„Elemental“ ist im Kern vor allem eine Liebesgeschichte – zwischen der Tochter einer Einwandererfamilie, die sich aus dem Nichts einen Gemischtwarenladen aufgebaut hat, und dem Sohn einer wohlhabenden Familie, die in ihrem Penthouse über moderne Kunst diskutiert. Aber ihre soziale Herkunft ist nicht der größte Unterschied zwischen den beiden: Der 27. Pixar-Langfilm spielt in Elemental City, wo Wesen aus Feuer, Wasser, Erde und Luft weitestgehend friedlich miteinander leben – und Ember ist ein Feuermädchen, das sich ausgerechnet in Wasserjungen Wade verguckt…
Aber die elementaren Protagonist*innen sind nicht nur die Steilvorlage für schier endlose kreative Einfälle bei der Gestaltung der Mega-Metropole Elemental City, sie haben auch die Animations-Expert*innen von Pixar vor eine bislang unbekannte Herausforderung gestellt – und genau über die spricht FILMSTARTS-Chefredakteur Christoph Petersen im „Elemental“-Interview mit Regisseur Peter Sohn („Arlo & Spot“) und Produzentin Denise Ream („Cars 2“):
FILMSTARTS: Bitte rankt die vier Elemente nach dem Anspruch, sie zu animieren – vom leichtesten bis zum herausforderndsten.
Denise Ream: Mein Ranking lautet: Erde, Luft, Feuer, Wasser. Gerade Wasser hat sich im Verlauf der Arbeiten als überraschend schwierig herausgestellt.
Peter Sohn (lacht): Das ist richtig, sehe ich genauso.
FILMSTARTS: Für mich ist das Feuer das faszinierendste Element im Film. Denn wenn man nur kurz hinschaut, dann sieht es aus wie aus einem Kinderbuch – erst mit der Zeit wird einem klar, wie komplex die Animation wirklich ist. Könnt ihr ein wenig erzählen, wie ihr bei diesem Look gelandet seid?
Peter Sohn: Ich freue mich wirklich, das zu hören. Der Prozess war echt mühsam. Als wir das erste Mal unseren Feuer-Effekt angeschaltet haben, sah Ember aus wie der Balrog aus „Der Herr der Ringe“. Sie wirkte dämonisch – und das ging natürlich gar nicht. Wir wollten ein Gesicht, das man sich gerne lange ansieht – aber wenn es dann zu abstrakt wurde, hatte man schnell nicht mehr das Gefühl, dass sie tatsächlich Dinge in Brand setzen kann. Da galt es, die richtige Balance zu finden – und das brauchte völlig neue Technologien!
FILMSTARTS: Habt ihr die technischen Herausforderungen alle gelöst, bevor ihr mit der Story und allem anderen so richtig eingestiegen seid? Oder seid ihr das Risiko eingegangen, dass ihr irgendwann mitten in der Produktion feststellt, dass das mit den Animationen einfach nicht richtig hinhaut?
Peter Sohn: Letzteres!
Denise Ream: Wir mussten während der Produktion wirklich eine Menge Dinge jonglieren, um am Ende alles hinzubekommen…
Warum sind Pixar-Filme so teuer?
FILMSTARTS: Pixar-Filme wie „Elemental“ kosten ca. 200 Millionen Dollar. Das ist deutlich mehr als viele Filme der Konkurrenz. Wenn ich im Kino sitze, dann sehe ich den Animationen zwar an, dass sie teuer gewesen sein müssen – aber als Nicht-Animations-Experte kann ich nicht genau erklären, wo Pixar das zusätzliche Geld investiert, während andere vielleicht auch mal den einen oder anderen Abstrich in Kauf nehmen…
Denise Ream: „Elemental“ ist anders als andere Pixar-Filme – denn aufgrund der Protagonisten ist praktisch jede Einstellung eine Effekt-Einstellung. Das sorgt für ein extra Level an Komplexität und braucht auch einfach mehr Leute. Wir waren sieben Jahre in Produktion – und das liegt an den technischen Herausforderungen des Projekts. Es hat mehr Zeit gebraucht. Hoffentlich können wir die Leute damit begeistern, denn wir wollten etwas wirklich Einzigartiges abliefern.
Peter Sohn: Es gab noch keine Produktions-Pipeline dafür, wir mussten sie also erst einmal komplett neu aufbauen. Bei Pixar ist vieles auf Plastik-Spielzeuge oder metallene Autos ausgelegt – aber in „Elemental“ gibt es fast keine flachen Oberflächen, stattdessen ist vieles wie das Wasser oder das Feuer auch ein Stück weit transparent – und so eine neue Produktions-Pipeline kostet eben auch eine Menge Geld.
FILMSTARTS: Mich haben die ersten Minuten von „Elemental“ im besten Sinne an die Eröffnung von „Oben“ erinnert – auch hier braucht es nur wenige Szenen, um ein komplettes gelebtes Leben zu erzählen. Diesmal wird jedoch nicht die Geschichte von Rentner Carl und seiner inzwischen verstorbenen Ellie, sondern von Embers einst als Migrant*innen nach Elemental City gekommenen Eltern wiedergegeben. Würdet ihr „Oben“ auch als Vorbild bezeichnen? Und wie schwer war es, genau die richtigen paar Szenen für diese Collage auszuwählen, um dieser komplexen Erfahrung auch in so kurzer Zeit tatsächlich gerecht zu werden?
Peter Sohn: Ich liebe „Oben“, ich habe an dem Film gearbeitet. Aber kann ich sagen, dass es ein direktes Vorbild war? Ich weiß nicht. In erster Linie ging es darum, die Erfahrung meiner Eltern – und auch die Erfahrung der Eltern vieler Crewmitglieder – zu ehren. Meine Eltern sind eine zentrale Inspiration – und ich werde jedes Mal ganz emotional, wenn ich daran denke, wie schwer es damals für sie gewesen sein muss, den langen Weg zu reisen und hier in dieses Land zu kommen.
FILMSTARTS: Ich habe keine Kritik zu „Elemental“ gelesen, in der es nicht mindestens ein Wortspiel mit dem Titel des Films gab. (Auch in der FILMSTARTS-Kritik gibt es eins gleich im ersten Satz.) Habt ihr einen Favoriten – oder könnt ihr es nach sieben Jahren Arbeit an diesem Film langsam nicht mehr hören…
Peter Sohn: Mein Lieblings-Wortspiel? Ich liebe sie – wenn ihr gute habt, dann gerne her damit, dafür bin ich immer offen…
„Elemental“ läuft ab dem 22. Juni 2023 exklusiv in den deutschen Kinos – und hier findet ihr das Kinoprogramm für „Elemental“.
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