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    "Sound Of Freedom": Der Film selbst verbreitet keine Verschwörungstheorien – aber ein Teil des Publikums offenbar schon!
    Christoph Petersen
    Christoph Petersen
    -Chefredakteur
    Hat im letzten Jahr mehr als 900 Filme gesehen - und jede Minute davon genossen, selbst wenn der Film gerade nicht so gut war.

    Das Action-Drama „Sound Of Freedom“ versetzt mit seinen alle Erwartungen übertreffenden Einspiel-Ergebnissen gerade ganz Hollywood in Aufruhr – aber der überraschende Erfolg treibt auch einige bizarre Blüten…

    Im Action-Drama „Sound Of Freedom“ verkörpert der „Die Passion Christie“-Star Jim Caviezel den Ex-Heimatschutz-Agenten Timothy Ballard, der im Oktober 2013 eine nicht-profitorientierte Organisation mit dem Namen Operation Underground Railroad gegründet hat, um sich gegen illegalen Menschenhandel einzusetzen (und zwar durch die aktivistische Aufklärung etwa von Politiker*innen, aber auch durch die tatsächliche Befreiungen von Opfern).

    Der reale Timothy Ballard und seine Organisation sind dabei nicht frei von Kontroversen – so soll er seine Beteiligung an verschiedenen Einsätzen ausgeschmückt haben, auch ist das konkrete Vorgehen der Organisation alles andere als unumstritten. Aber dem Film selbst, der erst einige Jahre im Giftschrank von Disney lag, bevor er nun doch noch durch einen (auf ein christliches Publikum spezialisierten) Independent-Verleih in die Kinos gebracht wurde, scheint das nicht geschadet zu haben:

    Auf der Kritik-Aggregatorenseite RottenTomatoes hat „Sound Of Freedom“ nicht nur eine positive Publikumswertung von aktuell 100 Prozent (bei mehr als 5.000 Wertungen) – auch die Kritiker*innen, die speziell auf ein christliches Publikum ausgerichtete Filme in der Regel harsch abstrafen (und zwar meist zu Recht), haben „Sound Of Freedom“ zu 79 Prozent positive Zeugnisse ausgestellt (zwar gibt es bislang nur 28 Rezensionen vor allem von kleineren Blogs, aber u.a. fand auch der Variety-Chefkritiker Owen Gleiberman den Film ziemlich gelungen)!

    Überall Verschwörung!?

    Warum ist „Sound Of Freedom“ dann aber so umstritten? Das liegt wohl weniger am Film selbst, der vor der Übernahme durch Disney immerhin vom traditionsreichen Hollywood-Studio 20th Century Fox produziert wurde, als vielmehr an der aktuellen (Grass-Roots-)Marketing-Kampagne zum Kinostart (die dem Film ein alle Erwartungen übertreffendes Einspielergebnis eingebracht hat, selbst wenn zum Start vielleicht hier und da ein wenig getrickst wurde).

    Denn wenn man jetzt Hauptdarsteller Jim Caviezel oder auch Mel Gibson (der mit dem Film selbst eigentlich nichts zu tun hat) in YouTube-Videos davon sprechen hört, dass der illegale Menschenhandel unser dringlichstes Problem sei und endlich mal angesprochen / angegangen werden müsste, dann ist der Sprung hin zu Qanon und Pizzagate jedenfalls nicht mehr weit – zumal gerade Caviezel in Podcasts (wie etwa dem von Steve Bannon) sogar davon spricht, dass er persönlich wisse, dass der Handel mit Adrenochrom von gefolterten Kindern ein Milliarden-Geschäft sei (der Kern der Qanon-Erzählung). Trotzdem sollte man nicht allen Beteiligten verschwörungstheoretische Tendenzen unterstellen.

    Die Geburtsstunde einer neuen Verschwörungstheorie

    Andersherum ist es aber sicher fair zu sagen, dass sich Verschwörungstheorien generell zugeneigte Personen von „Sound Of Freedom“ und der darum gesponnenen Grass-Roots-Erzählung ebenfalls (und vielleicht sogar ganz besonders) angesprochen fühlen. Darauf deuten jedenfalls auch einige eher bizarr anmutende Erfahrungsberichte von Kinobesucher*innen auf Facebook, Twitter & Co. hin.

    Denn in den Sozialen Netzwerken hat sich in den vergangenen Tagen direkt eine neue Verschwörungserzählung entwickelt: Nachdem dort Nutzer*innen gepostet hatten, dass in ihrer Vorstellung von „Sound Of Freedom“ etwa die Klimaanlage ausgefallen oder der Sound zu leise eingestellt gewesen sei, kam sofort der „Verdacht“ auf, dass die große Kinokette AMC aktiv versuchen würde, den Erfolg des Films zu behindern. Man konnte quasi live die Geburtsstunde einer neuen Verschwörungserzählung mitverfolgen.

    Ist die Kinokette AMC böse?

    Nun ist es allerdings so, dass es ein unabhängig vertriebener Film wie „Sound Of Freedom“ normalerweise extrem schwer hat, in supervielen Kinos gleichzeitig zu starten – aber am Ende war es ja gerade AMC, das für den Film in die Bresche gesprungen ist, ihn in so ziemlich allen seinen US-Kinos gezeigt und so maßgeblich zum Erfolg des Films beigetragen hat. Selbst die Verleih-Verantwortlichen nahmen AMC sofort aktiv in Schutz vor den Gerüchten.

    Und ganz ehrlich: Ausgefallene Klimaanlagen? Leiser Sound? Der falsche Saal auf dem Ticket? Das kennt doch wohl jeder Kinogänger und jede Kinogängerin – erst recht in den USA, wo die durchschnittliche Kinosaalqualität gerade in älteren, schon heruntergewirtschafteten Multiplexen noch mal eine andere ist als hier in Deutschland.

    Auf Twitter meldet sich der Chef persönlich

    Und trotzdem sah sich am Ende sogar AMC-Chef Adam Aron persönlich dazu genötigt, sich zu den Gaga-Vorwürfen auf Twitter zu äußern:

    Der Kommentar vom Kinoketten-CEO auf Deutsch übersetzt: „Auf Twitter schweben einige wirklich bizarre Theorien herum, dass wir den Besuch von ‚Sound Of Freedom‘ unterdrücken würden. Wir haben den Film gestern mehr als 3.000 Mal in 570 unserer US-Kinos gezeigt. Mehr als 100.000 Menschen haben ihn sich angeschaut.“

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