Bevor das gefloppte Katastrophenfilm-Remake „Poseidon“ (2006) seine Hollywood-Karriere jäh beendete, drehte Wolfgang Petersen einen Hit nach dem nächsten. Er ließ es Harrison Ford als US-Präsident mit einer Gruppe von Terroristen aufnehmen („Air Force One“), schickte Brad Pitt in den Kampf um „Troja“ (2004) – und konfrontierte George Clooney und Mark Wahlberg mit einem orkanartigen Sturm auf hoher See.
„Der Sturm“ erhielt im Jahr 2000 durchwachsene Kritiken, konnte bei einem geschätzten Budget von 120 Millionen Dollar aber mehr als 328 Millionen an den Kinokassen einspielen. Auf eine Sache konnten sich (fast) alle einigen: Die visuellen Effekte sind ziemlich beeindruckend, und die extreme Gefahr, in der die Protagonisten schweben, wirkt äußerst real.
George Clooney spielt in „Der Sturm“ den Kapitän und Fischer Billy „Skip“ Tyne, der die schlechte Fangsaison überwinden will, in dem er sein Boot zum fischreichen Cape Flemish steuert. Zwar kommen er und seine Crew heil am Zielort an – doch als sie wieder nach Hause wollen, werden sie von den Mächten der Natur überrascht. Die Hauptfigur hat es tatsächlich gegeben und der Film basiert auf wahren Begebenheiten. Doch dass die Macher des Films es mit der Realität ansonsten nicht allzu genau nahmen, wurde ihnen fast zum Verhängnis...
Verdrehte Fakten in "Der Sturm"?
Kurz nach der Veröffentlichung des Films reichten die beiden Töchter und die Ehefrau des echten Kapitäns Tyne eine Klage gegen Warner ein. Der Grund: Petersen und die Produzenten des Films hätten sich viel zu weit von der Wirklichkeit entfernt. Jodi Tyne kritisierte, dass die Drehbuchautoren bestimmte Fakten aus dem Leben ihres Mannes verändert und verdreht hätten, um den Film kommerziell attraktiver zu machen.
So sei „Skip“ anders als in „Der Sturm“ dargestellt kein Raufbold gewesen, und niemals hätte er das Leben einer ganzen Mannschaft riskiert, um eine Ladung von Fischen zu transportieren. Im Film ignoriert der von Clooney gespielte Protagonist sämtliche Warnungen – was die dramaturgische Fallhöhe natürlich massiv vergrößert.
Jodi Tyne berief sich auf ein in Florida gültiges Gesetz, das Menschen vor Falschdarstellungen aus kommerziellen Beweggründen schützen soll – und forderte eine finanzielle Entschädigung. Und nicht nur das: Auch weitere Familien (die allerdings ungenannt bleiben wollten) meldeten sich zu Wort – und reichten ebenfalls Klage ein, weil ihre Namen ohne Erlaubnis für den Film verwendet worden seien.
Das Studio stützte seine Verteidigung auf den ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der die Redefreiheit betrifft. Der Film enthalte – obwohl er offiziell auf dem Leben von Kapitän Tyne basiert – genug fiktionale Anteile, um durch die US-Verfassung geschützt zu sein.
Im Mai 2002 entschied der Supreme Court Of Florida (der oberste Gerichtshof des Bundesstaates) mit 6:2 Stimmen zugunsten des Studios, doch weitere Klagen zogen den Prozess in die Länge, und die Familie Tyne legte Berufung beim U.S. Court Of Appeals For The 11th Circuit ein – der nicht entscheiden konnte, wie das spezielle Gesetz in Florida tatsächlich auszulegen ist.
Erst 2014 – und damit 14 Jahre nach dem Erscheinen des Films! – fällte der Florida Supreme Court die letztgültige Entscheidung, die den Beschluss von 2002 bestätigte: Die mangelnde Wirklichkeitsnähe von „Der Sturm“ ist also offiziell durch die Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt.
Auf mehr als 22 Millionen Euro verklagt: Einem der größten Science-Fiction-Kulthits der 1990er wurde vorgeworfen, eine Kopie zu seinDieser Artikel ist in ähnlicher Form bei unserer spanischen Schwesternseite Sensacine erschienen.
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