino und eine "Star Wars"-Legende hatten ihnSchoonmakers größter Beitrag zum Werk von Scorsese ist, dass es ihr gelingt, seinen Filmen einen stetigen Fluss und jeweils besonderen Rhythmus zu verleihen. Bei oft um drei Stunden Laufzeit ist es alles andere als ein Kinderspiel, das perfekte Pacing zu finden. Und doch gelingt es dem Duo regelmäßig, das Publikum selbst über eine solch enorme Dauer zu fesseln, sodass es – wie zuletzt wieder bei „Killers Of The Flower Moon“ zu beobachten – keiner Pause bedarf, damit die Zuschauer*innen sich erholen können. Im Gegenteil, die Spannung wird konstant aufrechterhalten und ein Break würde den Genuss nur stören. Wer würde bei einer dermaßen packend erzählten Story eine Auszeit wollen?
Bemerkenswert ist, dass Schoonmaker, die zwischendurch zudem einige wenige Filme anderer Regisseur*innen wie Allison Anders, Isabel Coixet oder Tomas Alfredson schnitt, auch bei Dokumentationen brilliert. Sie braucht also kein dramatisches Skript, das ihr anzeigt, wann und wo Akzente zu setzen oder Kürzungen angebracht sind. Ein gutes Beispiel dafür ist „Meine italienische Reise“, die ein ebenso fesselndes Seherlebnis bietet wie Thriller à la „Shutter Island“ oder „Kap der Angst“.
Mit 81 beziehungsweise 83 Jahren befinden sich Scorsese und Schoonmaker ganz offensichtlich unverändert auf der Höhe ihres Könnens. Hoffen wir, dass die zwei uns noch ein paar weitere große Kinomomente bescheren werden. Selbst wenn irgendwann damit Schluss sein wird, dürfte ihr gemeinsam erstelltes Œuvre für sehr, sehr lange Zeit (vielleicht sogar für immer?) unerreichbar bleiben.
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