Steve McQueen ist bekannt für eindringliche Filme wie „Shame“, „Widows - Tödliche Witwen“ sowie natürlich für sein mit drei Oscars ausgezeichnetes Sklaven-Drama „12 Years A Slave“. Seit 2018 inszenierte der Londoner allerdings bloß Episoden der Miniserien „Small Axe“ und „Uprising“ sowie den Kurzfilm „Grenfell“ – einen Spielfilm bekamen wir von ihm allerdings schon länger nicht zu sehen. Umso größere Wellen schlägt er dafür nun mit seinem jüngsten Projekt: „Occupied City“.
Das Dokumentationsepos feierte im vergangenen Mai bei den Filmfestspielen in Cannes seine Weltpremiere, wo auch wir uns von dem Mammutprojekt überzeugen konnten. Mit einer Laufzeit von über vier Stunden sprengt „Occupied City“ den Rahmen eines üblichen Kinobesuchs – denn McQueen nimmt sich die nötige Zeit, die der Stoff ihm zufolge schlicht benötigt.
„Ich denke, mit eineinhalb Stunden würde man ihm keinen Gefallen tun“, so der Regisseur kürzlich auf dem London Film Festival. Was für manche allerdings überraschend kommt: Er hat seine Dokumentation nicht etwa auf vier Stunden gestreckt – sondern eher noch stark limitiert, damit diese nicht noch viel, viel länger wird. Das Potenzial habe sie jedenfalls gehabt, so McQueen.
"Occupied City": 262 Minuten statt 40 Stunden
Klar, mit einer Laufzeit von sage und schreibe 262 Minuten richtet sich „Occupied City“ nicht an das klassische Kinopublikum, sondern eher an Cinephile mit einer Vorliebe für außergewöhnliche, die vermeintlichen Grenzen des Kinos sprengende Filme – sowie natürlich an alle, die der Aufarbeitung der Nazi-Besatzung Amsterdams in den 1940er-Jahren Interesse entgegenbringen. Denn genau davon, basierend auf dem Sachbuch „Atlas Of An Occupied City“ von Historikerin und Filmemacherin Bianca Stigter, handelt Steve McQueens neuestes Werk. Tatsächlich hätte „Occupied“ aber noch wesentlich umfangreicher ausfallen können.
„Tatsächlich hätte der Film auch 24 Stunden lang sein können, hätte 40 Stunden lang sein können“, so McQueen im Zuge des London Film Festival (via Yahoo!). Er habe letztlich aber schlicht sein Bestes versucht, um diese wichtige, bereits 85 Jahre alte Geschichte nachvollziehbar auf Film zu bannen. Mit vier Stunden scheint er am Ende noch ein gewisses Mittelmaß gefunden zu haben.
Wann wir „Occupied City“ in Deutschland zu sehen bekommen, ist noch nicht bekannt. Während der Film in Nordamerika von Indie-Erfolgsschmiede A24 in die Kinos gebracht wird, sicherte sich New Regency die internationalen Vertriebsrechte – um ihn wahlweise im Kino oder womöglich auch direkt im Streaming zu veröffentlichen.
Eine Doku monumentalen Ausmaßes
FILMSTARTS-Chefredakteur Christoph Petersen vergibt in unserer Kritik zu „Occupied City“ übrigens starke 4 von 5 möglichen Sternen – lässt dabei allerdings nicht unerwähnt, dass die Dokumentation nicht nur aufgrund ihrer XXL-Laufzeit, „sondern auch wegen ihres streng-experimentellen Ansatzes einiges an Sitzfleisch von ihrem Publikum abverlangt.“
Wer sich darauf einlässt, wird allerdings mit einer „konzeptionell brillanten Monumental-Doku“ belohnt, die aufwühlt – und vor allem mit seinen Gegenüberstellungen von Vergangenheit und Gegenwart, von Kriegszeiten und Corona-bedingten Pandemie-Zeiten, zu faszinieren weiß.
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