Chan-wook Park („Lady Vengeance“, „Stoker“) ist ein absoluter Meister seines Fachs. Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde er im vergangenen Jahr als Bester Regisseur ausgezeichnet – und zwar für sein Film-noir „Die Frau im Nebel“, das wir ebenfalls wieder ganz hervorragend fanden und dem wir in der offiziellen Kritik deshalb auch saustarke 4,5 Sterne verpasst haben.
Inzwischen ist „Die Frau im Nebl“ sogar auf dem besten Weg zu einer Oscarnominierung als Bester internationaler Film - und auch in Deutschland kommt der Film endlich in die Kinos, nämlich bereits am 2. Februar 2023:
Sechs Jahre vor „Die Frau im Nebel“ feierte auch Chan-wook Parks bis dahin letzter Kinofilm im Wettbewerb von Cannes seine Weltpremiere. Der auf dem britischen Roman „Solange du lügst“ basierende Erotik-Thriller „Die Taschendiebin“ spielt im von Japan besetzten Korea der 1930er Jahre:
Die junge Taschendiebin Sookee (Kim Tae-Ri) will gemeinsam mit dem Heiratsschwindler The Count (Ha Jung-Woo) die reiche japanische Erbin Hideko (Kim Min-Hee) um ihr Vermögen bringen. Dazu zieht sie als Dienerin auf das abgelegene Anwesen, wo Hideko mit ihrem rare Bücher sammelnden Onkel (Cho Jin-Woong) lebt. Zunächst läuft auch alles nach Plan. Aber dann entwickelt Sookee plötzlich erotische Gefühle für ihre Herrin…
„Die Taschendiebin“ läuft am heutigen 21. Januar 2023 ab 22.30 Uhr auf Servus TV
Alternativ kann man sich den Film auch als Langfassung (!) auf Amazon als Blu-ray bestellen. Dort gibt es auch die Romanvorlage der Waliser Autorin Sarah Waters:
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+++ Meinung +++
Im Gegensatz zu vielen Filmen des Regisseurs ist „Die Taschendiebin“ durchaus umstritten – und auch ich selbst war damals nach der Premiere in Cannes, wo ich ihn das bisher einzige Mal gesehen habe, eher gemischter Gefühle. Trotzdem würde ich ihn mit einigem Abstand nun gerne noch mal sehen, um die Meinung von damals überprüfen zu können.
Gelobt habe ich jedenfalls schon damals den alles überragenden, erlesenen Look: Schon an Hidekos erhabenem Anwesen, das zur Hälfte nach japanischem und zur Hälfte nach britischem Stil erbaut und eingerichtet ist (inklusive eines Bücherkellers mit einer Kobra, Fallgittern und sonstigen *gewissen* Extras), kann man sich trotz der stolzen Lauflänge von 163 Minuten einfach nicht sattsehen!
Ebenfalls begeistert hat mich die Chemie zwischen Kim Tae-Ri und Kim Min-Hee: Die Protagonistinnen sind eines der glaubhaftesten lesbischen Leinwandpaare seit „Blau ist eine warme Farbe“. Nicht sonderlich überrascht haben mich hingegen die Wendungen, die ich doch eher vorhersehbar fand.
Das größte Problem ist aber ausgerechnet die Erotik (und dabei weniger die lesbischen Sexszenen als vielmehr die SM-Sequenzen im Keller). Die sind nämlich längst nicht so provokant, wie Chan-wook Park es vielleicht selbst glaubt, sondern kratzen stattdessen schon fast an der Grenze zur biederen Altherrenphantasie…
Vergesst "365 Days 3" auf Netflix: Dieser Erotik-Thriller zeigt, wie's richtig geht!Dies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels. *Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.