Umberto Lenzi ist einer DER Namen, mit denen man das auch heute noch berühmt-berüchtigte Kannibalen-Kino der frühen 1980er-Jahre verbindet. Die italienische Exploitation-Größe machte sich nämlich nicht nur einen Namen mit sogenannten Poliziotteschi-Abenteuern, sondern vor allem mit schonungslos expliziten Horrorfilmen, die bei den Freigabebehörden rund um den Globus regelmäßig für Sorgenfalten auf der Stirn sorgten. 1980/1981 bescherte er Genre-Freunden so gleich zwei knallharte Reißer, die bis heute nichts von ihrer schockierenden Wirkung verloren haben. Umso überraschender ist es, dass einer von ihnen nun als rehabilitiert gilt:
Der international als „Eaten Alive“ bekannte „Lebendig gefressen“ ist nicht mehr beschlagnahmt und wurde obendrein sogar vom Index genommen – nach satten 40 Jahren! Der Kannibalen-Film war jahrzehntelang also nicht nur indiziert, sondern wurde einst sogar als gewaltverherrlichend eingestuft und dementsprechend bundesweit beschlagnahmt. Dass der Film nun grünes Licht erhält, dürfte für viele aus dem Nichts kommen. Im Gegensatz zu vielen anderen einst indizierten Filmen, die in den vergangenen Jahren freigegeben wurden (von „Blade“ bis „Dawn Of The Dead“), ist „Lebendig gefressen“ nämlich selbst gemessen an den heutigen Sehgewohnheiten richtig, richtig harte Kost.
Der (mit riesigem Abstand) brutalste Film des Jahres läuft in den deutschen Kinos mit einem speziellen Warnhinweis – das steckt dahinterNur um kurz zu veranschaulichen, wie hart es hier zur Sache geht und wie schwer es „Lebendig gefressen“ etwa in Deutschland hatte: Der knapp eineinhalbstündige Film wurde hierzulande in den frühen 80ern in einer auf nur 35 Minuten (!!) heruntergekürzten Version veröffentlicht! Im Laufe der Zeit folgten zahlreiche weitere geschnittene Veröffentlichungen. Für die FSK-18-Freigabe auf DVD musste ebenfalls die Schere angesetzt werden – und immer noch satte zwölf Minuten entfernt werden. Für all jene, die damals schon die oft schwierige und über die deutschen Grenzen hinausgehende Jagd nach Uncut-Filmkost mitmachten, dürften die heutigen News geradezu surreal wirken. Denn:
„Lebendig gefressen“ erscheint 2023 komplett ungekürzt in überarbeiteter Bild- und Tonqualität offiziell fürs Heimkino. Das bestätigte nun Verleiher Nameless via Facebook. Nachdem die deutschsprachige Uncut-Fassung in Österreich bereits in zahlreichen Sammlereditionen erschienen ist, soll die Nameless-Edition unter anderem mit neu überarbeiteter Bild- und Tonqualität daherkommen. Nähere Details dürften dann in den nächsten Monaten folgen.
"Widerwärtig" und "sadistisch": Das ist "Lebendig gefressen"
In „Lebendig gefressen“ kommt es zu einer Reihe geheimnisvoller Todesfälle. Der Täter kann zwar geschnappt werden, stirbt allerdings, bevor man den wahren Hintergründen seines Treibens auf den Grund gehen kann – bis die Behörden schließlich Videoaufnahmen finden, auf denen schreckliche Riten einer sinistren Sekte zu sehen sind. Und eine Frau, die nach wie vor vermisst wird: Sheila (Janet Agren).
Der Abenteurer Mark Butler (Robert Kerman) soll der Sache nachgehen und macht sich gemeinsam mit Sheilas Schwester Diana (Paola Senatore) auf eine Expedition, die sie in den Dschungel Neu-Guineas führt – nicht ahnend, dass sie dort menschenfressende Eingeborene erwarten, die hungrig durch den Urwald streifen…
Die verstörendsten Filme aller ZeitenWer den Film noch nicht kennt, sollte sich über eines im Klaren sein: „Lebendig gefressen“ überschreitet auf sehr fragwürdige Weise Grenzen und wird deswegen oft als widerwärtig, abartig und sadistisch beschrieben. Denn nicht nur vermengt Regisseur Umberto Lenzi Genre-typisch üppiges Blutvergießen mit einer Extraportion Freizügigkeit – er verbindet beides auch auf ganz besonders schwer verdauliche Art und Weise.
Von einer durch Mark und Bein gehenden Vergewaltigungsszene bis hin zu Bildern echter (!) Tiertötungen (wobei nur eine davon für „Lebendig gefressen“ gedreht wurde und die weiteren aus anderen Kannibalen-Filmen stammen) ist hier wirklich alles dabei. Und vor allem Letzteres ist zutiefst verwerflich, da es real vollzogen wurde, und hat mit Kino einfach mal gar nichts mehr zu tun.